Witten. Seit kurzem betreibt die Feuerwehr Witten eine eigene Feuerwehrschule. 24 Anwärter lernen dort löschen, bergen, schützen – vor allem aber: Sport.

Seit kurzem sausen zwei Feuerwehrautos durch Witten, die nicht zum Löschen oder Retten im Einsatz sind – sondern für die Aus- und Fortbildung. Es sind die Wagen der „Feuerwehrschule“, die die Wittener Wache nun betreibt. An der Dortmunder Straße werden seit 1. April zwölf Wittener und zwölf Anwärter aus den Nachbarstädten zu Brandmeistern ausgebildet.

Sarah Kleinert (26) und Nathalie Orlikowski (29) schnaufen schwer unter ihren Atemschutzmasken. In voller Montur müssen sie sich durch einen Übungsparcours winden. Das ist Teil ihrer Ausbildung, ebenso wie Leitern steigen, Türschloss knacken oder Wärmegewöhnungsübungen. Natürlich erinnert nicht jeder Tag an einen Ausflug ins Abenteuercamp. Die „Wirkungsweise der Löschtechniken“ etwa muss man ganz theoretisch am Schreibtisch büffeln.

Die meisten Frauen scheitern am Schleppen der Puppe

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Das ist „verdammt anstrengend, aber geil“, sagt Sarah. Und meint die ersten Monate ihrer Ausbildung. Zwei junge Frauen sind unter den zwölf Wittener Anwärtern, ein gängiger Schnitt. Inzwischen bewerben sich relativ häufig Frauen für den Dienst bei der Feuerwehr. „Aber die meistern scheitern an der Puppe“, weiß Sarah. In der Aufnahmeprüfung musste sie eine 75 Kilo schwere Menschenattrappe in 60 Sekunden über eine Strecke von 66 Metern ziehen. Sie hat’s geschafft, „ich hab eine gute Muskulatur“, sagt die gelernte Fahrzeuglackiererin stolz.

Chefs und Azubis (v.l.): Mario Rosenkranz (Branddirektor und Leiter der Feuerwehr), Olaf Schott, Nils Kriegeskorte, Niklas Pollok und Andreas Altergott sowie Ausbildungsleiter Ralf Schröder.
Chefs und Azubis (v.l.): Mario Rosenkranz (Branddirektor und Leiter der Feuerwehr), Olaf Schott, Nils Kriegeskorte, Niklas Pollok und Andreas Altergott sowie Ausbildungsleiter Ralf Schröder. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Bis heute ist es Voraussetzung, dass man sich nur mit abgeschlossener Berufsausbildung als Feuerwehrmann oder -frau bewerben kann. Das hat viele Vorteile, meint Ausbilder Ralf Schröder. Zum einen seien die Bewerber dadurch volljährig, hätten einen Führerschein. Zum anderen profitiert die Wehr von den verschiedenen Vorkenntnissen ihrer Mitglieder. Der eine ist gelernter Bäcker, der andere Dachdecker, der dritte hat ein BWL-Studium. „Wir sind da relativ unkonventionell“, meint Ausbildungsleiter Schröder.

Generationenwechsel auf der Wache

Der Weg zur Feuerwehr führt nicht immer über den Klein-Jungen-Traum vom roten Löschauto. Eher scheint es der Wunsch nach Abwechslung. „Ich wollte nicht jeden Tag dasselbe machen“, sagt der gelernte Industriemechaniker Andreas Altergott (24). Nils Kriegerkorte (24) mag den Schichtdienst: „Jeden Tag um 7.30 Uhr zu arbeiten, brauch’ ich nicht. So habe ich 24 Stunden Dienst und danach frei.“ Olaf Schott hat sich nach Ausbildung (Verfahrensmechaniker) und abgeschlossenem Studium für die Schicht am Schlauch beworben. „Das ist spannend. Und ich bin gern körperlich aktiv“, sagt er.

Drei Schulen auf der Wache

Die Feuerwehr in Witten hat drei eigene Schulen: eine eigene Fahrschule, seit 2017 die Rettungssanitäterschule und, ganz neu, die Feuerwehrschule.

Den Lehrberuf des Rettungsassistenten gibt es nicht mehr. Stattdessen wird nun zum „Notfallsanitäter“ ausgebildet. Die ersten beiden Kandidaten starten ihre Ausbildung in Witten Anfang 2022.

24 Feuerwehrleute werden zurzeit an der Wache in Witten ausgebildet, so viel wie nie zuvor. Eine Notwendigkeit, denn der Generationenwechsel an der Dortmunder Straße ist in vollem Gang. Zwischen 2020 und 2030 gehen 60 von 100 Wittener Berufsfeuerwehrleuten in den Ruhestand. 2025 sogar 15 zeitgleich.

Junge Leute sind weniger fit

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Dank der eigenen Schule kann Witten damit bedarfsgerecht für den eigenen Nachwuchs sorgen. Und die Qualität steigern, betont Branddirektor Mario Rosenkranz. Denn die technischen Anforderungen im Arbeitsalltag wachsen und können so – etwa an den beiden eigenen Ausbildungsfahrzeugen – schneller und besser geschult werden. Das gilt übrigens für die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr wie Festangestellte.

200 junge Leute haben sich bei der letzten Auswahlrunde um die zwölf Plätze beworben. Allerdings: „Die körperliche Leistungsfähigkeit der Bewerber hat in den letzten Jahren abgenommen“, sagt Feuerwehrchef Mario Rosenkranz. Darum sei man bei der Auswahl etwas milder geworden. „Wenn einer bei einer Disziplin seine Zeit knapp verfehlt, wird er trotzdem genommen“, so Rosenkranz. „Zumindest wenn wir das Gefühl haben, mit mehr Training könnte man das Defizit wieder ausgleichen.“