Witten. Besucher vermüllen die Natur und verrichten ihre Notdurft an Bergbau-Objekten: Ehrenamtliche sind sauer über die Zustände im Muttental Witten.
Die ehemaligen Bergleute Karl Ackermann und Hermann Dede sind die guten Seelen des Muttentals. Seit rund 25 Jahren pflegen die Herbeder - ehrenamtlich - die dortigen Bergbau-Relikte, sorgen entscheidend mit dafür, dass der neun Kilometer lange Bergbaurundweg ein attraktives Ausflugsziel für Besucher auch aus den umliegenden Städten ist. Ackermann und Dede wollen sich weiterhin engagieren. Allerdings betätigen sich die Über-70-Jährigen seit Januar im Tal nicht mehr als Müllsammler. Karl Ackermann (72): „Es reicht!“
Schon vor einem halben Jahr hatten Dede und Ackermann zusammen mit Heinz Eberle, Pächter des Zechenhauses Herberholz, ihrem Ärger gegenüber unserer Redaktion Luft gemacht: Gäste des Muttentals verhalten sich respektlos gegenüber der Natur, entsorgen im Tal leere Getränkedosen und Flaschen, Essens-Verpackungen, Windeln und sogar ausgemusterte Möbel, beklagten sie. Geändert hat sich seither nichts, sagen die Mitglieder des Fördervereins Bergbauhistorischer Stätten Ruhrrevier. Ganz im Gegenteil. In Corona-Zeiten entdeckten Menschen das Muttental, die man früher dort nicht gesehen habe. Und mancher trage auch kräftig zu dessen Vermüllung bei.
Haspelanlage im Muttental in Witten wird als Toilette missbraucht
Hermann Dede steht kopfschüttelnd an der Haspelanlage, die Teil der Bergbau-Objekte am Bergbaurundweg ist, die der Verein pflegt und instand hält. Der 73-Jährige zeigt auf die Überreste von menschlichen Fäkalien auf der Sitzbank neben der Anlage an der Muttentalstraße. Auch die Haspelanlage selbst wird als Toilette für größere, menschliche Geschäfte missbraucht. Papiertaschentücher zeugen davon. Dede: „Und das ist nicht nur hier, sondern auch an anderen Stellen im Tal so.“
Karl Ackermann nickt, erzählt: „Ich habe schon eine ganze Schlafzimmer-Einrichtung im Muttental gefunden und dann das Betriebsamt informiert, deren Mitarbeiter die Sachen abgeholt haben.“ Mit 72 Jahren sei er jetzt nicht mehr der „Saubermann“ im Tal, betont_Ackermann. Auf die Probleme hatte der Förderverein im vergangenen Jahr bereits Bürgermeisterin Sonja Leidemann und auch das Stadtmarketing hingewiesen.
Besucher des Zechenhaus-Geländes verrichten ihre Notdurft hinter der Grillhütte
Auch Heinz Eberle vom Zechenhaus Herberholz gehen rücksichtslose Zeitgenossen auf die Nerven. Der Bochumer und seine Frau bieten seit Beginn der Pandemie Gästen keine Getränke und Speisen mehr an. Muttental-Besucher können aber - ganzjährig - die kostenlose Ausstellung auf dem Außengelände des Zechenhauses besuchen. In dieser gibt es viele Stücke zu bestaunen, die früher einmal in Bergwerken der Region zu finden waren - wie etwa Bohrmaschinen für den Streckenvortrieb, Pumpen für die Wasserhaltung und eine Stube, von der Zeche Ibbenbühren, in der einst Grubenlampen ausgegeben wurden.
Die Eberles freuen sich über interessierte Gäste, jedoch nicht, wenn diese sich hinter ihre Grillhütte hocken, um ihre Notdurft zu verrichten. Die Ferkelei soll jetzt durch eine Absperrung verhindert werden. Die Zechenhaus-Gastronomen sind auch nicht begeistert, wenn, wie jetzt geschehen, ein großer Gullydeckel auf ihrem Gelände hochkant ins Loch gestellt wird. Das Werk von Jugendlichen, die sich in der Dunkelheit im Tal austoben? Heinz Eberle zuckt mit den Achseln: „Das weiß ich nicht. So etwas kann aber echt gefährlich sein.“ Was der 69-Jährige in Corona-Zeiten ebenfalls befremdlich findet: Bei gutem Wetter strömten Menschen oft „im Pulk“ durch das Tal - „ohne Abstand zu halten, ohne Masken“.
Zechenhaus Herberholz verzichtet auf den Außer-Haus-Verkauf
Betriebsamt leert Mülleimer
Laut Stadtsprecher Jörg Schäfer werden die Mülleimer im Muttental vom Betriebsamt einmal pro Woche geleert. Erst vor wenigen Tagen sei ein neuer Eimer installiert worden - im Bereich, wo der Waldweg auf die Rauendahlstraße trifft. Große Bereiche des Waldes im Muttental seien Privatwald. Schäfer: „Dort sind wir nicht für die Müllentsorgung zuständig.“ Nicht zuletzt sei es sehr ärgerlich, dass Menschen ihren Abfall einfach in der Natur entsorgten. Schäfer: „Jeder Einzelne hat die Möglichkeit, für ein Müll-freies Muttental zu sorgen.“
Heinz Eberle und seine Frau Angelika verzichten seit Beginn der Pandemie auf einen „Außer-Haus-Verkauf“. Das Zechenhaus, das sie in Corona-Zeiten innen weiter verschönert haben, bleibt ganz geschlossen. „Solange, bis es wieder möglich ist, dass unsere Gäste Speisen und Getränke in unserem Biergarten genießen können“, sagt Angelika Eberle. Sie befürchtet, dass Verpackungsmüll sonst in der Natur landen könnte.