Bochum/Witten. Seit genau einem Jahr ist Anita S. aus Bochum verschwunden. Zuletzt wurde sie in Witten gesehen. Nach welchen Hinweisen die Polizei weiter sucht.
Es ist Bochums zurzeit mysteriösester Kriminalfall: das Verschwinden von Anita S. Vor einem Jahr wurde die 36-Jährige das letzte Mal lebend gesehen. Eine Leiche wurde aber bisher nicht gefunden. Die Staatsanwaltschaft hat deshalb jetzt 5000 Euro Belohnung ausgesetzt für Hinweise, die zu einer Klärung dieses Falles führen. Sie glaubt, dass die Frau Opfer eines Gewaltverbrechens und tot ist.
Das letzte bekannte Lebenszeichen der kaufmännischen Angestellten Anita S. gab es am 7. Dezember, ein Samstag. Zuletzt hatte ihre Mutter gegen 17.20 Uhr an jenem Tag mit ihr telefoniert. Später erschien sie nicht mehr zur Arbeit, obwohl sie sich nicht abgemeldet hatte. Bis zu ihrem Verschwinden lebte sie allein in ihrer Wohnung an der Schulte-Hordelhoff-Straße in Wattenscheid-Günnigfeld.
Beschuldigter aus Witten saß nach Bochumer Haftbefehl elf Tage in U-Haft
Der Fall war für die Polizei zunächst rätselhaft. Nach aufwendigen Ermittlungen geriet dann aber ihr guter Bekannter (33) aus Witten unter Tatverdacht. Er soll mit ihr zuletzt in seiner damaligen Wohnung in Witten-Herbede gewesen sein. Danach verliert sich jede Spur von der Frau.
Im Februar wurde der Beschuldigte wegen des Verdachts des Totschlags in U-Haft gesperrt. Elf Tage später ließ ihn eine Haftrichterin aber wieder frei, nachdem Verteidiger Egbert Schenkel einen Haftprüfungsantrag eingereicht hatte, zumal für ihn auch „nicht ansatzweise ein Tatmotiv für ein Tötungsdelikt zu erkennen war“. Anders als die Staatsanwaltschaft, die den Mann auch heute noch für „dringend tatverdächtig“ hält, sah die Richterin nur einen einfachen Tatverdacht. Für die Haftfrage ist dies ein entscheidender Unterschied.
Wittener beteuert seine Unschuld
Der 33-Jährige beteuert seine Unschuld. Er wisse nicht, wo Anita S. sei. Er habe damals seine Wohnung verlassen, und als er wieder nach Hause gekommen sei, sei sie weg gewesen. Wohin, wisse er nicht.
Mehrfach hatte die Mordkommission „MK Stausee“ auf und am Kemnader See, in dessen Nähe der Beschuldigte wohnte, nach Anita S. gesucht, auch mit Leichenspürhunden, Tauchern und einer Spezialdrohne – immer ohne Ergebnis. Oberstaatsanwaltschaft Andreas Bachmann klappt die Akten aber trotzdem „auf keinen Fall“ zu. Vielmehr geht die Kripo jetzt erneut an die Öffentlichkeit.
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Sie sucht „dringend“ nach Zeugen, die nach dem 7. Dezember 2019, 17.30 Uhr, verdächtige Beobachtungen gemacht oder Anita S. gesehen haben. Wem sind Gegenstände aufgefallen, die der Frau gehört haben? Insbesondere eine schwarze Sporttasche von Nike. Oder deren Bekleidung: schwarzer Parka, eine karierte Bluse, eine schwarze Jeanshose sowie Sneaker. Ebenso fehlt ein Handy der Marke Huawei P9 lite in weiß.
Auch Anklage ohne Leichenfund ist denkbar
Wem sind verdächtige Personen oder Fahrzeuge aufgefallen, die insbesondere im Bereich Witten, Sprockhövel oder in der Umgebung durch ihren Abstellort oder bei Be- und Entladearbeiten im Zusammenhang mit dem Verschwinden von Anita S. stehen könnten? Von besonderer Bedeutung erscheinen der Polizei hierbei auch ein schwarzer Opel Astra, BO-WB615 sowie ein schwarzer Opel Tigra, BO-MK 247, die der Beschuldigte genutzt haben soll.
Polizei: 0234/909 4111 oder -4116 (wochentags von 8 bis 15.30 Uhr) sowie per Email an roland.wefelscheid@polizei.nrw.de.
Auch wenn keine Leiche gefunden werden sollte, wäre eine Anklage wegen Totschlags denkbar. In Wattenscheid gab es laut Staatsanwaltschaft vor vielen Jahren einmal ein Tötungsdelikt, das zu einer Verurteilung geführt hatte, ohne dass die Leiche gefunden worden ist.