Witten. Ein Zeuge hat die Filme den Tierschützern der Peta geschickt. Sie fordern das Amt auf, die Tiere in Sicherheit zu bringen. Doch das wird dauern.
Ein Fall von Tierquälerei in Witten ist der Tierschutzorganisation Peta gemeldet worden. Ein aufmerksamer Augenzeuge hat beobachtet, wie zwei Kinder in einem Garten mehrere Hühner quälen. Immer wieder packen der Junge und das Mädchen die empfindsamen Tiere an den Schwanzfedern, schleifen sie über mehrere Meter umher, treten und bewerfen sie mit Spielzeug und Bällen.
Ihm gelang es, mehrere Videos von den Vorfällen im Dezember und Januar zu machen, die unserer Redaktion auch vorliegen. Mit diesem Material hat sich die Peta ans Kreis-Veterinäramt gewendet. Doch noch sind die Tiere bei den Besitzern - und die Misshandlung geht offenbar weiter.
Dabei war das Amt sogar vor Ort, hat die Familie kontrolliert und "Anordnungen zum Umgang der Kinder mit den Hühnern erlassen", wie es im Schreiben der Behörde an die Tierschützer heißt. Gebracht hat das offenbar nichts. Der Zeuge hat noch am gleichen Tag nach der Kontrolle ein weiteres Video aufgenommen, in dem die Kinder die Tiere genauso quälen wie zuvor. "Die Anordnungen sind bei der Familie offenbar nicht angekommen", so Fachreferentin Jana Hoger. Daher fordert die Peta das EN-Veterinäramt - mit dem sie schon oft gut zusammengarbeitet hat - jetzt auf, die Tiere unverzüglich aus der Haltung zu nehmen. Es handelt sich offenbar um acht Hühner und vier bis sechs Tauben. Hoger: "Wir haben auch unsere Hilfe angeboten, für den Fall, dass es Schwierigkeiten geben sollte, die Tiere unterzubringen."
Veterinäramt hat Verfahren gegen die Wittener in Gang gesetzt
Doch so schnell, wie die Tierschützer hoffen, wird das nicht geschehen. "Die Mitarbeiter des Veterinäramtes haben mit den Eltern gesprochen und die Absprache getroffen, dass die Kinder nicht allein mit den Hühnern sein dürfen", erklärt Kreis-Pressesprecher Ingo Niemann. Als nach den neuen Videos klar wurde, dass sich die Familie offenbar nicht daran hält, sei nun ein Verfahren gegen sie in Gang gesetzt worden. "Wir haben ihr eine Anhörung geschickt." Jetzt müsse eine Frist abgewartet werden, erst dann könne es zu einer Verfügung kommen. Warum das nicht sofort geht? "An der Haltung der Tiere gab es aus Sicht des Veterinäramtes zunächst nichts zu beanstanden", erklärt Niemann. Die Anzeige der Peta aber sei "rechtlich zu dünn, um damit gleich zu den härtesten Mitteln, also der Wegnahme der Tiere, zu greifen", so der Pressesprecher. "Aber wir haben das im Auge."
Der Peta geht es aber bei der Anzeige nicht nur um das Wohl der Tiere, sondern auch um das der Kinder. Die Bilder aus Witten seien ein Warnsignal. "So etwas ist oft der Anfang einer Gewalt-Geschichte, kein harmloser Streich", warnt Jana Hoger, die sich fragt, warum die Eltern nicht einschreiten. Allerdings gebe es in dem Wittener Fall Hinweise, dass auch der Vater der Kinder die Hühner quält.
In vielen Fällen bleibt es nicht bei der Tierquälerei
Das Gefährliche: Nicht selten sei Tierquälerei ein Anzeichen für schwere psychische Probleme. Kinder quälten Tiere häufig aufgrund eigener Gewalterfahrung im häuslichen Umfeld beziehungsweise als Folge körperlichen oder seelischen Missbrauchs, wissen die Tierschützer. In diesen Fällen solle die Misshandlung von Tieren oft Gefühle der Leere und Langeweile bekämpfen, als Stimmungsregulierung und Ventil für Aggressivität dienen oder das eigene Selbstwertgefühl erhöhen - und manche Kinder und Jugendliche empfinden schlichtweg aus Sadismus Freude und Genugtuung daran, anderen Lebewesen Leid zuzufügen. Psychologische Hilfe sei in diesen Fällen dringend nötig. Denn etwa 80 bis 90 Prozent aller Menschen, die Tiere quälen, würden es laut aktuellen Studien nicht dabei belassen, so die Tierschützer.
Für Fachreferentin Jana Hoger heißt das: Die Wittener Kinder sind auf einem gefährlichen Weg. „Bleiben Eltern uneinsichtig, müssen auch die für das Kindeswohl zuständigen Behörden tätig werden – dies haben wir dem Veterinäramt gegenüber deutlich gemacht.“
>>>Das Motto der Peta
Peta ist die Abkürzung für "People for the Ethical Treatment of Animals". („Menschen für die ethische Behandlung von Tieren“.) Sie ist mit nach eigenen Angaben mehr als fünf Millionen Unterstützern weltweit die größte Tierrechtsorganisation.
Das Motto der Peta lautet: Tiere sind nicht dazu da, dass wir an ihnen experimentieren, sie essen, sie anziehen, sie uns unterhalten oder wir sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten. Die Organisation setzt sich gegen Speziesismus ein – eine Weltanschauung, die den Menschen als allen anderen Lebewesen überlegen einstuft.