Witten. Im EvK Witten sind Betten frei. Auch im Marien-Hospital verzichten Kranke auf Behandlungen. Welche Folgen dies auch für die Klinken hat.

Nach einer Umfrage der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) geraten immer mehr Kliniken aufgrund der Corona-Pandemie in eine finanzielle Schieflage. Die KGNW mit Sitz in Düsseldorf vertritt die Interessen von 345 Krankenhäusern im Land. Ihr zufolge mussten die Hospitäler allein in diesem Januar ein Einnahmedefizit von über 370 Millionen Euro hinnehmen. Auch die Wittener Kliniken bekommen die Corona-Folgen wirtschaftlich zu spüren, unter anderem, weil Patienten aus Angst vor einer Ansteckung Behandlungen verschieben.

Vom Evangelischen Krankenhaus (EvK) heißt es, es gebe „erheblich weniger Patienten“ in der Klinik. Verwaltungsdirektorin Ingeborg Drossel: „Die Einnahmen sind rückläufig.“ Bis zum vergangenen September habe das EvK deswegen staatliche Ausgleichszahlungen erhalten, auch noch einmal im Dezember. Diese, so Drossel, seien dann aber wieder eingestellt worden.

Im EvK Witten wurden planbare Operationen verschoben, um freie Betten für Covid-Patienten zu haben

Im EvK seien planbare Operationen sowie Aufnahmen - etwa zur Schmerztherapie - verschoben worden, um Behandlungskapazitäten für Corona-Patienten freizuhalten. „Wir haben weniger Patienten, müssen aber mehr Personal vorhalten“, so die Verwaltungsdirektorin. Covid-Patienten benötigten zum Teil mehr Pflege, da sie häufig schwerkrank seien. 2019 wurden vom EvK über 13.160 Patienten ambulant und über 12.000 Patienten stationär behandelt. Im vergangenen Jahr kamen über 10.430 Menschen zur ambulanten und 10.460 zur stationären Behandlung.

Wie andere Kliniken im Land fordert auch das Wittener EvK die Politik auf, zu berücksichtigen, dass das Pandemiejahr 2020 zu erheblichen Verlusten geführt habe, die durch staatliche Ausgleichszahlungen nur zum Teil aufgefangen wurden. Außerdem, so Ingeborg Drossel, sei die Pandemie noch nicht vorbei. „Auch jetzt sind noch viele Betten frei, weil Patienten sich nicht trauen, zur Behandlung ins Krankenhaus zu gehen.“

Auch das EvK Witten hat weniger Einnahmen, da sich derzeit weniger Patienten im Krankenhaus behandeln lassen.
Auch das EvK Witten hat weniger Einnahmen, da sich derzeit weniger Patienten im Krankenhaus behandeln lassen. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Durch das vermehrte Auftreten der Corona-Mutationen sei davon auszugehen, „dass auch in den nächsten Wochen die Covid-Stationen voll belegt sein werden“. In den Kliniken der St. Elisabeth Gruppe, zu der das Wittener Marien-Hospital gehört, sind in diesem Jahr bislang 25 Prozent weniger Patienten behandelt worden als im Vorjahreszeitraum.

Damit sei es zu Einnahmeausfällen gekommen, betonte Klinik-Gruppen-Geschäftsführer Theo Freitag gegenüber unserer Redaktion. Allerdings falle der Patienten-Rückgang im Marien-Hospital Witten mit rund zwölf Prozent geringer aus als in den Herner Krankenhäusern der Gruppe.

Marien-Hospital Witten erhält Ausgleichszahlungen in geringerer Höhe

2020 habe das Marien-Hospital staatliche Ausgleichszahlungen erhalten, so Freitag. Für den Zeitraum, in dem 2020 bis zu 50 Prozent der Betten nicht belegt gewesen und erhöhte Kosten für Schutzmaterial entstanden seien, hätten die Verluste zu großen Teilen ausgeglichen werden können. „Auch derzeit erhalten wir für das Marien-Hospital Ausgleichszahlungen.“ In diesem Jahr würden diese im Vergleich zum Vorjahr jedoch geringer ausfallen. Theo Freitag: „Es ist daher zu erwarten, dass dies zu entsprechenden Verlusten führen wird, wenn die Politik jetzt nicht gegensteuert.“

Umfrage zeigt: Bettenbelegung eingebrochen

Die Umfrage der Krankenhausgesellschaft NRW, an der sich 174 Klinken beteiligten, zeigte: Die Bettenbelegung in den Krankenhäusern ist - bei erhöhtem Personalaufwand - um fast 22 Prozent eingebrochen. Außerdem sind die Einnahmen bei der ambulanten Versorgung und den sogenannten Wahlleistungen stark rückläufig.

Hauptsächlich sorgen laut Umfrage verschobene planbare Eingriffe, die derzeitige Scheu mancher Patienten vor einem Krankenhaus-Aufenthalt sowie hohe Hygieneauflagen durch Corona für die finanzielle Schieflage von Kliniken.

In der Klinikgruppe seien medizinisch notwendige Operationen in der Regel nur dann verschoben worden, wenn die Patienten dies so entschieden hätten. In der ersten Corona-Welle 2020 habe man erlebt, dass Patienten notwendige Operationen verschoben hätten. Freitag: „Diese Situation sollte sich zum Wohle aller Patienten nicht wiederholen.“ Aber man stelle fest, dass vor allem seit der Verbreitung der Corona-Mutationen Menschen auf wichtige Behandlungen verzichteten. Die Forderung des Geschäftsführers an die Politik: „Am Ende des Jahres muss die Möglichkeit bestehen, die Erlöse gegen die Kosten zu stellen. Die Differenz muss dann ausgeglichen werden.“

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