Witten. Die Obdachlosen, die der Stadtgalerie Witten Probleme bereitet haben, sind weg. Ein Sozialarbeiter erklärt, was das für Menschen waren.
Mehrere Obdachlose haben sich nachts in der Stadtgalerie Witten aufgehalten. Weil es Randale, Übergriffe und Probleme mit Fäkalien gab, ist die Mall nun abends und nachts geschlossen. Doch was sind das überhaupt für Menschen, die dort Zuflucht gesucht haben?
"Es waren zwei Polen", sagt Michael Raddatz-Heinrichs von der Caritas. Er berät und betreut vor allem die Bewohner der städtischen Notunterkünfte, also Flüchtlinge und Wohnungslose. Aber er führt auch erste Gespräche mit Betroffenen auf der Straße. Die beiden in der Stadtgalerie seien EU-Bürger gewesen. Menschen wie ihnen rate er, sich entweder ans Rathaus zu wenden, wenn sie Obdach suchen, oder - außerhalb der städtischen Öffnungszeiten - an die Polizei.
Obdachlose wurden in der Stadtgalerie Witten nicht mehr gesehen
"Armutswanderer" nennt Raddatz-Heinrichs Menschen wie sie, die aus Osteuropa zu uns kommen. "Es ist für sie sehr schwierig, in unserem System Hilfe zu finden, denn sie haben keinen Anspruch auf ergänzende Sozialhilfeleistung." Die meisten würden von der Hand in den Mund leben, müssten ihre Kleidung aus Kleiderkammern und Lebensmittel von der Tafel holen.
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"Deshalb betteln viele", sagt der Caritas-Sozialarbeiter. Deshalb auch sei das "Gesicht" der Obdachlosigkeit in unseren Städten häufig ein osteuropäisches. Am Montag (28.12.), als Raddatz-Heinrichs noch in der Stadtgalerie war, hätten sich die beiden Polen übrigens nicht mehr dort aufgehalten. "Der Platz an der Mauer war leer."
Weitere Plätze, die Obdachlose in Witten aufsuchen, sind der Hauptbahnhof. Auch im Eingangsbereich des Hauses an der Bahnhofstraße, wo zuletzt das Briefwahlbüro seinen Platz hat, hatte sich jemand häuslich eigerichtet. Es seien aber nicht mehr Obdachlose in der Stadt unterwegs, so Raddatz-Heinrichs. Das sei in großen Städten wie Dortmund viel sichtbarer.
In Unterkünften der Stadt leben derzeit 25 Obdachlose
Der Mann von der Caritas betreut derzeit 25 Obdachlose in insgesamt drei städtischen Unterkünften. Damit seien die Häuser, in denen es genau 50 Plätze gibt, zur Hälfte ausgelastet, hatte Stadtsprecher Helmut Sonder noch vor den Weihnachtsfeiertagen mitgeteilt. Das sei normal für diese Zeit, weiß Raddatz-Heinrichs.
Zum Fest hatte er ihnen Tüten vorbeigebracht, die der Inner Wheel Club Witten-Wetter gefüllt und gespendet hatte. "Da haben sich die Leute gefreut, dass sie nochmal Besuch und ein kleines Geschenk mit lebensnotwendigen Dingen bekommen haben", sagt der Sozialarbeiter.
Auch in den Unterkünften gelten natürlich Abstandsregeln, müssen die Bewohner Maske tragen. "Trotzdem herrschte dort zuletzt keine gedrückte Stimmung." Was für so viele Lebenslagen gelte, gelte auch für die besondere Situation zu Weihnachten: "Viele machen ihre Probleme mit sich selbst aus." Einer Bewohnerin allerdings konnte Raddatz-Heinrichs noch eine besondere Freude machen: Er hat eine Wohnung für sie gefunden.
Sozialarbeiter: Es geht immer darum, eine Bleibe zu finden
Seine Arbeit, sagt der Sozialarbeiter, habe sich durch Corona im Wesentlichen nicht geändert. Es gehe immer darum, Hoffnung zu verbreiten und für die Menschen eine Bleibe zu finden: in städtischen Unterkünften, im betreuten Wohnen oder - im Idealfall - in einer privaten Wohnung. Doch, eins fällt ihm noch ein: Weil Zwangsräumungen wegen der Pandemie ausgesetzt seien, würden die Betroffenen nicht so schnell aus ihren Wohnungen fliegen, sondern einen Aufschub bekommen.
Grundsätzlich kümmere sich aber auch ein Team der Stadt darum, frühzeitig Kontakt zu Bürgern aufzunehmen, denen eine Räumungsklage droht - um zu verhindern, dass sie tatsächlich obdachlos werden. "Denn wer einmal seine Wohnung verloren hat", so Raddatz-Heinrichs, "für den ist es schwer, auf dem freien Markt etwas zu finden".
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Bei den Obdachlosen in den drei städtischen Unterkünften handelt es sich nach Aussage der Stadt um vier Frauen und 21 Männer. Die Altersspanne liegt zwischen 24 und 69 Jahren. Im Schnitt seien die Menschen 45 Jahre alt. Sie stammen aus Italien, Polen, der Slowakei und Deutschland.
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