Witten. Ostern in Corona-Zeiten: Bei traumhaftem Wetter hat es viele Wittener ins Freie gedrängt. Doch sie hielten Abstand. Nur nicht auf der Fähre.
Karsamstag und Ostersonntag hat das traumhaft warme Wetter wieder viele Wittener vor die Tür gelockt. Trotz Corona-Gefahr und Kontaktverbot überwog der Drang nach Bewegung an der frischen Luft. Vor allem am Kemnader See waren viele Ausflügler unterwegs. Doch offenbar haben sich die meisten an die Regeln gehalten und sind auf Abstand gegangen – zur Zufriedenheit der Polizei. „Wir sind Kontrolle gegangen. Aber Bußgelder wurden auf Wittener Gebiet nicht verhängt“, so ein Sprecher der Leitstelle.
Bereits am Vormittag tummeln sich auf dem Rheinischen Esel in Annen die Radfahrer. Auch Heike und Andreas Jäger zieht es am Ostersonntag zur alten Bahntrasse. Auf einer Bank im Schatten nutzt das Ehepaar die kleine Pause, um einen Video-Anruf bei der Familie zu machen. „Vor allem an Ostern ist es natürlich schade, nicht mit allen zusammen zu sein. Unser Enkelkind fehlt uns besonders“, sagt Heike Jäger. Ihren restlichen Ostertag wollen sie aber lieber zuhause verbringen: „Hier auf dem Rheinischen Esel ist es ab mittags viel zu voll“.
Ganz auf den Verwandtenbesuch, selbst bei Oma und Opa, wollen aber offenbar nicht alle zu Ostern verzichten. So sieht man in einer gepflegten Wohnstraße im grünen Teil Annens vor den Häusern auch Autokennzeichen aus Kiel oder Olpe. Papas Dienstwagen? Wohl kaum. Nun ja, zumindest hält die mindestens sechsköpfige Gruppe beim Kaffee im Garten um die Ecke Abstand zueinander. Schwierig ist es teilweise einmal mehr, eine Distanz von mindestens zwei Metern auf den schmaler werdenden Wanderwegen an der Borbach zu halten, wo es hinunter zum Hammerteich geht. Paare oder Familien laufen stur nebeneinander, der entgegenkommende Einzelwanderer muss stets ausweichen. Tut man ja gerne, um Leben zu retten.
Wittener suchen zuhause Ostereier und gehen dann raus
Maria und Daniel Schlemmer umrunden gerade den Hammerteich. Ihre kleine Tochter Heidy (2) hat am Morgen schon nach Ostereiern in den eigenen vier Wänden gesucht: „Das machen wir sonst eigentlich mit allen Verwandten zusammen im Garten. Dieses Jahr geht das natürlich nicht“, erzählt die 21-jährige Maria Schlemmer. Für ihren Sohn Arthur ist es das erste Osterfest, er ist gerade drei Wochen alt. Vater Daniel konnte aufgrund der Corona-Gefahr nicht bei der Geburt des Sohnes dabei sein: „Aber Gesundheit geht vor“, sagt der 25-Jährige.
Der Parkplatz am Hohenstein ist gut gefüllt, auf der großen Wiese vor dem Bergerdenkmal genießen die Wittener die Sonne. Ein Mann liegt auf einer Picknick-Decke und trinkt Kaffee. Eine junge Frau sitzt auf einem Campingstuhl und liest ein Buch. Arnold Waldera (58) spielt mit seinen Söhnen Nils und Erik Fußball. „Wir sind direkt nach dem Osterfrühstück raus, um uns zu bewegen“. Zwar hätten sie zuhause einen Balkon, „aber um Sport zu machen, kommen wir gerne zum Hohenstein“.
Wittener erleben am Anleger der Ruhrtalfähre eine Überraschung
Mahmut Aboukasen betreibt seit 2012 einen Schnell-Imbiss am Haus Hohenstein. „Wir verkaufen viel weniger als sonst. Viele Menschen bleiben zuhause, oder sie kommen nur für einen Spaziergang her und fahren dann sofort wieder“, so der 42-Jährige. Mit seinem Sohn Mark hat er am Morgen zuhause Ostereier gesucht. Jetzt fährt der Sechsjährige auf seinem Fahrrad um den Imbiss herum und präsentiert stolz seinen selbstgebastelten Mundschutz.
Eine Überraschung erleben die Wittener, die eigentlich mit der Hardenstein-Fähre übersetzen wollten: An der Anlegestelle steht ein Schild mit dem Hinweis, dass der Fährbetrieb, der erst am 9. April aufgenommen worden war, wieder eingestellt sei – „aufgrund der aktuellen Lage“, heißt es dort. „Die Ruhrtalfähre hat Schäden am rechten Motor, die erst behoben werden müssen“, erklärt Schiffsführer Helmut Schönekess.
„Das Wetter ist viel zu schön, um drinnen zu bleiben“
Mareike und Christian Harms wollten auf ihrer Tour über den Ruhrtalradweg eigentlich die Fähre nehmen: „Schade, aber wir fahren einfach noch ein Stück weiter bis zum Muttental“, so die 33-Jährige Sozialpädagogin. Die Söhne Jano (5) und Matti (1) sind auch dabei. „Heute morgen haben wir mit ihnen Schokohasen in der Wohnung gesucht. Aber das Wetter ist viel zu schön, um drinnen zu bleiben“.
Dementsprechend trubelig ist es am Kemnader See. Der Parkplatz ist am Nachmittag brechend voll, auf den Wegen tummeln sich Radfahrer, Inline-Skater, Läufer und Spaziergänger. Nur der Bootsverleih und das Stranddeck liegen da, als hielten sie noch Winterschlaf. An das Kontaktverbot halten sich die Wittener weitestgehend: Die meisten von ihnen sind alleine oder zu zweit unterwegs und bemühen sich, den Abstand von zwei Metern einzuhalten.
Fähre fährt doch nicht
Wann die Hardensteinfähre, die einen Motorschaden hat, wieder fahren wird, sei laut Schiffsführer Helmut Schönekess derzeit unklar. Man rechne allerdings damit, dass die Reparatur einige Tage dauern werde.
Die Hardenstein-Fähre hatte trotz der Corona-Pandemie kurz vor Ostern am Gründonnerstag (9.4.) ihren Betrieb wieder aufgenommen – unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen. Trotzdem war die Entscheidung unter den Wittenern nicht unumstritten. Dies dokumentierten auch Leserbriefe an diese Redaktion: Die Ansteckungsgefahr sei zu groß.
Im Stadtpark geht es etwas ruhiger zu. Vereinzelt genießen Wittener die Sonne auf den Wiesen oder ruhen sich auf einer der vielen Bänke aus. Sabine und Maike sitzen auf einer Mauer und schauen aufs Ruhrtal hinab. Maikes Ostergeschenk an Sabine: Sie hat ihrer Freundin eine Schutzmaske aus grünem Stoff genäht.