Witten. Die Hälfte der Wittener Feuerwehrleute geht bald in Pension. Nun werden die Hürden für Bewerber gesenkt und eine eigene Ausbildung angeboten.

Auf die Berufsfeuerwehr kommen Personalprobleme zu. In den nächsten zehn Jahren gehen 56 Hauptamtliche in Ruhestand, das ist über die Hälfte der Belegschaft. Besonders fällt die Verrentung 2025 ins Gewicht. Dann verabschiedet sich die komplette Führungsebene, 14 Gruppen- oder Löschzugführer. Gleichzeitig sei der Stellenmarkt leergefegt, so Feuerwehrchef Mario Rosenkranz. Wie kann man diesen fachlichen Aderlass auffangen?

Ideen dazu hat Rosenkranz der Politik nun im Ausschuss vorgestellt, der auch für die Feuerwehr zuständig ist. „Die Leute, die gehen, haben eine Erfahrung und Qualifikation, die man über Jahre lernen muss“, sagt der Chef. Ende der 1980er, Anfang der 1990er Jahre hatte die Feuerwehr ihr Personal erheblich aufgestockt. Es wurde über vier Jahre intensiv eingestellt und ausgebildet. Die Männer seien alle Jahrgang 1964, ‘65 und ‘66, so Rosenkranz, selbst Baujahr 1967.

Kämmerer: Vier neue Stellen werden demnächst ausgeschrieben

Durch die Besetzung neuer Stellen hat die Feuerwehr zwar kurzzeitig einen Personalüberhang. Sie kann die neuen Kräfte so aber bis zum Start der Pensionierungswelle für Führungsaufgaben qualifizieren. Zudem setzt die Feuerwehr auf eine verstärkte Ausbildung junger Menschen. Dazu werden Abstriche beim Bewerberverfahren gemacht und eine eigene Ausbildung wie ein Lehrberuf angeboten. „Wir wollen Leute aus Witten gewinnen. Denn so ist die Chance größer, dass sie nach ihrer Ausbildung auch bei uns in Witten bleiben“, sagt Rosenkranz.

Aktuell sei es immer schwieriger, geeignete Nachwuchskräfte zu finden, sagt der Leiter der Berufsfeuerwehr. Warum? „Da kommen mehrere Punkte zusammen: Der demografische Wandel, mangelnde körperliche Leistungsfähigkeit und sinkendes Interesse.“

Eigener dreijähriger Ausbildungsgang zum Notfallsanitäter

Ein Vorschlag, mehr junge Kräfte in Ausbildung zu bekommen, ist eine Veränderung der Sporttests beim Einstellungsverfahren. „Wenn ein Bewerber eine Disziplin nicht schafft, aber ansonsten das Auswahlverfahren besteht, würden wir ihn künftig trotzdem nehmen“, sagt Mario Rosenkranz. Einen fehlenden Rettungsschwimmerschein oder Mängel bei einer Koordinationsübung könne man im Laufe der Grundausbildung ausgleichen.

Probleme wegen Überstunden

Bereits vor einigen Jahren gab es Personalprobleme bei der Wittener Feuerwehr. 2013 ging es um unzählige Überstunden. 85 Retter wollten Nachzahlungen für die Jahre 2002 bis 2005 einklagen – und beriefen sich auf EU-Recht. Die Ansprüche galten aber als verjährt, die Stadt musste nicht zahlen.

Zudem hatten sich in den letzten Jahren zig Überstunden angehäuft. Die Beamten konnten sie nicht abnehmen, weil Personal fehlte. Durch Neueinstellungen sei das Gros der Überstunden inzwischen abgebaut, so Kämmerer Matthias Kleinschmidt.

Zudem will die Feuerwehr demnächst eine eigene Ausbildung wie eine Lehre anbieten, um junge Erwachsene direkt nach der Schule an sich zu binden. Bislang konnte man sich als Brandbekämpfer nur nach Abschluss einer Berufsausbildung bewerben. Aber wer einmal Kfz-Mechaniker oder Schlosser gelernt hat, bleibt vielleicht in seinem erlernten Beruf. Künftig will Witten deshalb eine dreijährige Ausbildung zum Notfallsanitäter anbieten, nach deren Abschluss man sich zum Feuerwehrmann oder -frau weiterqualifizieren kann.

Könne man den Beruf denn nicht für andere Zielgruppen öffnen, etwa für Frauen, kommt die Nachfrage aus dem Ausschuss. Schwierig, so Rosenkranz. Vier Feuerwehrfrauen beschäftige die Wittener Wehr zurzeit, das seien deutlich mehr als im Landesschnitt. Geworben werde viel, aber es hätte in all den Jahren lediglich sieben weibliche Bewerberinnen gegeben. Rosenkranz: „Die Feuerwehr ist offenbar für Frauen nicht so attraktiv wie zum Beispiel die Polizei.“