Witten. Am Wittener Stadtrand versteckt sich ein Paradies, das nur wenige Spaziergänger kennen. Dort gibt es zum Beispiel einen Laichplatz für Amphibien.

Nein, weder die drei Teiche noch den Hammerteich hat unser Rätselfoto gezeigt. Der größte Teil unserer Leser hat den gezeigten Tümpel mit seiner Hütte, den aufgeräumten Ufern und dem sauberem Geländer falsch verortet. Aber wo befindet sich dieser denn nun?

Die rüstigen Wanderer auf dem Rätselbild waren vor rund 40 Jahren im Dorneyer Wald auf der Stadtgrenze zwischen Stockum und Dortmund unterwegs. Tim Degener hat’s gewusst, denn er ist in der Nähe in den 70er und 80er Jahren aufgewachsen. Ebenso Michael Krimmel und Brigitte Obenaus. Sie erinnert sich: „Der kleine See verlandet immer mehr. Dort waren Enten, Libellen, Frösche und Fische zu beobachten. Er war oft das Ziel eines kleinen Spaziergangs unserer Tochter mit ihrer Oma und der Nachbarin.“

Dreck im Dorney: Bevor die Naturschutzgruppen den Teich im Dorneywald in ihre Obhut nahmen, sah es dort so aus. Der Teich wurde als Müllabladeplatz missbraucht.
Dreck im Dorney: Bevor die Naturschutzgruppen den Teich im Dorneywald in ihre Obhut nahmen, sah es dort so aus. Der Teich wurde als Müllabladeplatz missbraucht. © Bentivoglio

Inzwischen ist diese Stelle kaum zu erkennen. Teich und Wald sehen heute viel wilder aus als damals. Was aber bestimmt kein Nachteil für Teich und Wald sein muss – im Gegenteil!

Sedimente aus der Kreidezeit

Denn auch wenn der Wittener Teil des Dorney nicht als Naturschutzgebiet ausgewiesen ist, wird er de facto doch als ein solches behandelt. Der Teich ist ein hervorragender Laichplatz für Amphibien. Jedes Jahr kann man an dieser Stelle ein besonderes Naturschauspiel erleben, wenn im Frühjahr Frösche und Kröten hier zu Tausenden unterwegs sind. Erst geht’s zum Laichplatz im Teich, dann zurück in den Wald. Fangzäune entlang der Straße halten dann die Tiere auf, damit sie nicht von Fahrzeugen überfahren werden. Mitglieder von Naturschutzgruppen sammeln sie ein und tragen sie über die Fahrbahn.

 
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  © - Bentivoglio

Genaueres weiß Karoline Robbert von den Heimatfreunden Stockum/Düren: „Das Biotop – früher auch Insel im Dorney genannt – wurde von einer Quelle gespeist, die im Zweiten Weltkrieg den Anwohnern als Trinkwasserquelle diente. Einige rüstige Rentner aus Stockum und Oespel setzten sich 1985 für den Erhalt des Dorneywaldes ein, um Wälder, Felder und Wiesen zu schützen. Sie begannen aufzuforsten, Wege anzulegen, Vogelkästen aufzuhängen und eine kleine Schutzhütte zu bauen. Leider ist nicht viel davon übrig geblieben.“

Auch Gerd Gahr erinnert sich an diese „Rentner-Combo“: „Die Herren hatten die Zu- und Abläufe wiederhergestellt, die Wege erneuert, mit Geländern versehen. Sie haben den Bereich noch längere Zeit gepflegt, bis er irgendwann sich selbst überlassen wurde. Vielleicht sind das die Herren auf dem Foto, die sich damals soviel Mühe gegeben haben.“

Waldgebiet zwischen Witten und Dortmund

Dorney ist ein Ortsteil von Stockum und verdankt seinen Namen einer uralten Flurbezeichnung, die sich ihrerseits vom Althochdeutschen ableitet, nämlich Dor = Baum und Ey = Aue.

Der Dorneywald ist ein Waldgebiet zwischen Witten und Dortmund, während die Straße, die dadurch verläuft, die Stadtgrenze zwischen Witten und Dortmund darstellt. Seit 2004 weist der Flächennutzungsplan der Stadt Dortmund den „Dorneywald“ mit einer Fläche von 40,4 ha als Naturschutzgebiet aus. Die offizielle Bezeichnung lautet „Naturschutzgebiet Nr. 25 – Stadtbezirk Lütgendortmund“. Einen Sonderstatus innerhalb des Gebietes genießt lediglich ein über 100 Jahre alter Sportplatz, dessen Nutzung keinen nennenswerten Beschränkungen trotz des Naturschutzes unterliegt.

Ein Pärchen Erdkröten auf dem Weg zum Laichplatz. Das Männchen oben lässt sich nicht aus Faulheit vom Weibchen tragen: Es verhindert damit nur, dass ein Rivale ihm die Auserwählte streitig macht.
Ein Pärchen Erdkröten auf dem Weg zum Laichplatz. Das Männchen oben lässt sich nicht aus Faulheit vom Weibchen tragen: Es verhindert damit nur, dass ein Rivale ihm die Auserwählte streitig macht. © Davide Bentivoglio

Der Dorney nimmt im Wittener Stadtgebiet eine Sonderstellung ein: Anders als der übliche Sandsteinuntergrund aus dem Karbon, findet man hier marine Sedimente aus der Kreidezeit. Zwei Straßennamen in der Siedlung aus den 60er Jahren erinnern an den besonderen Untergrund, nämlich der Muschelweg und der Kreidemeerweg.

Karoline Robbert erinnert daran, dass das Dorneywäldchen nicht nur uralt ist. „Es hat Menschenschicksale erlebt und den Menschen Kohle und Mergel gegeben.“ So hätte es im Dorney eine Reihe von Mergelkuhlen gegeben, in denen einst die Bauern zur Düngung ihrer Felder den kalkhaltigen Mergel abbauten und mit ihren Pferdefuhrwerken abtransportieren. In den Kuhlen sammelte sich das Wasser. Obwohl es verboten war, darin zu baden, tummelten sich dort um die Jahrhundertwende bis in die 1920er Jahre hinein die Kinder und Jugendlichen aus der ganzen Umgebung. Es gab auch einige Tote durch Ertrinken.

Interessante Pflanzenwelt

Durch den fruchtbaren Mergelboden entwickelte sich im Dorney eine sehr interessante Pflanzenwelt für Naturliebhaber. Besonders im Frühjahr kann man auch heute noch an versteckten Stellen das weiße Buschwindröschen, das gelbe Scharbockskraut, den Aronstab, das Zwiebelkraut, das Waldbingelkraut, den Weißwurz und jede Menge Bärlauch entdecken.