Witten. Das eigene Gesicht zeigen, trotz Maske? Lutz Neugebauer aus Witten hat ein Verfahren entwickelt, bei dem das Gesicht auf die Maske gedruckt wird.
In Zeiten der Maskenpflicht ist von unseren Gesichtern nur die Hälfte zu sehen. Weil dies manchen irritiert, hatte Lutz Neugebauer vom Nordoff/Robbins-Zentrum in Witten eine Idee. Der Musiktherapeut druckte die untere Hälfte seines Gesichts auf eine weiße Maske. Zuvor musste mit einem Computerprogramm eine Fotovorlage entsprechend verzerrt werden. So entsteht ein täuschend echter Mund-Nasen-Schutz.
Zunächst war das Projekt noch ausbaufähig. „Wenn ich einfach nur ein Foto vom unteren Teil meines Kopfes auf den Stoff druckte, hatte ich vier Ohren“, erzählt der Bommeraner und lacht. Mit seinem Sohn, der Kunst studiert, tüftelte der Wittener die richtige Methode aus.
Wittener Musiktherapeut bekam viele positive Rückmeldungen
„Das Ganze nennt sich Anamorphose und bedeutet einfach gesagt, dass das Foto des Gesichts mithilfe eines Computerprogrammes seitlich gestreckt, also in die Breite gezogen, und anschließend wieder gewölbt wird“, erklärt Lutz Neugebauer. Dann setzt er sein Kunstwerk auf. Und tatsächlich: Außer, dass sich sein Mund beim Sprechen nicht bewegt, ist der Effekt täuschend echt. Von nun an trägt der Musiktherapeut die Maske bei der Arbeit. „Ich bekam sehr positive Rückmeldungen für meine Erfindung und viele, die ich traf, wollten auch gerne so eine Maske“, erzählt er.
Das Nordoff/Robbins-Zentrum
Das „Nordoff/Robins Zentrum für Musiktherapie für behinderte Kinder und seelisch erkrankte Erwachsene“ gibt es seit 2005. Das Institut befindet sich an der Ruhrstraße 70, in der „Villa Albert Lohmann“.
Deutschlandweit gibt es nur wenige solcher ambulanter Einrichtungen. Die Arbeit finanziert sich komplett aus Spenden. Lutz Neugebauer verwendet viel Zeit darauf, neue Sponsoren zu finden. Durch die Corona-Krise würden die Spenden weniger, sagt er.
Weil ambulante Musiktherapie nicht von den Krankenkassen unterstützt wird, muss Lutz Neugebauer auch als Unternehmer arbeiten. Unterstützt wird er dabei von Jochen Holtrup. Damit sie ihre Vision, kranken Menschen durch Musik zu mehr Lebensqualität zu verhelfen, umsetzen können, sind sie auf Spenden und Stiftungen angewiesen. In Corona-Zeiten sei das noch schwieriger, als ohnehin schon. Neue Projekte mussten her. „Wir haben im Internet eine Seite eingerichtet, auf der sich jeder für wenig Geld eine Fotovorlage zum Aufdrucken auf die Maske erstellen kann“, sagt Sozial-Unternehmer Holtrup. Er selbst habe gemerkt, dass gerade bei autistischen Kindern eine noch größere Verunsicherung entstehe, wenn ihr Gegenüber eine Maske trägt. Doch nicht nur die Kinder, auch ältere Patienten, die unter Demenz leiden, seien irritiert.
Das Drucken und Nähen liegt in der Hand des Kunden
„Wir sind zweigeteilt durch die Maske. Mit dem Fotodruck auf dem Mundschutz sehen wir viel freundlicher aus“, sagt Holtrup. Sein Unternehmen stellt für die Bildbearbeitung und Vorlagenerstellung 50 Cent in Rechnung. „Aber natürlich kann noch mehr gespendet werden“, so der Unternehmer. Textildruck und das Vernähen der Vorlage bleiben dann in der Hand des Kunden.
Für Interessierte gibt es nun die Homepage www.myface2mask.com, auf der die Fotovorlage für die Maske erstellt werden kann. Benötigt wird ein Lineal oder Maßband sowie ein Foto. Das Bild wird online hochgeladen und mithilfe des Programms so bearbeitet, dass die Proportionen stimmen. „Nach der Zahlung bekommt der Kunde das bearbeitete Foto als Datei zugeschickt, kann es ausdrucken und den nächsten Copyshop aufsuchen“, erklärt Holtrup. Die beiden Unternehmer empfehlen, die Fotos auf weiße T-Shirts drucken zu lassen und daraus die Maske selbst zu nähen.
„Eine herkömmliche Maske hat immer etwas Starres. Auch wenn man mit den Foto-Masken das Lächeln nicht sieht – das Gesicht ist trotzdem wichtig“, sagt Lutz Neugebauer. „Ich möchte erkennbar sein, aber die anderen trotzdem schützen.“ Das funktioniert, mit einer Nebenwirkung: Als er vor Kurzem einkaufen war, dachte die Verkäuferin, er trage gar keine Maske.