Witten. Die Corona-Situation in Indien ist dramatisch. Helfen will die Firma GT Gastech aus Witten. Sie liefert Sauerstoff ins Katastrophengebiet.
Sauerstoff aus Witten soll Indien in der verheerenden Corona-Situation helfen: Die Firma GT Gastech aus dem Salinger Feld möchte kurzfristig 4500 Flaschen für das Krisengebiet liefern. Die Vereinbarung mit einem Unternehmen, das in Indien eine Sauerstoff-Anlage errichten will, soll noch in dieser Woche unterzeichnet werden. Die Eile tut Not: „Die Lage dort ist unvorstellbar katastrophal“, sagt Geschäftsführer Danny Ludwig. Der Bedarf an Sauerstoff sei immens. „Wenn ich könnte, würde ich die Ware selbst mit dem Auto hinbringen.“
4500 Flaschen: Für Indien nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Für die Firma Gastech, die medizinischen Sauerstoff in ihrem Werk in Annen herstellt und abfüllt, aber rund 90 Prozent ihres Warenbestandes. Ein gutes Geschäft? Nein, versichert Ludwig, an der großen Not wolle man nicht verdienen. „Wir machen das beinahe zum Selbstkostenpreis, sind mit unseren Margen deutlich runter gegangen.“ Durch die Anlage, deren Aufbau auch gesponsert werde, könne der Sauerstoff dann vor Ort produziert werden. Was fehlt, seien Flaschen und Zubehör – etwa Druckregler, Ventile, Konzentratoren. „Das ist, als säßen durstige Kinder um einen Brunnen und könnten nicht trinken“, erklärt der 35-Jährige, den die Bilder aus Indien, die gerade über den Bildschirm flimmern, sichtbar mitnehmen.
Wittener Geschäftsführer sieht Bedarf in Deutschland sinken
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Aber wird die Ware mitten in der dritten Welle nicht auch hier benötigt? „Nein, wir in Deutschland sind jetzt durch mit dem Thema“, davon ist der Gastech-Geschäftsführer angesichts sinkender Infektions-Zahlen überzeugt. „Deutschland ist da gut durchgekommen.“ Schließlich hätte keines der geplanten Behelfskrankenhäuser errichtet werden müssen. Aber auch darauf sei seine Firma vorbereitet gewesen. „Wir standen mit den Krisenstäben in Nachbarstädten in Kontakt, hätten eine 24-Stunden-Versorgung sicher stellen können.“
Doch auch, wenn sich die Lage nun langsam entspannt, haben die Wittener immer noch mehr als genug zu tun: „Wir laufen seit gut einem Jahr am Limit“, sagt Ludwig. Die 30 Mitarbeiter arbeiten in zwei Schichten, damit die Produktion auch bei Krankheitsfällen sicher gestellt ist. Zu Beginn der Pandemie sei der Warenbestand nach drei Tagen komplett ausverkauft gewesen. „Zum Vergleich: Normalerweise vertreiben wir 2000 Druckminderer pro Jahr, da waren es 5000 in zwei Wochen.“
Auch Kohlensäure-Bedarf ist enorm gestiegen
Und nicht nur beim Sauerstoff gingen die Verkaufszahlen hoch: „Auch der Bedarf an Kohlensäure ist in der Pandemie extrem gestiegen“, so Vertriebsleiter Jörg Remmel. Im Homeoffice hätten die Menschen offenbar deutlich mehr Wasser selbst aufgesprudelt. „Derzeit liefern wir bis zu 1000 Gas-Kartuschen pro Tag an den Einzelhandel.“
Auch Herbeder helfen in Indien
Insgesamt fünf Firmen, die medizinischen Sauerstoff vertreiben, gibt es im EN-Kreis. Drei davon haben ihren Sitz in Witten. Neben der GT Gastech sind das die Firmen GPG Gase Partner in Herbede und Oxy M Sauerstofftechnologie im Hammertal.Auch die Herbeder GPG beteiligt sich an der Hilfe für Indien: Sie liefert für ein Hilfsprojekt 500 Flaschen mit je 50 Litern Sauerstoff und zudem 600 Konzentratoren. Der Flieger mit den Hilfsgütern startet am nächsten Donnerstag.
Den beiden Gastech-Männern ist aber klar: Der Boom ihrer Branche ist eine Momentaufnahme. „Das wird nicht so weitergehen“, so Ludwig. Dennoch hoffe er, dass die Firma auch nach Corona weiter wachsen wird – dann mit Themen, für die in der Pandemie keine Zeit übrig war. „Wir wollen uns mit dem Aufbau eines Vertriebsnetzes für technische Gase ein weiteres Standbein schaffen.“ Auch das Marketing für eine eigene Neuentwicklung soll bald starten: „Wir haben eine kleine Sauerstoff-Flasche für zu Hause entworfen“, sagt der Geschäftsführer. Die Notfall-Versorgung für den heimischen Medizinschrank beinhalte Gas für eine halbe Stunde. „Das reicht, bis der Krankenwagen da ist.“
Firma plant eine Erweiterung von Produktions- und Büroräumen
Am Platz werden all diese Pläne jedenfalls nicht scheitern: Die Firma Gastech plant eine Erweiterung. Produktionsfläche und Büros sollen vergrößert werden – die Halle von 1100 auf 1600 Quadratmeter. „Als wir im letzten Sommer zum jetzigen Standort umgezogen sind, hatten wir Bauchschmerzen, weil er so groß schien“, erinnert sich Danny Ludwig. Inzwischen ist klar: Der Platz reicht nicht aus.