Witten. Die Grundschule in Witten-Herbede soll ab Sommer 2022 nur noch mit einer Eingangsklasse starten. Eltern befürchten: Das geht zu Lasten der Kinder.

Wird die Herbeder Grundschule einzügig? Im neuen Schulentwicklungsplan für Witten ist vorgesehen, dass in dem großen Gebäude an der Wilhelmstraße künftig nur noch eine erste Klasse pro Jahr startet. In Herbede regt sich Widerstand. Unter einer verkleinerten Schule würden die Kinder und auch das Dorfleben leiden.

In Herbede und den Hölzern werden die Karten neu gemischt. Um die 100 Kinder kommen jedes Jahr ins Einschulungsalter. Bislang verteilten sie sich auf zwei Klassen in Herbede, je eine in Buchholz und eine in Vormholz. Allerdings: Weil am grünen Stadtrand in jüngster Zeit Neubaugebiete entstanden sind, knapsen Buchholz und Vormholz an ihrer Kapazitätsgrenze. 30 Kinder in einer Klasse sind dort die Regel.

Schuldezernent aus Witten erwartet eine „stabile Einzügigkeit“

Im neuen Schulentwicklungsplan, der zum Schuljahr 2022/23 startet, soll die Zügigkeit, also die Zahl der Eingangsklassen, deshalb geändert werden: Vormholz geht auf zwei Züge und erweitert sich im heutigen Nebengebäude der Hardenstein-Gesamtschule. Buchholz bleibt und Herbede wird einzügig.

„Die seit Jahren rückläufige Nachfrage an der Herbeder Grundschule lässt eine stabile Einzügigkeit erwarten“, hatte Schuldezernent Frank Schweppe im letzten Schulausschuss Mitte April erklärt. Und: „Die an der Schule freiwerdenden Räume könnten dann für eine bessere Versorgung mit OGS-Plätzen genutzt werden.“ Über eine Verwaltungsvorlage, die die Zügigkeiten in Herbede neu regelt, soll der Ausschuss demnächst abstimmen.

Wenig Hoffnung auf mehr Eingangsklassen macht Schulausschussvorsitzender Arnold Evertz (Grüne) den Eltern, die sich dies wünschen. „Bei 100 Kindern können wir nicht fünf Eingangsklassen für Herbede einplanen. Dazu bräuchte man einen zusätzlichen Satz Lehrpersonal und wir sollen mit unseren Ressourcen haushalten. Das wird die Schulaufsicht des EN-Kreises niemals genehmigen“, so Evertz.

Wittenerin: „Entscheidung mit dem Taschenrechner gedacht“

Die Grundschule Herbede an der Wilhelmstraße in Witten soll ab Sommer 2022 nur noch eine erste Klasse aufnehmen.
Die Grundschule Herbede an der Wilhelmstraße in Witten soll ab Sommer 2022 nur noch eine erste Klasse aufnehmen. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

„Bei dieser Entscheidung wird nur mit dem Taschenrechner gedacht“, sagt dagegen Bettina Kranefeld, deren Tochter die Herbeder Grundschule besucht. „Es wird doch immer gesagt, dass Kinder und deren Bildung so wichtig sind. Warum ist man dann nicht bereit, dafür etwas mehr auszugeben? Schließlich sind die Kinder unsere Zukunft.“

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Im Kollegium der Herbeder Grundschule hätte man „nie gedacht, dass diese Pläne so schnell spruchreif werden“. Die beiden Lehrerinnen Antje Kruza und Katrin Mielke finden, eine Stadt wie Witten sollte sich sowohl eine zweizügige Vormholzer als auch eine zweizügige Herbeder Schule gönnen.

Zum einen werden in Herbede auch die Kinder aus zwei Wohngruppen des Trägers „Flow“ beschult. „Diese Kinder brauchen eine intensive Betreuung und Förderung“, sagt Katrin Mielke. „Das kann man in einer Klasse mit 30 Kindern nicht leisten.“

Durchholzer Kinder sind der Herbeder Schule zuzuordnen

Zum anderen könne man mit einer einfachen Möglichkeit mehr Schüler beschulen – indem Herbede die Durchholzer und Kämpener Kinder aufnimmt, so Kruza und Mielke. Noch werden diese Buchholz zugeordnet. Es gibt auch einen Schulbus, der Kinder aus Durchholz und Kämpen an die Buchholzer Straße fährt. Und das, obwohl die Grundschule Buchholz überquillt und Kinder abweisen muss. Würden die Durchholzer Kinder in Herbede beschult, würde das Buchholz entlasten und Herbede die Zweizügigkeit sichern, sagen die Lehrerinnen.

„Wir haben tatsächlich oft den Fall, dass Eltern ihre Kinder gern in Herbede anmelden würden, es aber nicht tun, weil der Schulbus Herbede nicht ansteuert“, sagen die Lehrerinnen. Auch einen OGS-Platz kann Herbede in diesen Fällen nicht garantieren, weil der Anspruch nur für die wohnortnächste Schule besteht.

Viel Lob für pädagogische Arbeit

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Gleich mehrere Eltern haben sich zuletzt auf dem Schulhof in Herbede versammelt. Sie betonen, wie gut der Schulbetrieb dort läuft, gerade weil Herbede den Luxus kleiner Klassen mit nur 20 Kindern biete. Viel Lob gibt es für die gute pädagogische Zusammenarbeit zwischen Eltern und Lehrerinnen. „Das blanke Gucken nach den Zahlen greift zu kurz“, sagt Vater Sven Möller. „Die Kinder können in kleineren Klassen ihre Leistung erheblich verbessern.“

Bommern wächst am meisten

98 Kinder werden im Raum Herbede/Hölzer im August eingeschult. Erstmals starten in Vormholz zwei erste Klassen mit 37 Kindern. 32 Erstklässler verteilen sich auf zwei Klassen der Grundschule Herbede. Die einzügige Buchholzer Grundschule hatte 35 Anmeldungen, darf aber nur 29 Kinder aufnehmen.

Insgesamt starten im Sommer 828 Kinder an den städtischen Grundschulen in Witten (hinzu kommen die beiden Waldorfschulen). Die Zahl der Erstklässler ist damit im Vergleich zum vorherigen Schuljahr mit 763 i-Dötzchen deutlich gestiegen. Besonders wächst Bommern. Deswegen startet die Brenschenschule mit 99 Erstklässlern in vier Klassen.

Vor allem befürchten sie, dass der Wegfall der Zweizügigkeit auch Auswirkungen auf das Dorfleben hätte. Noch wird der Schulstandort unterstützt und finanziert. Etwa die Stadtteilbücherei im Schulgebäude, eine Frühbetreuung vor der Schule und eine Nachmittagsbetreuung, die durch die Anbindung des Kindertreffs bis 18 Uhr möglich ist. Oder das Beispiel Jekits: Die Herbeder Grundschule stellt ein eigenes Kinderorchester auf die Beine. Bei weniger Musikern würde auch das bald verstummen.