Witten. Höchste Zeit, der Mörtel war schon pulverisiert. Am Südostturm der Ruine Hardenstein in Witten laufen Restaurierungsarbeiten. Was dort passiert.

Vogelgezwitscher, ein Specht hämmert auf einen Waldbaum ein und auch Menschen hört man klopfen, lachen, rufen. Dann sieht man sie, die Burgruine Hardenstein. Der über 16 Meter hohe Südostturm und die dort ansetzenden Grundmauern der Hauptburg sind eingerüstet. In luftiger Höhe arbeiten Männer. Die Burgruine, eines der touristischen Highlights Wittens, wird restauriert. Von Experten, die sich auf die Erhaltung von Burgen, Schlössern und Kirchen spezialisiert haben.

Klaus Wüstefeld, Chef der Essener Firma Baufeld, ist am Montag nach Witten gekommen, um sich über den Stand der Arbeiten zu informieren. Wie notwendig diese sind, zeigte sich, als die Restaurierung begann. „Als der Zement entfernt war, sah man, dass der Mörtel in den Fugen bereits pulverisiert war“, sagt Hans Dieter Radke, der Vorsitzende des Vereins der Burgfreunde Hardenstein, der sich um den Erhalt und die Pflege der Burgruine kümmert. In einigen Bereichen - wie Kaminen und Fenstergewänden - sind tiefe Setzrisse im Ruhrsandstein erkennbar.

Fugen an der Burgruine in Witten sind zum Teil 15 Zentimeter tief

Handarbeit: In luftiger Höhe reinigt ein Mitarbeiter der Firma Baufeld mit einer Bürste das Mauerwerk des Südostturms, das Risse aufweist und neu verfugt werden muss.
Handarbeit: In luftiger Höhe reinigt ein Mitarbeiter der Firma Baufeld mit einer Bürste das Mauerwerk des Südostturms, das Risse aufweist und neu verfugt werden muss. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Injektionen mit speziellem Kalkmörtel sollen helfen, die großen Schäden zu beheben. Die zu füllenden Fugen seien zum Teil 15 Zentimeter tief, erklärt Bauingenieur Klaus Wüstefeld. „Wir mischen den Trockenmörtel mit Wasser und das wird dann mittels Druckluft in die Fugen gespritzt.“ Lose Steine werden wieder ins Mauerwerk eingesetzt. Sind Steine nicht mehr zu gebrauchen, werden welche „eingebaut“, die von der Burgruine stammen und zum Beispiel bei der Freilegung der Kellerräume des Denkmals gefunden wurden. Vor allem im oberen Mauerkronenbereich des Mauerwerks sind viele Steine nicht mehr im Verband. Für Klaus Wüstefeld und seine Leute eine Routinearbeit.

Der Essener Fünf-Mann-Betrieb hat sich deutschlandweit einen Namen gemacht. Seit schon 15 Jahren ist die Firma mit Restaurierungsarbeiten am Essener Dom beschäftigt. In Mülheim hat das Unternehmen das Mauerwerk von Schloss Broich saniert, nach der Wende die historische Anlage Schloss Oberpöllnitz bei Jena in Thüringen gesichert, um deren weiteren Verfall zu stoppen.

Eingerüstet und mit einem Bauzaun gesichert: der Südostturm der Burgruine Hardenstein. Die ganze Anlage ist derzeit mit einem Bauzaun gesichert. Betreten verboten!
Eingerüstet und mit einem Bauzaun gesichert: der Südostturm der Burgruine Hardenstein. Die ganze Anlage ist derzeit mit einem Bauzaun gesichert. Betreten verboten! © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Dass die Restaurierungsarbeiten an der Burgruine Hardenstein beginnen konnten, dafür hat der Blankensteiner Architekt Peter Kremer gesorgt. Er reichte schon 2018 den Förderantrag beim Düsseldorfer Heimatministerium ein. Der 85-Jährige ist selbst Mitglied des Vereins der Burgfreunde Hardenstein und führt Tagebuch über die jetzigen Bauarbeiten.

Wenn alles glatt läuft, könnten die Arbeiten im Juni abgeschlossen sein

Das NRW-Heimatministerium hatte für die Restaurierung der Burg 190.000 Euro an Fördermitteln zugesagt. Hans Dieter Radke von den Burgfreunden schätzt die Gesamtkosten jedoch auf rund 260.000 Euro. Das Ministerium habe bereits eine Aufstockung der Mittel zugesagt. Wenn alles glatt laufe, könnten die Arbeiten wohl im Juni abgeschlossen werden, sagt Architekt Peter Kremer.

Burgfreunde unterhalten auch ein Museum mit Archiv

Die Burg Hardenstein wurde um 1350 von den Herren von Hardenberg gegründet und als Wasserburg erbaut. Durch häufigen Besitzerwechsel und Geldmangels wurden die Bauschäden im 18 Jahrhundert an der Hauptburg immer größer. 1927 fanden Restaurierungsmaßnahmen an der Hauptburg statt. Anlässlich der 1100 Jahrfeier der Stadt Herbede wurden 1953/54 erneut Restaurierungsarbeiten an der Burgruine vorgenommen.

Der 1974 von Hans Dieter Radke gegründete Verein Burgfreunde Hardenstein, der heute 95 Mitglieder zählt, kümmert sich darum, dass das Denkmal erhalten und gepflegt wird. In der Herbeder Grundschule unterhält er ein Archiv und Museum. Dieses zeigt rund 600 archäologische Funde, die von der Burgruine stammen. Seinen Arbeitseinsatz an der Ruine hat der Verein in Arbeits- und Bautagebüchern dokumentiert. Eigentümer der Burgruine ist der Bommeraner Friedrich Oberste-Frielinghaus, Pächter der Ruine ist bis 2030 die Stadt Witten.

Was auch Ralf Schübbe und seine Frau freuen wird. Das Ehepaar aus Herne machte am Montag einen Spaziergang mit seinem Hund durch das Muttental, der sie auch zur Burgruine führte. Wegen der derzeitigen Coronalage fährt die Fähre nicht. „Die ist schön“, so der Kommentar des Herners zur Wittener Burgruine. „Noch schöner wäre sie aber ohne Bauzaun.“