Witten. In wenigen Wochen geht das Amazon-Sortierzentrum in Witten in Betrieb. Lager-Mitarbeiter werden noch gesucht – sogar mit Plakaten.
Drei neue Logistikzentren sind in kurzer Zeit in Witten entstanden. Das kommt dem heimischen Arbeitsmarkt durchaus zugute. Weil Amazon in wenigen Wochen sein Sortierzentrum an der Brauckstraße in Betrieb nehmen möchte, werden Arbeitskräfte zurzeit händeringend gesucht. Die Zeitarbeitsfirma Randstad wirbt sogar auf Plakaten im ganzen Stadtgebiet um Sortierer.
Wer im Stau vor der Baustelle Brauckstraße steckt, kann die Silhouette des neuen Logistikzentrums erahnen. Hinter dem leergezogenen Faiveley-Verwaltungsgebäude und Bauhaus steht die knapp 35.000 m² große Lagerhalle mit zig Lkw-Verladerampen. „Derzeit rechnen wir damit, dass wir bis November den Betrieb aufnehmen“, so Amazon-Sprecherin Nadiya Lubnina. Im Sortierzentrum würden bis zu 300 Mitarbeiter beschäftigt, je nach Sortiervolumen.
Amazon-Arbeiter werden bei Zeitarbeitsfirmen angestellt
Im Wittener Amazon-Sortierzentrum kommen Pakete aus den europäischen Logistikzentren an. Sie werden sortiert und für die letzte Meile zu den Verteilzentren der Lieferpartner gebracht. „Der Standort ist also kein Lager oder Zwischenpuffer“, betont die Amazon-Sprecherin.
Die neuen Mitarbeiter sollen sich in Rüdinghausen um „Verpackung, Verladung und Versand der Waren mit den entsprechenden Hilfsmitteln“ kümmern, heißt es in der Stellenausschreibung. Angestellt werden sie nicht direkt bei Amazon, sondern bei Zeitarbeitsfirmen wie Adecco oder Randstad. „Deswegen gibt es auch keine genaue Anzahl an Stellen, die besetzt werden. Es wird immer wieder nachgeschoben“, erklärt Ulrich Brauer von der für Witten zuständigen Agentur für Arbeit in Hagen.
Einstiegslohn bei Amazon in Witten: 11,61 Euro pro Stunde
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Die Zeitarbeitsfirmen werben mit einem Stundenlohn von 11,61 Euro, Sozialleistungen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld, Interessensvertretung durch einen Betriebsrat und guten Chancen auf eine spätere Übernahme. Ein Knackpunkt an diesem Angebot könnten die Arbeitszeiten sein: Schichtarbeit im wöchentlichen Wechsel wird angekündigt (Früh: 6.15 bis 15 Uhr / Spät: 15 bis 23.45 Uhr).
„Für unqualifizierte Arbeitskräfte ist die wachsende Logistikbranche dennoch eine super Chance“, sagt Brauer. „Arbeitgeber, die noch nicht einmal einen Hauptschulabschluss fordern, die über Mindestlohn zahlen und eine Zukunftsperspektive bieten, gibt es nicht viele.“ Logistikzentren entstünden zurzeit zuhauf im Ruhrgebiet. In Regionen wie Hamm oder Unna sei der Arbeitsmarkt bereits leergefegt.
Arbeitsagentur hat bereits über 200 Bewerbungen weitergeleitet
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Für Witten gelte diese Aussage nicht. Mehr als 200 Vorschläge habe die Arbeitsagentur den Zeitarbeitsfirmen im September gemacht. Auch das Jobcenter in Schwelm habe Wittener vermittelt, die zum Beispiel keinen Schulabschluss oder nur geringe Deutschkenntnisse haben.
Logistikbranche statt Industrieproduktion
Der Internetriese Amazon ist mit seinem Sortierzentrum bereits der dritte Logistikkonzern, der sich im Gewerbegebiet rund um die Brauckstraße angesiedelt hat. Hermes verschickt seit Juni 2019 Pakete vom Salinger Feld aus. Im März 2020 ging das Logistikzentrum des chinesischen Amazonhändlers Euziel in Betrieb.
Die Logistikzentren sind auf Flächen entstanden, auf denen einst Industriebetriebe wie HP Pelzer oder Faiveley produzierten. Häufig fiel das Argument, Witten hätte hochwertige Arbeitsplätze gegen Aushilfsjobs in der Logistikbranche eingetauscht. Dazu bezog Bürgermeisterin Sonja Leidemann folgendermaßen Stellung: „Wer einmal in der Pelzer-Produktion war, hat gesehen, in was für einem schlechten Zustand der Betrieb war und dass es dort nicht nur hochqualifizierte Mitarbeiter gearbeitet haben.“ Das Gewerbegebiet sei jetzt deutlich besser ausgelastet – und zukunftssicher.
Mit dem Spruch „Ihre Job-Chance in Witten“ plakatiert Randstad im Stadtgebiet, um Arbeitskräfte zu finden. An der Ardeystraße hängen gleich drei großformatige Plakate. Plakatwerbung statt Stellenanzeige gibt es selten, warum geht die Zeitarbeitsfirma diesen Schritt? „Uns geht es um die Bekanntmachung des Standorts und den Start der Rekrutierung“, so Randstad-Sprecherin Helene Schmidt. Mit der Werbung wolle man Leute ansprechen, die nicht aktiv nach Stellen suchen und die man daher über die klassische Kanäle nicht erreiche. Wobei sie mit „klassisch“ inzwischen Internet-Portale meint.