Witten. . Klaus Wiegand hat ein reich bebildertes Buch über die Wirtschaftsgeschichte Bommerns geschrieben. Von Köttern, Bauern, Bergleuten und Unternehmern.

Wer weiß schon, dass das Schloss Steinhausen Mitte des 19. Jahrhunderts einmal dem Bürgermeister von Amsterdam gehörte? Oder dass es in Bommern einmal einen Ziegenzuchtverein gab – und 1926 sage und schreibe 22 Gaststätten? Wer mehr darüber erfahren möchte, wie die Bommeraner in der Landwirtschaft, im Bergbau, in Betrieben der Metall- und Elektroindustrie einst ihr Geld verdienten, der sollte einen Blick in das neue Buch von Klaus Wiegand werfen: „Arbeitsplätze in Bommern/Bommerholz im Wandel der Zeit“.

Der Titel des 209 Seiten starken und mit historischen Fotos reich bebilderten Buches klingt nüchtern, der Inhalt ist umso spannender. Wiegand, Vorsitzender des Heimat- und Geschichtsvereins Bommern, hat mit Menschen gesprochen, die – oder deren Vorfahren – ein Teil der Bommeraner Wirtschaftsgeschichte sind. Etwa mit Horst Stratmann, dem noch letzten aktiven Kötter, und mit Friedrich-Wilhelm Thiele, dem noch einzigen Vollbauern im Stadtteil, dessen Familie ausschließlich von der Landwirtschaft lebt.

1905 gab es über 3900 Bommeraner

Klaus Wiegand, Historiker und Geograf, hat sich auch mit Friedrich Oberste-Frielinghaus unterhalten. Ihm gehört das Schloss Steinhausen, das Bethaus, über 28 Hektar Ackerland und viel Wald. Seine Vorfahren haben sich ebenso wie die Bommeraner Familie Niederste-Frielinghaus einst an Kohlebergwerken beteiligt.

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Der Leser erfährt etwas über die Bevölkerungsentwicklung im Stadtteil, der 1929 zu Witten kam. 1804 lebten etwa 348 Einwohner in Bommern, 1839 bereits 1590, 1905 dann 3922. Der Autor nennt die Gründe des Bevölkerungszuwachses: ein deutlicher Anstieg der Geburten und eine hohe Zuwanderung von jungen Menschen aus der näheren und weiteren Umgebung, die hier Arbeit im Bergbau fanden.

Wiegand beschreibt das Leben der Kötter, Besitzer von Kleinbauernstellen, von denen die meisten bis 1900 auf den damaligen Bommerschen Zechen beschäftigt waren. Mit einer Belegschaft von 600 Mann förderte 1896 die Zeche Vereinigte Bommerbänker Tiefbau 145 000 Tonnen Kohle, war damit damals der wichtigste Arbeitgeber. 1906, nach der Stilllegung der Zeche, blieb ein großer Teil der Kötter dem Bergbau treu, der sich nördlich der Ruhr ausweitete.

Der Autor beschäftigt sich auch mit der Geschichte des Schlosses Steinhausen, das ab 1732 den Freiherrn von Elverfeldt gehörte. 1851 wurde das Adelsgut dann an den damaligen Bürgermeister von Amsterdam, Dr. den Tex, verkauft.

Dünkelberg renovierte und modernisierte das Schloss Steinhausen

1893 erwarb Friedrich Wilhelm Dünkelberg die Gebäude. Der 1853 geborene Bauarbeiter und Schichtmeister wurde zum einflussreichsten Unternehmer Bommerns – bis zu seinem Tod 1933. Dünkelberg wohnte im Schloss Steinhausen, renovierte und modernisierte es und stattete es mit einer Zentralheizung aus.

Mit dem Besitz des Ritterguts hatte dieser auch die stillgelegte Zeche Nachtigall übernommen. Friedrich Wilhelm Dünkelberg betrieb Ackerbau, Vieh- und Forstwirtschaft und eine Ziegelei auf der Zeche Nachtigall. Seine Steine kamen auch beim Bau des Dortmunder Hauptbahnhofs zum Einsatz, wie Klaus Wiegand schreibt. Dünkelbergs Tochter Anna heiratete den Grundbesitzer Friedrich Wilhelm Albert Oberste-Frielinghaus. Nach Dünkelbergs Tod ging sein Besitz damit an die große Bauernfamilie.

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Neben Dünkelbergs Ziegelei war der Stahlhammer ein weiteres mittelgroßes Unternehmen in Bommern, das der Zeche Bommerbank vorgelagert war. Die Produktionspalette der Firma war groß: Schmiedestücke für Maschinenfabriken, Schiffs-, Berg- und Hüttenwerke, Ketten für den Eisenbahnbedarf. 1978 siedelte das Unternehmen nach Hamm um, wo es heute noch unter dem Namen „Stahlhammer Bommern“ tätig ist.