Witten. Wie wollen Wittens Parteien in der neuen Ratsperiode zusammenarbeiten? Bürgermeister König wird wohl auf wechselnde Mehrheiten angewiesen sein.

Vermeintlich still ist es in der Wittener Politik, die doch mit der konstituierenden Ratssitzung am 3. November Fahrt aufnehmen soll. Dann wird nicht nur der neue Bürgermeister vereidigt, auch die Ausschüsse und Posten werden besetzt. Doch gut sechs Wochen nach der Kommunalwahl ist immer noch nicht klar: Wie will Wittens neuer König eigentlich regieren?

SPD: 25,2 Prozentpunkte, CDU: 23,2, Grüne 20,6: Mit diesen Stimmenverhältnissen nach der Kommunalwahl vom 13. September ist es schwer, feste Bündnisse aufzubauen. Die GroKo der letzten Jahre hat keine Mehrheit mehr. Doch die großen Wittener Parteien lassen sich nicht in die Karten schauen, in welcher Konstellation sie demnächst zusammenarbeiten wollen. „Wir befinden uns noch in internen Gesprächen“, blockt Wittens SPD-Parteivorsitzender Axel Echeverria eine Anfrage unserer Redaktion ab. Auch CDU-Parteichef Ulrich Oberste-Padtberg spricht lediglich von „vernünftigen und fairen Gesprächen“. Wichtig sei es, dass der Rat sich konstituiert, „ohne dass es ein Hauen und Stechen gibt“. Und er sagt ganz klar: „Die Wittener CDU führt zurzeit keine Koalitionsgespräche.“

Grüne zweifeln an „stabiler politischer Mehrheit“

Ulrich Oberste-Padtberg, CDU-Stadtverbandsvorsitzender in Witten.
Ulrich Oberste-Padtberg, CDU-Stadtverbandsvorsitzender in Witten. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

Und was planen die Grünen, die großen Gewinner der Kommunalwahl? Fraktionsvize Jan Richter erklärt die „Ruhe im System“ mit der „alles überlagernden Corona-Problematik“ und der derzeitigen Umbruchstimmung. Die alten Fraktionen seien noch im Dienst, so laufen in dieser Woche noch zwei Ausschüsse. Danach werde es einen neuen Rat, „mit ganz, ganz vielen neuen Gesichtern geben“. Er sagt: „Wir müssen gemeinsam gucken, wie wir mit der Situation in Witten umgehen. Aber dass es eine stabile politische Mehrheit in dieser Ratsperiode gibt, darf man bezweifeln.“

Jan Richter, Fraktionsvize der Wittener Grünen  
Jan Richter, Fraktionsvize der Wittener Grünen   © Anneke Dunkhase Fotografie

Auch in der politischen Gerüchteküche hört man immer wieder eine Idee von „großen Leitlinien“, auf die sich die drei großen Parteien verständigen würden. Damit wäre Bürgermeister Lars König auf wechselnde Mehrheiten angewiesen.

Michael Hasenkamp bildet mit Witten Direkt-Kandidat eine Fraktion

Bei den kleineren Wittener Parteien dagegen tut sich was. Für ein gewisses Befremden haben bereits Andreas Günzel (Witten Direkt) und Michael Hasenkamp (Stadtklima) gesorgt. Günzel hatte erst das Mandat seines sozial engagierten Parteifreundes Hans-Peter Skotarzik übernommen. Nun hat er sich mit Hasenkamps konservativer Stadtklima-Partei zu einer Fraktion zusammengeschlossen. Hasenkamp gab dies auf seiner Facebook-Seite bekannt: „Damit ist die Wählergemeinschaft Stadtklima Witten mit zwei Ratsmitgliedern handlungsfähig positioniert“, schreibt er. „Andreas und ich werden engagiert und spürbar den konservativen Wandel für Witten unterstützen.“ Als Einzelkämpfer im Rat hätten beide wenig bewirken können. Nun erhalten sie einen Ausschuss-Sitz – und damit auch Gelder.

Eckard Hülshoff trat als Spaßpolitiker für „Die Partei“ an. Nun soll er angeblich eine neue politische Heimat suchen.
Eckard Hülshoff trat als Spaßpolitiker für „Die Partei“ an. Nun soll er angeblich eine neue politische Heimat suchen. © Die Partei

Parteien fordern zwei weitere Ausschüsse

Gleich mehrere Fraktionen fordern für die neue Ratsperiode die Einrichtungen von zwei neuen Ausschüssen für die Themen Klima und Digitalisierung. Das Bürgerforum, die Linken und die Piraten haben deren Bildung für die Ratssitzung am 3. November jeweils beantragt. „Beide Themen haben heute und in der Zukunft ein viel zu großes Gewicht, als dass sie nebenbei in einem anderen Ausschuss abgehandelt werden können“, sagt zur Begründung Martin Strautz, dem die Themen als Bürgermeisterkandidat des Bürgerforums am Herzen lägen.

Nach gegenwärtigem Stand hat Witten bereits elf Ausschüsse, wobei es für jede Kommune Pflicht- und freiwillige Ausschüsse gibt, so Norbert Gärtner, Leiter des Bürgermeisterreferats. Zwei zusätzliche Ausschüsse würden für die Verwaltung einen Mehraufwand bedeuten, da jede Sitzung vor- und nachbereitet werden muss.

Diese „Flexibilität“ von Andreas Günzel haben viele Wittener Politiker mit Kopfschütteln registriert. „Nach der letzten Wahl ist er mal eben von der CDU zu „Witten direkt“ gegangen, jetzt springt er zu Herrn Hasenkamp - beide Male mit dem Ergebnis, dass wie von Zauberhand eine neue Zwei-Mann-Fraktion entsteht mit erheblichen Kosten für den Wittener Haushalt“, kommentiert das Prozedere Christoph Malz (SPD).

Auch die Spaßpartei sucht ein neues Zuhause

Auch zu einem weiteren „Überläufer“ gibt es in Witten Gerüchte. Das Schicksal der politischen Bedeutungslosigkeit hätte auch Eckhard Hülshoff gedroht. Der Rechtsanwalt hat für „Die Partei“ einen Sitz im Stadtrat erworben. Danach soll es Kontakte zu mehreren kleinen Parteien gegeben haben. Hülshoff betont, er sei noch in Gesprächen. Auf Anfrage bestätigt aber Norbert Gärtner vom Bürgermeisterreferat, dass das Bürgerforum eine weitere Person für den Stadtrat angemeldet hat. Die Partei war nach der Wahl von sieben auf vier Sitze im Kommunalparlament abgerutscht – nun hat sie also fünf Sitze.

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