Witten. Kleidung zu finden, ist nie einfach – besonders für adipöse Menschen. Die Wittener Selbsthilfegruppe organisiert deshalb einen XXL-Flohmarkt.

Eine passende Hose zu finden, kann eine zeit- und nervenzehrende Aufgabe sein – schon für Menschen mit Normalgewicht. Bringt man allerdings mehr als das „ein oder andere Kilo zu viel“ auf die Waage, wird es ungleich schwieriger. „Ich war froh, wenn ich überhaupt irgendwo eine Hose gefunden habe, die einigermaßen saß“, erinnert sich Lars Bätz, der noch vor wenigen Jahren 160 Kilo wog. Genau aus diesem Grund organisiert der Leiter der Selbsthilfegruppe (SHG) für Adipöse am 18. August (Sonntag) einen Modeflohmarkt – ausschließlich für Größen ab XL aufwärts.

„Die Leute können bei uns ganz unter sich sein, müssen sich nicht beobachtet oder gar angegafft fühlen“, sagt Bätz, der heute noch 92 Kilo auf die Waage bringt. Das sei umso wichtiger, weil man sich als stark übergewichtiger Mensch in der Öffentlichkeit sowieso immer angestarrt fühle, sagt der 44-Jährige. „Man will sich einfach so unauffällig wie möglich durch die Stadt bewegen.“

Kleiderkauf macht schlechte Laune

Schlimmer ist da nur der Kleidungskauf. „Man sieht Sachen, die einem gefallen, probiert sie an und nichts passt. Und schon fängt die schlechte Laune“, erzählt Nadine Schmidtke. „Ich habe irgendwann nur noch online bestellt.“ Die 34-Jährige hat es dank Magen-Operation in knapp einem Jahr von Konfektionsgröße XL auf S gebracht. Ihre abgelegten Kleidungsstücke will sie auf dem Flohmarkt verkaufen, um „andere glücklich zu machen“.

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Auch Alexandra Hundt bestellt fast nur noch im Internet. Zu mühsam sei es, von Geschäft zu Geschäft zu laufen, zu eng die Umkleidekabinen. „Es macht einfach keinen Spaß“, bringt es die 45-Jährige auf den Punkt. Momentan trägt sie Größe 50 oder mehr, das soll sich durch eine bevorstehende Magenverkleinerung aber ändern. Mitstreiterin Nadine Schmidtke hat irgendwann sogar darunter gelitten, wenn sie andere Übergewichtige gesehen hat, die gut gekleidet waren. „Eben weil es so schwer war, schöne Sachen zu finden.“ Genau da soll der XXL-Flohmarkt Abhilfe schaffen.

Wittener Ruhrtalengel stellen Halle zur Verfügung

Das Angebot an Mode in großen Größen hat in den letzten Jahren zwar zugenommen, bleibt aber überschaubar. „Oft sind das dann Schnitte oder Muster, die sehr altmodisch wirken“, sagt Selbsthilfegruppen-Leiter Lars Bätz. Mittlerweile haben aber auch Ketten wie H&M oder C&A eigene „Plus-Size“-Abteilungen. Viele Marken würden aber auch nach dem Prinzip „Mehr Stoff = Höherer Preis“ verfahren, erzählt Carina Alvarez, die der Gruppe ebenfalls angehört.

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Im letzten Jahr hat die Selbsthilfegruppe mit einem Stand an einem Flohmarkt für Übergrößen in der Werkstadt teilgenommen. „Da war der Zulauf sehr groß“, erinnert sich Bätz. So entstand die Idee zum eigenen XXL-Markt, der bis zu 130 Tische mit Mode für kräftig gebaute Menschen bieten soll. Über ein Mitglied der Gruppe entstand der Kontakt zu den Ruhrtalengeln, die ihre Halle in der Annenstraße zur Verfügung stellen.

Noch freie Tische für den Flohmarkt

Für den Flohmarkt am Sonntag, 18. August, sind noch Tische frei. Wer Interesse hat in der Halle der Ruhrtalengel (Annenstraße 83) dabei zu sein , kann sich bei Lars Bätz unter lars-shg@gmx.de melden. Verkauft wird dort von 11 bis 16 Uhr.

Die Selbsthilfegruppe trifft sich gewöhnlich an jedem ersten und zweiten Mittwoch im Monat, sowie an jedem ersten Freitag im Marienhospital, Haus B, Medienraum. Alle Infos und Termine findet man auf www.adipoese-witten.de

„Der Flohmarkt ist aber auch eine Frage des Geldes“, sagt Carina Alvarez. Viele Teilnehmer der Selbsthilfegruppe stehen kurz davor, sich den Magen verkleinern zu lassen, oder haben diesen Schritt schon hinter sich – wie Lars Bätz oder auch Alvarez. Die 53-Jährige hat nach der Operation innerhalb von sechs Monaten fast 30 Kilo abgenommen – von über 96 auf knapp 67 Kilo. „Da liegen viele Kleidergrößen dazwischen“, sagt sie lachend. In ihrem Fall waren es sechs. „Wenn man dann ständig neue Sachen kauft, schlägt das ganz schön zu Buche.“ Und außerdem: „Am Anfang nimmt man so rasant ab. Sich da eine neue Hose zu kaufen, die dann nur vier Wochen passt, ist ja auch Quatsch.“