Witten. Von der tiefen Krise zurück in die Erfolgsspur. Für einen Pflegebettenhersteller aus Witten ist die Corona-Pandemie ein Glücksfall. Wie geht das?
Beim Pflegebettenhersteller Völker in Witten boomt das Geschäft. Lag das Unternehmen vor der Corona-Krise sozusagen noch auf der Intensivstation, kann es mittlerweile auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken. Ein neues Produkt soll noch mehr Aufschwung geben.
Vor einigen Jahren sah es für den einstigen Weltmarktführer noch alles andere als gut aus. Nachdem die Firma 2012 an die US-Holding Hill-Room verkauft wurde, ging es bergab. Die Auslastung der Produktion verschlechterte sich. Ein Standort in Dresden musste schließen. Auch das Wittener Werk war in Gefahr. 2017 wurde Völker dann an die New Yorker Investmentfirma CoBe Capital weiterverkauft. Besser wurde es vorerst nicht. 2018 musste das Unternehmen Kurzarbeit anmelden – man blickte in keine rosige Zukunft.
Das hat sich durch die Pandemie schlagartig geändert. Schon beim ersten Lockdown ab März trudelten die Aufträge im Wullener Feld nur so ein. Damals wurden zum Beispiel Betten an das Covid-19-Zentrum ins italienische Turin geliefert. Auch aus England, Polen und dem Mittleren Osten kamen Anfragen.
Firma Völker aus Witten hat eine neue Unternehmenskultur
Nach der ersten Auftragswelle war es im Sommer wieder etwas ruhiger. Diese Zeit nutzte die Firma, um die Unternehmenskultur zu ändern. „Wir wollen den Staub der Vergangenheit hinter uns lassen“, sagt Geschäftsführerin Yvonne Risch. Man wolle noch mehr Service bieten.
Eine jetzt startende Imagekampagne soll für noch mehr Vertrauen in das Unternehmen sorgen. Ein Slogan lautet: „Wir sind 24 Stunden für Sie da.“ Am Eingang der Firmenzentrale ist derzeit eine große Baustelle. Es wird eine Art „Showroom“ für die Völker-Produkte errichtet.
Vertriebsleiter aus Witten: „Wir sind in der Stadt verwurzelt“
190 Mitarbeiter sind für den Traditionsbetrieb im Wullener Feld tätig. „Wir sind in der Stadt verwurzelt und stehen zu unserem Standort und dem Ruhrgebiet“, sagt Vertriebsdirektor Marcus Borchert. Kunden würden sich immer häufiger für Produkte entscheiden, die in Deutschland hergestellt werden. Auch das Evangelische Krankenhaus (EvK) und das Marien-Hospital in Witten sind mit Betten von Völker ausgestattet.
In der großen Produktionshalle ist am Freitag (27.11.) um elf Uhr für zehn Minuten Pause. Dann ertönt eine Klingel, die Maschinen und Fließbänder laufen an. Es wird wieder gearbeitet. Im Hintergrund läuft Gute-Laune-Musik. Rund 200 Betten werden derzeit pro Woche bei Völker gefertigt. „Unsere Beschäftigten sollen an unseren Konzepten mitarbeiten“, sagt Geschäftsführerin Risch. Erst vor Kurzem habe es eine große Mitarbeiterversammlung gegeben, wo jeder seine Ideen einfließen lassen konnte.
Es wird in zwei Schichten produziert
Denn der Erfolg stehe und falle mit den Angestellten, so Risch. Sie alle haben sich bereit erklärt, in zwei Schichten zu arbeiten. Einmal von halb sechs Uhr morgens bis 13.30 Uhr, dann von 14.15 Uhr bis 22 Uhr. „Alle nehmen verschiedene Eingänge und so kommt sich keiner in die Quere“, beschreibt Betriebsleiter Jörg Herrmann die Arbeit in Zeiten von Corona.
Von Witten aus gehen die Produkte in die Welt. So werden auch Kliniken in der Schweiz, Österreich oder England beliefert. Dafür sind Vertriebsmitarbeiter direkt vor Ort, um nahe am Kunden zu sein.
Völker reagiert mit neuem Produkt auf die Digitalisierung
Symbolische Gehaltserhöhung
Die Firma Völker hat die Gehälter für ihre Mitarbeiter um einen Prozent erhöht. „Das ist eher symbolisch gemeint. Wir wollen uns so bei den Mitarbeitern bedanken“, sagt Geschäftsführerin Yvonne Risch .
Bei der neuen Imagekampagne soll es auch einen Newsletter für die Kunden geben, die so ständig über neue Produkte auf dem Laufenden gehalten werden. Ab Montag startet die Kampagne auf www.voelker.de .
Kommt man mit der Produktion überhaupt noch nach? „Ja“, sagt Betriebsleiter Herrmann. Dennoch würden die Mitarbeiter auch an Samstagen arbeiten, wenn es notwendig sei.
Mit dem „Nachttisch 4.0“ kommt jetzt ein neues Produkt auf den Markt. Hier können Patienten zum Beispiel durch USB-Anschlüsse ohne Probleme ihr Handy oder Tablet laden. „Die Digitalisierung wird immer wichtiger und wir sehen, dass viele Krankenhäuser so etwas nicht haben“, so Vertriebsdirektor Borchert. Völker nutzt solche Nischen und entwickelt sich weiter. Die Corona-Krise hat dem Unternehmen dabei in jedem Fall Auftrieb gegeben.