Witten. Historiker Klaus Wiegand hat ein reich bebildertes Buch über die Bommeraner Gastronomie geschrieben. Ein Stück Heimatgeschichte. Lesenswert.
Für sein neues Buch hat er rund neun Monate recherchiert, mit vielen Leuten gesprochen, die ihm Geschichten erzählten, etliche historische Fotos gesichtet. Klaus Wiegand, Historiker, Geograf und Wittener SPD-Ratsherr hat über den Aufstieg und Niedergang der früheren Gaststätten in seinem Stadtteil Bommern geschrieben. Ein reich bebildertes Buch, das viel über die Bommeraner Geschichte erzählt.
Der letzte deutsche Wirt – im klassischen Sinne –, der in Bommern noch hinter dem eigenen Tresen steht, ist heute Wolfgang Prust, der sein Traditionslokal Haus Schulze an der Straße Auf dem Brenschen betreibt. Aufgrund der Corona-Lage muss die Kegelbahn seiner Gaststätte derzeit leider geschlossen bleiben. Vor dem Zweiten Weltkrieg habe es noch 25 Wirtshäuser in Bommern gegeben, sagt Klaus Wiegand, der auch Vorsitzender des Heimat- und Geschichtsvereins seines Ortsteils ist. In früheren Zeiten seien Gasthäuser und Kneipen wichtige Begegnungsstätten gewesen. „Sie waren für die Menschen ein zweites Wohnzimmer, eine zweite Heimat." Denn viele Familien hätten kleine Wohnungen und mehrere Kinder gehabt. Entspannung hätten die Männer in der Kneipe an der Ecke gefunden.
In den 50er Jahren gab es ausgelassenen Sitzungskarneval im Gloria
An „Bommerns Hauptverkehrsachse" - dem Bodenborn, der Elberfelder und der Bommerholzer Straße - gab es anno dazumal die meisten Kneipen. Allein an der Einmündung zur Wengernstraße vier - Zappe, den Dorfkrug, die Sportlerklause und das Gloria. Im Gloria und seinem großen Saal wurde nicht nur getanzt und gefeiert, sondern auch Bommeraner Ortsgeschichte geschrieben, berichtet Wiegand. „Die Gaststätte verfügte über den größten Saal in Witten, den es in der Zeit nach 1945 in unserer Stadt gab." Zwischen 1954 und 1960 sei dort sogar ausgelassen Sitzungskarneval gefeiert worden. Kaum zu glauben.
Auch eine ehemalige Bommeraner Institution: Das Restaurant Heinrich Sandkühler/Haus Wand, an der Elberfelder Straße gelegen. Ein „erwähnenswerter Wirt" sei dort in den 50er Jahren Gustav Dellmann gewesen. „Stinnes", so Wiegand, habe nach seiner Arbeit als Schornsteinfegermeister hinter dem Tresen gestanden und dort nicht nur Bier gezapft, sondern seine Gäste auch gut unterhalten. 2007 wurde Haus Wand geschlossen. Auf dem Grundstück entstanden 21 Eigentumswohnungen.
Beim „Hotel Belle-Vue" gab es eine Promenade, auf der die Damen flanieren konnten
Die größte Restauration in Bommerholz war einst Haus Euler, das an der Bommerholzer Straße über einen Saal mit Bühne für 240 Menschen verfügte. Autor Klaus Wiegand zitiert aus der Speisekarte - „lokal bis fein und international". Viele Jahre sei auch die Poststelle Wasserturm im Haus untergebracht gewesen. Natürlich findet im Buch auch der Campingplatz Steger mit seinem Biergarten am Ende der Bommeraner Uferstraße, am Spiek, Erwähnung. Seit 1931, so Wiegand, betreiben die Stegers am Ufer der Ruhr eine Gastwirtschaft. Seit 1990 führt Hans-Peter Steger den Betrieb. Ein Ruhrgebietsmensch der besonderen Art, den wohl jeder Wittener kennt.
Was heute nur noch wenige wissen: Direkt an der Bommeraner Ruhrbrücke stand einst das Hotel-Restaurant Ruhrhof. Entstanden war die Hotelgastronomie schon 1891 unter dem Namen „Hotel Belle-Vue". Wiegand: „Dem Hotelkomplex war eine Promenade vorgelagert, auf der die Damen die neuesten Kreationen der Putzmacherinnen vorführen konnten." Lang ist es her. Heute steht an dieser Stelle der Wohnkomplex „Ruhrhof".
>>>Das Buch
Klaus Wiegands über 100 Seiten starkes Buch „Bommerns Gastronomie, Aufstieg und Niedergang der Gaststätten" wurde herausgegeben vom Heimat- und Geschichtsverein Bommern.
Für 11,80 Euro kann man das Buch bei der Buchhandlung Lehmkul (Marktstr. 5) und der Bundes-Verlag-Buchhandlung (Bodenborn 43) kaufen.