Witten. Monika Landers kümmert sich um ihre demente Mutter. Im Marien-Hospital Witten sei sie sehr liebevoll behandelt worden. „Das gibt mir Kraft.“
Lucia Stebner verschwindet fast in dem großen Sessel, in dem sie immer wieder unruhig hin- und herrutscht. Aufstehen kann die 96-jährige demente Frau nicht mehr alleine, seit sie gestürzt ist und sich eine Beckenfraktur zugezogen hat. Ihr rechter Arm ist noch immer eingegipst, damit hat sie sich sonst hochgewuchtet. Trotzdem ist ihre Tochter Monika Landers (69), in deren Bommeraner Haus sie lebt, dankbar – für die „liebevolle Behandlung einer sehr alten Patientin“ im Marien-Hospital.
Tochter durfte im Krankenzimmer der Mutter übernachten
Auf dem Weg von der Terrasse zur Toilette ist es passiert. „Meine Mutter wollte noch ein Glas in der Küche abstellen, dann ist sie gestürzt“, erinnert sich Monika Landers. Schon in der Ambulanz sei man ihnen sehr freundlich und ruhig begegnet. Weil ein Krankenhausaufenthalt erforderlich war, bat Landers darum, im Zimmer der Mutter übernachten zu können. „Das war kein Problem.“ Auch eine Physiotherapie sei sofort eingeleitet worden. Zweimal täglich musste Lucia Stebner, die übrigens nicht privat krankenversichert ist, üben. Das habe sie in einer anderen Klinik, die sogar eine geriatrische Abteilung hat, auch schon anders erlebt, sagt die Tochter.
Manchmal fühlt sich die Wittenerin mit der Pflege überfordert
Eine Physiotherapie sei bei ihrer Mutter aufgrund der Demenz nicht möglich, habe es dort geheißen. „Doch wenn man ihr die Schritte vormacht, dann geht das“, weiß Monika Landers. Wie die Ärzte und Pflegenden auf der chirurgischen Station des Marien-Hospitals mit ihrer Mutter umgegangen sind – trotz der Demenz und ihres hohen Alters – „das gibt mir Kraft“, sagt die Tochter. Denn nicht zum ersten Mal hatte sie selbst einen Punkt erreicht, an dem sie die Pflege ihrer Mutter überforderte.
Vor sechs Jahren zeigten sich die ersten Anzeichen der Demenz. Da wohnte Lucia Stebner noch um die Ecke in der eigenen Wohnung. Ihre Tochter hat für sie eingekauft und gekocht. „Ich habe ihr zu früh zu viel abgenommen“, sagt sie heute. So stellte sie sich das Kümmern um einen Angehörigen eben vor: mal zum Arzt mitgehen, mal was anderes erledigen. Dass sie ihre Mutter nun quasi rund um die Uhr betreut, sei so nicht geplant gewesen.
Familie ist sich einig: „Oma kommt nicht ins Heim“
Doch für sie und ihre drei Kinder – der Mann von Monika Landers starb früh – ist klar: „Oma kommt nicht ins Heim.“ Lucia Stebner kann aufgrund eines starken Augenleidens kaum sehen. Auch ihr Gehör ist geschädigt. Deshalb ist eine Unterhaltung nicht möglich. Ihre Demenz äußert sich nicht vorrangig in Vergesslichkeit – „dann wiederhole ich Dinge halt mehrmals“, so Monika Landers. Doch ihre Mutter quälen Angstzustände, sie hat Halluzinationen, sieht überall im Haus fremde Menschen. Damit könne sie als Tochter schlecht umgehen. „Ich war zunächst sehr ungeduldig.“
Kliniken bieten Forum für Lob und Tadel
Patienten können sich während oder nach einem Krankenhausaufenthalt in der Regel lobend oder kritisch über ihren Aufenthalt äußern. Auch das Marien-Hospital und das Ev. Krankenhaus (EvK) verfügen über solch ein Meinungsmanagement. „Man kann einen Bogen ausfüllen oder online eine Feedback geben“, so die Sprecherin des Marien-Hospitals. Etwa 45 Prozent der Patienten würden dies nutzen.
„Lob und Tadel“ heißt das System im EvK. Neben vielen positiven mündlichen Rückmeldungen gehen über 500 schriftliche Rückmeldungen pro Jahr ein. Die meisten seien positiv, so Sprecher Jens-Martin Gorny. Dabei gehe es vorrangig um Organisation, Abläufe und Personal. Beschwerden werden vom jeweiligen Abteilungsleiter bearbeitet. Entweder werden diese schriftlich beantwortet oder im persönlichen Gespräch geklärt. Lob werde weitergeleitet.
Längst ist sie in den Pflegejob hineingewachsen, der ihr kaum noch Freiraum lässt. Sie könne höchstens eine Stunde das Haus verlassen. Dann treibt die 69-Jährige zum Beispiel Sport beim TuS Bommern – „weil ich Angst habe, das sonst körperlich nicht zu schaffen“. Sie brauche Muskeln, um ihre Mutter etwa unter die Dusche zu hieven. „Ich will ihr doch eine Hilfe sein.“ Kurzzeit- oder Tagespflege? Daran sei nicht zu denken. Denn alles Neue, jeder Umgebungswechsel flöße der alten Frau noch mehr Angst ein.
Die einzige Unterstützung, außer von ihren Kindern, erhält Monika Landers vom Palliativnetz Witten, das sie unlängst eingeschaltet hat. „Für mich ist das ein Segen. Ich kann dort rund um die Uhr anrufen, wenn ich nicht mehr weiterweiß.“ Dass es solche Menschen gibt, könne man gar nicht genug anerkennen, lobt sie. „Gemeckert wird schließlich genug.“