Witten. Weil sie nicht genügend Schutzartikel haben, fürchten Wittener Ärzte um ihre Gesundheit. Denn beim Corona-Abstrich ist die Infektionsgefahr hoch.

Die Ärztliche Qualitätsgemeinschaft Witten sieht im Zusammenhang mit dem Coronavirus eine erhebliche Gesundheitsgefährdung der Haus- und Kinderarztpraxen. Schuld daran sei die „ungenügende Bereitstellung und Nichtverfügbarkeit geeigneter Schutzartikel“, heißt es in einer Stellungnahme. Das Netzwerk, in dem 90 Prozent aller Wittener Haus- und Fachärzte vertreten sind, fordert deshalb in einem Brandbrief an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann schnelles Handeln.

Fürchtet jemand, sich mit dem neuartigen Coronavirus infiziert zu haben, etwa weil er sich in den letzten beiden Wochen in einem Risikogebiet aufgehalten hat, sollte ein ärztlicher Hausbesuch durchgeführt werden, um einen Abstrich zu nehmen. So sieht es die gemeinsame Handlungsempfehlung von Ärztekammern, dem Landesgesundheitsministerium und den Kassenärztlichen Vereinigungen NRW vor.

Wittener Ärzte sorgen sich um eigene Sicherheit

„Diese durchaus zur Ausbreitungsprävention geeignete Vorgehensweise kann zurzeit aufgrund der nicht verfügbaren Schutzartikel nur mit einer erheblichen Gefährdung der hierfür eingeplanten Versorgerpraxen durchgeführt werden“, schreiben die drei Geschäftsführer des Wittener Ärztenetzes, Dr. Bernhard Schul, Markus Knittel und Dr. Arne Meinshausen. Letzterer arbeitet in der Gemeinschaftspraxis in Herbede, in der in der vergangenen Woche zwei Personen negativ auf den Erreger getestet wurden.

Alle Rettungsdienste, Krankenhäuser, Labore und Gesundheitsämter würden über eine ausreichende Grundausrüstung mit Schutzkleidung, Masken, Brillen und Desinfektionsmitteln verfügen. „Die hausärztlichen und kinderärztlichen Grundversorger sollen aber ungeschützt an die Front geschickt werden“, prangert Meinshausen an.

Corona-Abstrich birgt für Arzt hohes Ansteckungsrisiko

Auf eigene Rechnung bestellen können die Hausarztpraxen auch nicht. „Denn momentan ist nichts erhältlich“, so Meinshausen. Auf diesen Engpass hatte der Mediziner im Gespräch mit unserer Redaktion schon vergangene Woche hingewiesen. Sorge bereitet dem Arzt die Tatsache, dass die Abnahme eines Coronavirus-Abstriches für den behandelnden Mediziner mit Abstand das höchste Gefährdungspotential für eine Infektion aufweise.

Sollte ein schlecht geschützt durchgeführter Corona-Abstrich positiv ausfallen, müsste vermutlich die Praxis für 14 Tage schließen. „Somit könnte in kurzer Zeit die ambulante Versorgung zusammenbrechen“, warnt Arne Meinshausen stellvertretend für die 106 im Netzwerk zusammengeschlossenen Ärzte.

Das fordern die Wittener Ärzte

Die Ärztliche Qualitätsgemeinschaft Witten fordert daher von der Gesundheitspolitik eine kurzfristige Umverteilung der vorhandenen Schutzartikel. Solange kein ausreichender Schutz für die Hausarztpraxen vorhanden ist, soll die Diagnostik und auch Behandlung von Corona-Verdachtsfällen durch das Gesundheitsamt oder von zusätzlichen, kurzfristig einzurichtenden ambulanten Versorgungszentren übernommen werden. So wie etwa der Kreis Kleve, der Ende vergangener Woche ein Fieberzelt am Klever St.-Antonius-Hospital aufbauen ließ, in dem ausschließlich Corona-Verdachtsfälle getestet werden.