Witten. Die wachsende Kirmesmeile auf dem Hohenstein in Witten hat Konsequenzen. Der Besitzer von Haus Hohenstein will seinen Biergarten nun schließen.
Wen das Blinken des Kinderkarussells nebenan nicht stört, der kann am Sonntagnachmittag noch seinen Kaffee auf der Terrasse von Haus Hohenstein trinken. Dazu gibt es leckeren Apfelkuchen mit Sahne. Die Betonung liegt auf „noch“. Der Besitzer von Haus Hohenstein, Ajit Grewal, hat angekündigt, seinen Biergarten in Kürze zu schließen. Damit ginge eine der schönsten Café-Lagen Wittens zumindest für die breite Öffentlichkeit verloren.
Grewal zieht nach eigenen Angaben die Konsequenzen daraus, dass die Stadt jahrelang einen fliegenden Händler nach dem nächsten vor seiner Tür zuließ, ohne Rücksicht auf seine Gastronomie zu nehmen. Dabei habe sich die Bürgermeisterin nach dem Verkauf von Haus Hohenstein gewünscht, dass dort jeder Wittener weiter seinen Kaffee bekommen solle. Während er unterschiedlichste Steuern zahle, müssten die fliegenden Händler auf dem Parkplatz nicht mal eine Standgebühr entrichten. In anderen Städten gebe es zumindest „Bannmeilen“ für solche Fälle.
Restaurant schon nach dem ersten Jahr auf dem Hohenstein in Witten geschlossen
Den Restaurantbetrieb, den Grewal im ersten Jahr noch führte, hat er längst aufgegeben. „Wie sollte ich denn mit Würstchenpreisen von 3,50 Euro mithalten?“ Der 49-Jährige spricht von einem regelrechten Preiskampf. Wie berichtet, hat sich der Parkplatz auf dem Hohenstein inzwischen zu einer kleinen Kirmesmeile ausgedehnt.
Stadt lässt Händler seit Jahren zu
Vier Gewerbetreibende haben laut Stadt die Erlaubnis, den Behelfsparkplatz am Hohenstein mit ihren Verkaufswagen zu befahren: zwei Eiswagen, ein Imbisswagen und ein Wagen, der Crepes verkauft. Solche Genehmigungen würden dort schon seit vielen Jahren erteilt.
Mit der „Kirmes“ hat die Stadt Witten eigenen Angaben zufolge nichts zu tun, da sie auf dem Privatgelände der Gaststätte aufgebaut sei. Gemeint ist Haus Hohenstein.
Wo anfangs mal ein Eiswagen stand, stehen heute bei schönem Wetter gleich zwei, drei oder vier Hörnchenverkäufer. Hinzu kommen ein Imbiss- und ein Crepe-Wagen. Dass sich allerdings auf der Zufahrt zu Haus Hohenstein jetzt auch noch ein Kinderkarussell drehen und ein Schausteller Mandeln wie auf der Kirmes verkauft, das hat Ajit Grewal selbst erlaubt. Denn es handelt es sich um sein Grundstück.
Dafür überweisen ihm diese Händler Geld für die „Dr.-Grewal-Stiftung“, die Projekte zur Gesundheitsförderung von Armen in Indien unterstützt. Insofern könne er gut mit „jedem Kinderlachen auf einem Karussell leben, wenn damit ein Essen für Kinder in Indien bezahlt wird“. Ob historisches Kettenkarussell oder Entenangeln – Grewal zeigt sich offen für weitere kirmesähnliche Angebote.
Mehr Platz für Hochzeitsfeiern nach Schließung desBiergartens in Witten
Schließt er wie angekündigt in Kürze den Biergarten, will der studierte Mediziner künftig beide Seiten des Hauses für Hochzeitsgesellschaften nutzen – wenn es denn irgendwann mit Corona vorbei ist. Sollten Feiern unter Auflagen wieder möglich werden, hat er bereits vorgesorgt. Auf der Terrasse steht ein großes Zelt mit rotem Teppich, nicht zuletzt der „besseren Durchlüftung“ wegen.
Die Café-Gäste würden das Aus allerdings bedauern. „Schade“, sagt Ingrid Minkau, die mit Mann und Hund seit Jahren regelmäßig mehrmals pro Woche Haus Hohenstein besucht. Natürlich hätten sie Verständnis dafür, dass auch die Schausteller gerade jetzt wieder Geld verdienen wollten, sagt ihr Mann Günter. Aber noch mehr Buden fände Werner Kanieki, der an diesem Sonntagnachmittag mit am Tisch sitzt, „fatal“.
Hotelbetreiber will Ratsfraktionen in Witten anschreiben: „Quo vadis, Hohenstein?“
Hotelbetreiber Grewal stellt die grundsätzliche Frage, „wo wir mit dem Hohenstein hinwollen“. Er denkt daran, einmal die Ratsfraktionen anzuschreiben. Und betont: „Ich bin für alles offen.“ Wenn die Stadt auf ihn zukäme und sagte, „wir wollen hier wieder ein richtiges Naherholungsgebiet machen“, sei er flexibel – weshalb auch die angekündigte Biergartenschließung noch nicht das letzte Wort sein müsse. Stadtmarketing-Chefin Silvia Nolte hatte ihrerseits angekündigt, den Hohenstein neu bespielen zu wollen. An Kirmesbuden dürfte sie dabei weniger gedacht haben.
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