Witten. Das Büro „Planquadrat“ erstellt im Auftrag der Stadt eine Wohnbauflächen-Analyse für Witten. Denn die Ruhrstadt braucht dringend neuen Wohnraum.
Das Ziel ist klar: Bis 2030 müssen in der Stadt 900 neue Wohnungen und 700 neue Eigenheime entstehen, damit Wittens Einwohner in elf Jahren noch genug Wohnraum zur Verfügung steht. So wurde es im 2018 beschlossenen „Handlungskonzept Wohnen 2030“ festgeschrieben. Im Auftrag der Stadt erarbeitet das Dortmunder Planungsbüro Planquadrat derzeit eine Wohnbauflächen-Analyse. Sie soll zeigen, wo in der Stadt überhaupt Bauland zur Verfügung steht.
Stadtbaurat Stefan Rommelfanger spricht von einer wichtigen Untersuchung, die Planquadrat im April nächsten Jahres vorlegt. Die Dortmunder hatten im Auftrag der Stadt bereits eine Gewerbeflächen-Analyse erstellt. Ein Grund für die neue Analyse ist, dass die Stadt kaum eigene Flächen besitzt, die als mögliches Bauland nennenswert zu Buche schlagen. Zuletzt hatte die Stadt ab 2015 auf öffentlichem Grund 27 Grundstücke im Neubaugebiet Bommeraner Heide vermarktet, wo zwischen der Alte Straße und der Elberfelder Straße Einfamilienhäuser und Doppelhaushälften entstanden sind.
„Man steht mit dem Fahrrad eigentlich schon auf dem Rheinischen Esel“
Laut Baudezernent verfügt die Stadt – vom Kornmarkt abgesehen – nur noch über drei kleinere Flächen, auf denen Wohnbebauung entstehen könnte. Zum einen ist es das Grundstück der ehemaligen Durchholzer Grundschule, die bereits 2008 abgerissen wurde. „15 bis 20 Wohneinheiten“, so Stefan Rommelfanger, könnten dort entstehen. Auch das ehemalige Firmengelände des Verbandsmittelherstellers „Draco“ an der Herdecker Straße sowie die einmal für das Unternehmen angedachte Erweiterungsfläche auf der Annener Halde könne für Wohnbebauung genutzt werden. Die Dr. Ausbüttel & Co. GmbH hatte Annen bekanntlich den Rücken gekehrt und war nach Dortmund-Oespel umgezogen.
45 Prozent Single-Haushalte
Das „Handlungskonzept Wohnen 2030“ , kurz HKW, bezeichnet Bürgermeisterin Sonja Leidemann als „Steuerungsinstrument für die Entwicklung unserer Stadt“. Das HKW bildet die Grundlage für eine Steuerung der lokalen Wohnungspolitik und Wohnraumversorgung.
Die städtischen Planer gehen davon aus, dass Witten selbst bei stabiler Bevölkerungszahl in den kommenden Jahren mehr Wohnraum braucht. Ein Grund ist die große Zahl der Single-Haushalte. Schon 2017 lebte in 45 Prozent der Wittener Haushalte nur noch eine Person. Ein weiterer Trend: Immer mehr Menschen zieht es zum Wohnen zurück in die (Innen-)Stadt.
Der technische Beigeordnete könnte sich auf dem ehemaligen Firmengelände gut eine Mischung aus Mietwohnungsbau und Einfamilienhäusern vorstellen. Ein attraktiver Standort, findet der Stadtbaurat. „Man ist schnell an der S-Bahn und steht mit dem Fahrrad eigentlich schon auf dem Rheinischen Esel.“ Am Rande des Bildungsquartiers Annen hätte die Stadt auch noch eine kleine Fläche. Diese liege in einer Sackgasse, die zum ehemaligen Gelände des KZ-Außenlagers in Annen führe. Rommelfanger: „Das wäre ein Grundstück für fünf bis zehn Doppelhäuser.“
Wohnungsgenossenschaft kann jährlich bis zu 400 Anfragen nicht erfüllen
Diese wenigen Flächen reichen aber bei einer Vermarktung nicht aus, um den ermittelten Wohnungsbedarf in Witten bis 2030 zu decken. Daher soll die Wohnbauflächen-Analyse durch das Planungsbüro auch zeigen, wo es Privatleute gibt, die Wohnbauland besitzen. Auf sie möchte die Stadt nach Abschluss der Analyse zugehen, auch Kontakte zu Projektentwicklern oder Investoren vermitteln, wenn dies gewünscht ist, so Rommelfanger.
Dass es in Witten einen großen Bedarf an bezahlbarem Wohnraum gibt, weiß auch die Wohnungsgenossenschaft Witten-Mitte. Vorstand Gerhard Rother: „Wir haben jährlich zwischen 300 und 400 Anfragen von Bürgern nach Wohnungen, die wir nicht erfüllen können.“ Die Genossenschaft baut gerade in Vormholz 17 neue Wohnungen an der Otto-Hue-Straße. Neun Wohnungen sollen Anfang Januar bezugsfertig sein, der Rest Mitte 2020.
Bauland, das nicht verkauft wird, wird immer wertvoller
Die Wohnungsgenossenschaft besitzt weitere Grundstücke in der Stadt, die sie zukünftig auch entwickeln und bebauen möchte – an der Potthoffstraße in Heven, am Helenenberg, auch am Sonnenschein. Rother schließt nicht aus, dass sich Privatleute derzeit unter Umständen auch aus Spekulationsgründen nicht von Bauland trennen möchten. „Boden, den man besitzt und nicht veräußert, wird immer wertvoller.“ Sprich teurer.