Witten. .

Das Johannisviertel ist ein Quartier mit Herz. Darauf verweist schon die Skulptur auf der Verkehrsinsel an der Ecke Bonhoeffer-/Johannisstraße. Sie stellt nämlich ein großes rotes Herz dar, über dem ein Pfeil in Richtung des Viertels zeigt.

Die Skulptur stammt von der Künstlerin Almut Rybarsch, deren Vater Paul einige Meter weiter ein Fachgeschäft für Hörgeräte betreibt. Und zwar in einem stilvoll restaurierten, ehemaligen Kotten von 1800, der auf die Ursprünglichkeit dieses Viertels hindeutet. Das hat seinen Namen von der Johanniskirche am Kornmarkt. An gleicher Stelle stand bereits im neunten oder zehnten Jahrhundert ein Kirchbau, vermutlich eine kleine Kapelle.

Eines der etabliertesten Geschäfte des Viertels ist die medizinische Fußpflege Hoeper, die sich bereits seit 1957 in der Johannisstraße 12 befindet. „Hier mag ich besonders, dass man mitten in der Stadt ist und doch etwas ruhiger liegt. Und mit dem Lutherpark ist auch eine Grünzone schnell erreichbar“, beschreibt Karl-Dieter Hoeper (60) die Vorzüge des Quartiers.

Geschäftsleute wie er und Paul Rybarsch (74) waren vor rund 15 Jahren in einer Interessengemeinschaft darum bemüht, das Viertel noch ansehnlicher zu gestalten. „Wir haben beispielsweise 30 Blumenkübel längs der Johannisstraße aufgestellt“, erzählt Hoeper. Eine innerstädtische Oase ist übrigens auch der kleine Garten hinter dem Rybarsch-Kotten. Und ganze Schüler-Generationen haben es sich im Café Annette an der Ecke Oberstraße gut gehen lassen, das längst ebenso verschwunden ist wie das Modehaus Detaille an der Ecke Johannis-/Ruhrstraße. Und mit Wehmut werden sich viele Wittener auch noch an das Musikgeschäft Born und Eisenwaren Schwabe in diesem Viertel erinnern. Das ist seit einiger Zeit schwer im Umbruch. Davon künden neuere Geschäfte wie ein Nagelstudio, ein Telefonshop oder eine Trinkhalle. Und Anfang des Jahres hat Valeriy Magometa den vorher jugoslawischen Obst- und Gemüsehandel an der Ecke Oberstraße übernommen. „Den habe ich Raduga genannt, weil das auf Russisch Regenbogen bedeutet und es fröhlich klingt“, erzählt der 31-Jährige aus Kasachstan.

Einen neuen Namen wird auch die früher als „Schindelhütte“ bekannte Gastronomie erhalten: „Wir eröffnen hier voraussichtlich Anfang August eine spanische Tapas-Bar. Sie wird rassig ,La Morena’, die Dunkelhäutige heißen“, erzählt José Antonio Castellano (46). der gerade alle Hände voll zu tun hat, die in die Jahre gekommenen Räumlichkeiten zu sanieren. Überrascht ist man von der Größe des Hinterhofs, in dem außerdem ein Biergarten mit 40 Sitzplätzen entstehen soll.

Inhaber von „La Morena“ sind Castellano und seine Frau Stephanie, die bereits die urige Kneipe „Old House“ oberhalb des Kornmarkts betreibt. „Durch die zahlreichen Gastronomien ist das Viertel auch abends immer gut belebt“, meint die 42-Jährige. Daran haben auch die Gaststätte „Alte Zeit“ und die Cocktail-Bar „Merengue“ mit ihrer Außenterrasse an der Lutherstraße erheblichen Anteil.

Allerdings findet Stephanie Castellano auch kritische Worte: „Seit die Busse vom Kornmarkt weggezogen sind, hat sich die Situation dort verschlechtert. Dort werden Drogen gehandelt und manche Leute sitzen auf den Mauern und lassen einfach ihre Essensreste oder Flaschen runterfallen. Und wenn sie ihre Radiorekorder aufdrehen heißt es, die Gastronomen seien zu laut.“

Auch Paul Rybarsch sieht die Entwicklung im Viertel mit gemischten Gefühlen: „Früher herrschte hier mehr Zusammenhalt. Das hat auch das Vertrauen der Kunden gestärkt.“