Witten. Mit großer Mehrheit hat Wittens Rat das Bürgerbegehren „Grüner Kornmarkt“ für unzulässig erklärt. Scharf kritisiert wurden einzelne Initiatoren.
Das Bürgerbegehren „Grüner Kornmarkt“ ist am Montagabend (3.2.) erwartungsgemäß im Wittener Rat durchgefallen. Mit deutlicher Mehrheit wurde es fraktionsübergreifend für unzulässig erklärt.
Fünf Minuten hatte Kirsten Irle vom Bürgerbegehren anfangs Zeit, die Gründe gegen die bereits längst von der Politik beschlossene Bebauung und Neugestaltung des öffentlichen Platzes zu erläutern. Sie vermisste nicht nur die Beteiligung von Politik und Bürgern und mehr Grün im Sinne des Klimaschutzes. Die Landschaftsplanerin stellte auch die rechtliche Grundlage des Bebauungsbeschlusses im Stadtentwicklungsausschuss in Frage.
Sprecherin des Wittener Bürgerbegehrens: „Historischen Platz nicht wie Baulücke behandeln“
„Ein historischer Platz wie der Kornmarkt kann nicht wie eine Baulücke behandelt werden“, sagte Irle. Sonst dürfe man ja auch den Petersplatz in Rom bebauen. Die Wittener Innenstadt sei schon zu dicht bebaut. „Deshalb ist es wichtig, Grünflächen zu schaffen“, sagte Irle. Dazu sieht sie die Stadt auch aufgrund des Luftreinhalteplans 2016 für die Ruhrstraße in der Pflicht.
Lauter Protest erhob sich seitens der Verwaltung und der Parteien gegen den Vorwurf, die Bürgerbeteiligung sei zu kurz gekommen. Diese habe sie schon in ihrer Zeit als VHS-Chefin begleitet, sagte Bürgermeisterin Sonja Leidemann. Sie verwies außerdem auf „erhebliche“ Anstrengungen zur Luftverbesserung. „Gegen uns liegt keine Klage vor.“
SPD-Fraktionschef Uwe Rath nannte die Pläne für den Kornmarkt einen „zentralen Impuls für die Innenstadt“. Das Projekt „Wohnen im Johannisviertel“ sei eine Chance, die Attraktivität der Wittener City zu steigern und die Nachfrage nach modernem Wohnen zu befriedigen. 1000 m² des Grundstücks würden bebaut, 700 m² als öffentlicher Platz gestaltet. Mit diesem Platz sei die „Ausbildung einer grünen Mitte“ verbunden, so Rath. Viel zu lange hätten die Wittener schon auf eine Umgestaltung dieses „Herzstücks“ gewartet.
Wittener Pirat: Bürgerbegehren instrumentalisiert Klimaschutz
Von einem „guten Interessensausgleich“ sprach Stefan Borggraefe von den Piraten. Zur Zeit sei der Kornmarkt eine zubetonierte Fläche, „die nicht schön anzusehen ist“. Hier werde ein kleiner Park geschaffen und damit dem Bedürfnis nach einer Grünen Mitte Rechnung getragen. Den Initiatoren des Bürgerbegehrens warf er vor, „das Thema Klimaschutz zu instrumentalisieren“ und teilweise Dinge wie ein angeblich zusätzliches Gebäude „frei erfunden“ zu haben.
Dagegen stellte sich Achim Czylwick von Auf Witten auf die Seite der Bebauungsgegner. Die neuen Gebäudekörper würden den Platz klar dominieren. Er nannte die geplante Grünfläche ein „reines ökologisches Alibi“.
Harald Kahl vom Bürgerforum empfahl der Stadt, den Investor zu drängen, den Grünanteil noch zu erhöhen, etwa durch Elemente wie einen Dachpark. An die Adressaten des Bürgerbegehrens gerichtet, warnte er aber vor einer „Konfrontation der Konfrontation wegen“.
Wittener CDU-Fraktionschef: „An Dreistigkeit nicht zu überbieten“
CDU-Fraktionschef Klaus Noske verwahrte sich deutlich gegen den Vorwurf, die Bürger seien unzureichend beteiligt worden. Das sei an Dreistigkeit nicht zu überbieten. Hätte die Politik das Bürgerbegehren nicht für unzulässig erklärt, hätte die Bürgermeisterin diesen Beschluss in Frage stellen müssen, so Noske sinngemäß.
Der Christdemokrat spielte damit auf nicht eingehaltene Fristen an, wie sie die Gemeindeordnung vorsieht. Sie allein führten schon zur Ablehnung des Bürgerbegehrens aus formalen Gründen. Was das angeblich fehlende Grün angeht, sagte der Unionspolitiker: „Wir haben schon deutlich mehr reingebracht, als im ersten Plan gewollt war“. Noske sprach von einem tragfähigen Kompromiss.
In der Debatte ging es auch um Frust und Politikverdrossenheit. Die Bürgermeisterin warf Initiator Carsten Samoticha, der ein Ratsmandat der Linken hat, „pseudodemokratisches“ und demokratiefeindliches Verhalten vor. Leidemann: „Demokratieverständnis heißt auch, als Ratsmitglied Mehrheitsentscheidungen zu akzeptieren.“ Der Gescholtene kündige seinerseits an, das Bürgerbegehren werde weitermachen. Beim Sammeln der Unterschriften habe man festgestellt, dass sich der „Bürger nicht mehr vom Rat vertreten fühlt. Das ist traurig genug“.