Witten. Die Verbindung zwischen Wittener Bahnhof und City ist abends und am Wochenende dicht. Stört die Wittener der Umweg um die Stadtgalerie herum?

Um von der Fußgängerzone zum Bahnhof zu kommen, muss man jetzt einen Umweg gehen. Die Stadtgalerie in Witten schließt nach Geschäftsschluss ihre Türen. Dadurch soll verhindert werden, dass Obdachlose im Center übernachten. Am ersten Wochenende nach Inkrafttreten der neuen Regelung standen viele Passanten vor verschlossenem Durchgang. Wer einen Zug erwischen will, musste sich ziemlich beeilen. Aber darf die Stadtgalerie diese wichtige Achse überhaupt kappen?

Samstagmittag, kurz vor 13 Uhr: Noch sind die Stadtgalerie-Türen offen, denn im Lockdown schließen Post und Bäcker am Mittag. Einige Familien mit Kindern, junge Erwachsene mit Rucksäcken und Senioren nutzen den Verbindungsweg zwischen Bahnhof und Einkaufsstraße. Bernd (56) und Lennart (22) gehen gerade Richtung Innenstadt. Dass der Weg gleich dicht ist, finden sie nicht schlimm. „Wir haben ja Beine, mit denen wir laufen können“, sagt der 56-Jährige. Lennart ergänzt: „Es ist schon ein Umweg, aber wenn man es weiß, kann man ja einfach eine Minute mehr einplanen.“

Junge Leute mit Rucksäcken müssen sich sputen

Anders ist die Situation für zwei junge Erwachsene, die mit vollbepackten Rucksäcken auf dem Weg zum Bahnhof sind. Sie stehen verwirrt vor der nun geschlossenen Tür, studieren die dort angebrachten Zettel. Als die Tür sich nicht öffnet, drehen sie genervt um und nehmen den Weg rechts am Gebäude vorbei. „Wir müssen uns jetzt echt beeilen“, sagen sie im Vorbeigehen. Auch Magdalena (21), die täglich mit dem Zug zwischen ihrer Heimat Witten und ihrem aktuellen Wohnort Dortmund pendelt, ist überrascht. Von der Schließung wusste sie vorher nichts.

Hygienische Probleme hatten zur Schließung geführt

Am Mittwoch hatten Stadt und Stadtgalerie-Management gemeinsam erklärt, den Durchgang während des Lockdowns, also bis 10. Januar 2021, zu schließen. Der Grund: In den letzten Wochen hätten mehr Obdachlose in der Stadtgalerie übernachtet. Laut Center-Managerin Babett Arnold hätte dies zu hygienischen Problemen und Bedrohungen gegen Reinigungs- und Sicherheitskräfte geführt. „Das ist für uns nicht mehr händelbar“, sagte sie der Redaktion.

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Hier geht’s lang: Passanten, die von der Fußgängerzone zum Bahnhof in Witten wollen, müssen einen Umweg über eine Passage zwischen Pino’s und KiK an der Berliner Straße bzw. Poststraße nehmen.
Hier geht’s lang: Passanten, die von der Fußgängerzone zum Bahnhof in Witten wollen, müssen einen Umweg über eine Passage zwischen Pino’s und KiK an der Berliner Straße bzw. Poststraße nehmen. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Ein nachvollziehbarer Grund, trotzdem stößt die Entscheidung auf Kritik: Denn 2007, vor Bau der Stadtgalerie, versprach die Wittener Politik den Bürgern, dass die Achse Hauptbahnhof - Berliner Platz immer offen bleiben würde. Genau so ist es auch in den Beschlussvorlagen, die vom Rat verabschiedet wurden nachzulesen.

Schließung ist in Ausnahmesituationen möglich

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Bürgermeister Lars König (CDU) hat sich darüber hinweggesetzt, mit dem Hauptargument, dass „die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht mehr gewährleistet“ sei. Dazu hatte er den Stadtrat am Dienstag in einer nicht-öffentlichen Sitzung informiert. Es gab keinen Widerspruch. „Angesichts der geringen Anzahl an Passanten während des Lockdowns, hielten das alle Parteien für vertretbar“, so Stadtsprecher Jörg Schäfer. Er ergänzt: 2007 habe man nicht rechtsverbindlich eine 24-Stunden-Öffnung festgeschrieben. Eine Abweichung sei in besonderen Situationen möglich, etwa jetzt, während der Corona-Schutzverordnung. „Nach dem 10. Januar werden wir neu entscheiden. Eine dauerhafte Schließung ist nicht geplant.“

Zettel an der Tür weist Umleitung aus

Wenn die Türen des Shoppingcenters geschlossen sind, steht dort ein Hinweis auf die Umleitung, die rechts an der Stadtgalerie vorbeiführt. Der überdachte schmale Durchgang verläuft zwischen „KiK“ und der Parkhaus-Einfahrt an der Poststraße.

Außerdem steht hier, wo Obdachlose Hilfe bekommen können, denen die Mall jetzt nicht mehr als Schlafplatz zur Verfügung steht.

Passantin Veronika Schubert (74) macht die Schließung auch nichts aus – sie denkt jedoch an Menschen, die eine Gehbehinderung haben: „Für diese Leute ist der Umweg natürlich ein Problem.“ Sie selbst könne einfach woanders parken, um den Weg zu vermeiden.

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