Witten. Der Rat hätte das Bürgerbegehren für einen grünen Kornmarkt in Witten noch nicht für unzulässig erklären dürfen. Es fehlte etwas Entscheidendes.
Der Rat hätte das geplante Bürgerbegehren für einen „grünen“ Kornmarkt Anfang Februar nicht stoppen dürfen. Damit wurde der Bürgerinitiative um das linke Ratsmitglied Carsten Samoticha die Möglichkeit genommen, weitere Unterstützerunterschriften zu sammeln. Das hat jetzt das Verwaltungsgericht Arnsberg per einstweiliger Anordnung festgestellt.
Bürgerinitiative in Witten jubelt: „Der Kornmarkt kann doch noch grün werden“
„Wir haben gewonnen“, freuen sich Samoticha, Kristen Irle und Rainer Gehrke, die stellvertretend für die Bürgerinitiative vor Gericht gegangen sind. „Der Kornmarkt kann doch noch grün werden“, hoffen sie nach dem offenbar rechtswidrigen Ratsbeschluss. Das Trio gehört zu jenen Kritikern, die eine Bebauung des Kornmarkts ablehnen und ihn als Luftschneise sowie „begrünte Kultur- und Begegnungsstätte“ erhalten wollen.
Ein Bürgerbegehren, für das knapp 5000 Unterschriften benötigt werden, führt dazu, dass sich der Rat wieder mit dem Thema befassen muss. Erklärt er es für zulässig, dann folgt ein Bürgerentscheid über die strittige Frage – in diesem Falle die vom vom Rat längst beschlossene komplexe Bebauung des Kornmarkts durch die List-Gruppe mit Wohnhäusern und Gewerbe. Allerdings bleibt ein Bürgerentscheid auch nach dem Erfolg der Kläger in weiter Ferne.
Initiatoren in Witten können jetztweiter Unterschriften sammeln
Zwar können die Initiatoren jetzt weiter Unterschriften sammeln – wozu sie laut Gericht keine Gelegenheit mehr hatten, nachdem der Rat das Begehren bereits am 3. Februar für unzulässig erklärt hatte, als ihm noch gar keine Unterschriften vorlagen. Das hätte er laut Gericht nur tun dürfen, wenn die Initiative eine Vorprüfung ihres Bürgerbegehrens beantragt hätte – was aber nicht der Fall war.
Allerdings sagt der Richterspruch nichts darüber aus, ob das Bürgerbegehren dann für zulässig zu erklären ist, wenn die Unterschriften tatsächlich vorliegen. Es ist eher damit zu rechnen, dass der Rat bei seiner Ablehnung schon aus formalen Gründen bleibt: Das Bürgerbegehren komme zu spät. Laut Stadt hätte es drei Monate nach dem Beschluss des Stadtentwicklungsausschusses am 8. März 2018, den Kornmarkt zu bebauen, angemeldet werden müssen – also spätestens bis zum 8. Juni 2018. Tatsächlich sei dies aber erst am 19. Dezember 2019 erfolgt.
Stadt Witten legt Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht ein
Die Kornmarkt-Initiative bleibt zuversichtlich. Sie sieht nun vor allem die „unmittelbare demokratische Willensbildung“ gestärkt. Den Bedarf, den Kornmarkt „grün“ zu gestalten, hält sie für dringender den je. „Die Sommer 2018 und 2019 waren erst der Anfang der Klimakrise“, heißt es. Die Bebauungsgegner warnen vor einem noch größeren Umfang des Projekts. So arbeite die Stadt derzeit dran, den Parkplatz zwischen Oldhouse und Johanniszentrum in die Planung einzubeziehen.
Die Stadt Witten kann innerhalb von zwei Wochen Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einlegen, was sie auch tun will. Sie hält das Bürgerbegehren weiterhin für unzulässig, weil es nicht fristgerecht einreicht worden sei. Der Rat hätte durchaus schon über die Zulässigkeit entscheiden dürfen, da er sich nicht neutral verhalten müsse. Man habe den Initiatoren auch weiteren Aufwand ersparen wollen.
Im Übrigen beziehe sich der Beschluss des Verwaltungsgerichts Arnsberg nur auf die Frage, ob der Rat bereits am 3. Februar über die Zulässigkeit entscheiden durfte. Stadtsprecher Jörg Schäfer: „Es ist ausdrücklich kein Beschluss über das Bürgerbegehren als solches.“.