Witten. In der Corona-Krise sind dem Wittener Autozulieferer HPC bis zu 85 Prozent seines Umsatzes weggebrochen. Stellenabbau wird nicht ausgeschlossen.

Die Corona-Pandemie hat auch die deutsche Autoindustrie hart getroffen. Die Auswirkungen davon bekommt der Wittener Zulieferer HPC deutlich zu spüren. An der Westfalenstraße werden Getriebe- und Karosserieteile wie zum Beispiel Heck- und Frontklappenscharniere für die großen deutschen Autobauer gefertigt. Im April ist der Umsatz des Unternehmens um 85 Prozent eingebrochen, zwischen März und Juni im Schnitt um 50 Prozent. Und die weiteren Aussichten sind nicht rosig.

„Für die zweite Jahreshälfte rechnen wir mit höchstens 70 Prozent unseres sonstigen Umsatzes“, sagt Geschäftsführer Peter Flaschel. 2021 und 2022 könnte sich der Umsatz dann wieder auf etwa 85 Prozent erholen. Damit, dass sich die Nachfrage schnell wieder auf Vorkrisen-Niveau bewegen wird, rechnet der Maschinenbauingenieur aber nicht. „Wir sind zu 100 Prozent von der Autoindustrie abhängig.“

Hälfte der Mitarbeiter war im April in Kurzarbeit

Rund die Hälfte der 220 Mitarbeiter war im April in Kurzarbeit. „Da hatten wir hier teilweise einen kompletten Shutdown und haben über zwei Wochen lang gar nicht produziert“, erzählt Geschäftsführer und Mit-Eigentümer Flaschel. Derzeit fährt HPC statt drei nur ein bis zwei Schichten. Man setze weiter konsequent auf Kurzarbeit, um möglichst viele Mitarbeiter halten zu können.

Auf 47 000 Quadratmetern zieht sich das Werksgelände des Autozulieferers HPC an der Westfalenstraße hin.  
Auf 47 000 Quadratmetern zieht sich das Werksgelände des Autozulieferers HPC an der Westfalenstraße hin.   © Volker Miebach

„Wir fahren derzeit auf Sicht“, erläutert Flaschel. „Aber wenn es weiter so läuft, können wir nicht ausschließen, dass wir Personal abbauen müssen“, so der gebürtige Sauerländer. Wann und in welchem Umfang das passieren könnte, ist ungewiss.

HPC hat vor einem Jahr eine Transfergesellschaft gegründet

Man würde aber in jedem Fall sozialverträgliche Lösungen mit der Arbeitnehmervertretung aushandeln, versichert Flaschel. Und verweist auf den relativ hohen Altersdurchschnitt der Beschäftigten. Diese könnten die Zeit bis zur Rente im Fall der Fälle in einer Transfergesellschaft überbrücken, die bereits seit einem Jahr existiert. Aktuell sind dort 14 HPC-Mitarbeiter für ein Jahr angestellt.

Seit der Übernahme des Standorts von Metalsa im Jahr 2015 durch Flaschel und den Hauptgesellschafter Cornel Müller vom Familienunternehmen Schmiedetechnik Plettenberg sinkt die Mitarbeiterzahl beständig. Waren beim vorigen Eigentümer noch rund 340 Menschen beschäftigt – 40 davon als Zeitarbeiter –, fertigten 2017 noch 240 Mitarbeiter Getriebeteile an der Westfalenstraße. Heute sind es 220, darunter zehn Auszubildende.

Automobilzulieferer setzt auf Automatisierung

„Wir automatisieren bei neuen Projekten deutlich mehr als zuvor“, sagt Geschäftsführer Flaschel. Das sei die Basis für die Wettbewerbsfähigkeit des in Witten ansässigen Unternehmens. „Denn wir konkurrieren ja mit Low-Cost-Standorten.“ Anfang 2019 installierte HPC etwa eine vollautomatische Linie für Frontplattenscharniere.

Schon im Vorjahr hatte der Automobil-Zulieferer den Abschwung auf dem Automarkt zu spüren bekommen. Der Jahresumsatz sank von über 38 Millionen Euro (2018) auf 35 Millionen. „Die Diskussion um Fahrverbote in Innenstädten und die Debatte um die Zukunft der Mobilität haben viele Menschen verunsichert“, so der 55-Jährige.

Schutzschirm-Kredit soll durch die Krise helfen

Ein KfW-Darlehen aus dem Corona-Schutzschirm der Regierung über 2,85 Millionen Euro soll der Firma nun durch die Corona-Krise helfen. Es ist bereits bewilligt. „Aber wir sind darauf angewiesen, dass Autos gebaut werden“, so Flaschel. Deshalb hätte er eine Kaufprämie auch für Diesel und Benziner im Konjunkturprogramm der Bundesregierung begrüßt. Die Mehrwertsteuersenkung werde „verpuffen“, ist er sich sicher.

Stetige Investition in Maschinen und Werkzeuge

HPC steht für „High Precision Components“, zu deutsch Hochpräzisions-Komponenten. Hauptkunde mit etwa 60 Prozent ist die VW-Gruppe mit ihren Töchtern Porsche, Audi und Seat. BMW und Mercedes zählen ebenfalls zu den Abnehmern der Wittener Firma.

Für neue Projekte muss stetig in neue Maschinen und Werkzeuge investiert werden. Seit 2015 waren das für Maschinen insgesamt acht Millionen Euro, für Werkzeuge vier Millionen.

Das Werksgelände erstreckt sich auf 47 000 Quadratmetern, davon sind rund 21 000 Quadratmeter Produktionsfläche.

Insgesamt ist das Unternehmen aber für den Umstieg auf Elektromobilität gerüstet. In der aktuellen Serienproduktion nehmen Bauteile für E-Autos rund zehn Prozent ein. Aber bereits mehr als die Hälfte der neuen Komponenten, die das Unternehmen aktuell für seine Kunden entwickelt, werden künftig in Elektro- und Hybridautos verbaut werden.

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