Witten. 2020 sind in Witten-Herbede neun Rehe im Verkehr getötet worden. Jäger fordern daher Warnschilder für die Kämpenstraße. Doch es gibt ein Problem.
Füchse, Rehe, Hasen: Autofahrer, die in der Dämmerung unterwegs sind, können für sie zur tödlichen Gefahr werden. Auch auf der Kämpenstraße in Herbede ist es schon häufiger zu Wildunfällen gekommen. Die örtliche Jägerschaft wünscht sich deshalb Warnschilder, die auf den Wildwechsel aufmerksam machen – und hat sich jetzt an die Lokalpolitik gewandt.
„Hier sieht man die Spuren der Rehe“, sagt Uwe Erdelmann beim Lokaltermin am Samstag (17.4.) und zeigt auf den Waldboden. Über die Böschung, an der er steht, laufen oft Rehe auf die Kämpenstraße, erklärt er. Weil die Böschung so steil ist, seien die Tiere schnell und rutschten häufig aus. Dann hätten Autofahrer kaum eine Chance, rechtzeitig zu bremsen und einen Zusammenstoß zu verhindern. Allein im vergangenen Jahr seien im Raum Herbede neun Rehe durch Zusammenstöße im Straßenverkehr getötet worden, weiß der Jagdpächter.
Auf der Kämpenstraße in Witten fahren viele Autofahrer zu schnell
Helfen könnten Schilder, die vor dem Wildwechsel warnen. „Wir müssen bei den Leuten ein Bewusstsein dafür schaffen, vorausschauender zu fahren“, sagt Jäger Andreas Becker. Vor allem, weil viele Autofahrer auf der Kämpenstraße ordentlich Gas geben. Eigentlich gilt dort Tempo 70, viele sind jedoch deutlich schneller unterwegs. „Vor 30 Jahren war die Kämpenstraße noch ein schmaler Weg, da konnte man nicht rasen. Aber mittlerweile ist das für viele eine Rennstrecke geworden“, so Uwe Erdelmann.
Die Höchstgeschwindigkeit zu senken, etwa auf Tempo 50, sei zwar eine gute Idee. Für realistisch halten die Jäger das jedoch nicht – zumal sie davon ausgehen, dass viele sich auf der Landstraße ohnehin nicht an die Begrenzung halten würden. Im vergangenen Jahr galt auf der Kämpenstraße zum Teil sogar noch Tempo 100.
Die Leitplanken und Weidezäune am Straßenrand seien für die Tiere übrigens kein Hindernis, sie könnten leicht darüber springen, erklären die Experten. Um das Wild zu schützen, haben die Jäger bereits an einigen Bäumen blaue Warnmarken angebracht, die das Scheinwerferlicht der Autos reflektieren. Warnschilder für die Autofahrer können sie jedoch nicht selbst aufstellen. Deshalb haben sie sich an den SPD-Politiker Georg Klee gewandt, der Herbede im Kreistag vertritt. Er sieht die Gefahr an der Kämpenstraße und will sich für die Schilder einsetzen.
Stadt Witten ist zuständig für die Anordnung der Beschilderung
Die Kämpenstraße ist eine Kreisstraße, deren Unterhaltung der Ennepe-Ruhr-Kreis jedoch auf den Landesbetrieb Straßen NRW übertragen hat. Für die Anordnung einer Beschilderung ist aber wiederum die Stadt Witten zuständig. Ob es sich bei der Kämpenstraße um eine Gefahrenstrecke handelt, an der Warnschilder aufgestellt werden dürfen, muss laut Straßenverkehrsordnung zunächst mit der unteren Jagd- und Forstbehörde abgesprochen werden.
Georg Klee hat daher Kontakt mit Landrat Olaf Schade aufgenommen. Doch der hat bereits Zweifel an der geplanten Maßnahme mitgeteilt: Nach Ansicht seiner Fachleute gebe es an der Kämpenstraße wahrscheinlich keine Notwendigkeit für eine Beschilderung. Denn: Voraussetzung für eine Beschilderung ist auch, dass das Wild die Straße häufig unerwartet kreuzt. Das sei an der Kämpenstraße aber nicht der Fall. Dort könne man schließlich offensichtlich erkennen, dass von den dicht an der Straße liegenden Wäldern und Feldern Wildwechsel drohe.
So geht es jetzt weiter
Kreistagsmitglied Georg Klee (SPD) will als nächstes Kontakt zur Stadt Witten aufnehmen und noch einmal mit Landrat Olaf Schade über eine mögliche Beschilderung sprechen.
Wie viele Schilder gebraucht werden und an welchen Stellen sie konkret stehen sollen, ist noch nicht klar. Diese Fragen will Georg Klee unter anderem bei einem weiteren Treffen mit den Herbeder Jägern klären.
Die örtlichen Jäger wollen sich damit jedoch nicht zufriedengeben. Viele Autofahrer rechneten nicht mit Wildwechseln, argumentieren sie. Besonders, wenn im Juli für die Rehe die Paarungszeit beginnt und die Tiere noch aktiver werden, könne es leicht erneut zu Unfällen kommen. Zudem sorgten auch die Spaziergänger, von denen in der Corona-Zeit deutlich mehr unterwegs sind, für Wildwechsel: Denn sie schreckten die Tiere auf, erklären die Jäger. An Hundebesitzer hat Jäger Frank Flörecke daher eine wichtige Bitte: „Lassen Sie Ihren Hund nicht von der Leine, wenn er nicht gut hört. Damit tun Sie dem Wild einen großen Gefallen.“