Witten. Ein Wittener Baumdienst setzt ein neues Mittel gegen den Eichenprozessionsspinner ein: heißen Bioschaum. Er ist damit einer der ersten in NRW.

Gesperrte Parks, geschlossene Schulen und mancherorts sogar Verletzte: Die Raupen des Eichenprozessionsspinners sind in den letzten Jahren vielerorts zu einer Plage geworden. Für gewöhnlich werden die Nester der gefährlichen Raupe abgesaugt. Baumpfleger Nik Kaefke hat jetzt noch eine andere Waffe im Kampf gegen die Insekten und ihre Allergien auslösenden Haare: einen Schaum aus Mais- und Kartoffelstärke, Palmkernöl und Kokosnusssaft.

„Der Schaum wird mit heißem Wasser vermengt, das auf fast 96 Grad erhitzt wird“, erklärt Kaefke. Dann wird das Gemisch mit einem Rohr auf die befallenen Stellen aufgetragen. Der Schaumteppich kann die hohe Temperatur eine Weile halten. Er zersetzt so die Eiweißstrukturen der Raupen. Sie fallen tot vom Baum.

Auch Haare des Prozessionsspinners werden unschädlich gemacht

Auch die Haare des Prozessionsspinners werden durch die Hitze unschädlich gemacht und können keine Allergien mehr auslösen. „Ist das Nest heruntergefallen, wird es nochmal eingeschäumt“, sagt der Baumpfleger. „Was dann übrig bleibt, kann man sogar einfach in die Hand nehmen und in die Biotonne packen.“ Und etwa 15 Minuten später sei auch von dem Schaum nichts mehr zu sehen, sagt der 40-Jährige.

Mit heißem Schaum werden die befallenen Eichen abgespritzt.
Mit heißem Schaum werden die befallenen Eichen abgespritzt. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Erfunden hat diese neue Methode ein Unternehmen aus der Nähe von Münster. Seit Juli ist sie auf dem Markt und Nik Kaefke einer der ersten Abnehmer in NRW. Der Wittener Baumpfleger, der dem Eichenprozessionsspinner bislang auch mit der klassischen Absaugtechnik auf die Pelle gerückt ist, will nun vollständig auf den Bio-Schaum umsteigen. Ein großer Vorteil der Methode ist laut Hersteller Hensing vor allem, dass der Schaum auch die umliegenden Haare der Raupen vom Baumstamm entfernt.

Baumpfleger können Sicherheitsabstand halten

„Wenn ich zum Beispiel mit dem Sauger an ein Nest gehe, können die kleinen giftigen Raupenhaare herumfliegen und bei Hautkontakt Allergien auslösen“, sagt André Felschen, zuständig für den Vertrieb der „EPS-Killer“ genannten Maschine. „Der Schaum hingegen bindet die Haare.“ Derzeit führe er das Gerät bei mehreren Städten und Kommunen aus NRW vor, die Interesse angemeldet hätten.

Nik Kaefke mit dem „EPS-Killer“. In dem Gerät wird Wasser erhitzt und mit Schaum aus organischen Inhaltsstoffen vermischt.
Nik Kaefke mit dem „EPS-Killer“. In dem Gerät wird Wasser erhitzt und mit Schaum aus organischen Inhaltsstoffen vermischt. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Für Baumpfleger wie Nik Kaefke bringt die neue Methode einen entscheidenden Vorteil. „Ich muss an die Nester nicht so nah ran wie mit einem Absauger und kann so einen sicheren Abstand halten.“ Schutzanzug, Atemmaske und Schutzbrille muss er beim Einschäumen der Raupen zwar auch tragen, aber eher, um sich gegen eventuell umherfliegenden heißen Schaum zu schützen.

Raupen verpuppen sich jetzt

Die Hoch-Zeit des Eichenprozessionsspinners ist für dieses Jahr fast vorbei. Im Juni und Juli waren auch in Witten mehrfach Spezialfirmen ausgerückt, um Nester zu entfernen, etwa im Außenbereich der Grundschulen In der Dickete, Pferdebach und Harkort sowie an der Kita Helfkamp. Die Stadt zählte außerdem an die 20 weitere Nester an öffentlichen Grünflächen wie etwa Sportanlagen. Wie viele Privatgärten darüber hinaus betroffen waren, lässt sich nicht feststellen.

Raupen schlüpfen im Mai

Die Raupen schlüpfen Anfang Mai, haben zuvor als Ei überwintert. Dass es auch in diesem Jahr wieder so viele Eichenprozessionsspinner gibt, liegt vermutlich an den milden Temperaturen im zurückliegenden Winter und Frühjahr.

In der Verpuppungsphase, die je nach Witterung bereits im Juni beginnen kann, spinnen sich die Raupen in ockerfarbene Kokons ein und bilden sehr große Gespinstnester, wie die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald mitteilt. Nach drei bis fünf Wochen schlüpfen die Falter. Sie sind 25 bis 32 Millimeter groß und nachtaktiv.

Aktuell verpuppen sich die gefährlichen Raupen, verwandeln sich dann in unscheinbare und harmlose Falter. Dennoch bleibt eine Restgefahr bestehen, nämlich durch herumfliegende Brenn-Haare. Genau deshalb wird auch Nik Kaefke schon in diesem Jahr zumindest einmal seine Neuanschaffung zum Einsatz bringen können: in einem Privatgarten in Gladbeck. Dort soll eine vormals befallene Eiche gefällt werden, die zurückgebliebenen Haare vorher aber unschädlich gemacht werden. Nik Kaefke: „Und für kommenden Sommer habe ich jetzt schon Anfragen vorliegen.“