Witten. . Die Rufe nach Asphalt für den Rheinischen Esel werden lauter. Andreas Müller will erst den Masterplan sehen. Andere Projekte seien wichtiger.

Im Auftrag des Rates und der Stadt Witten feilen die Planungsbüros Planersocietät (Dortmund) und Via eG (Köln) mit dem städtischen Planungsamt gerade an den letzten Feinheiten des Radverkehrskonzeptes für Witten. 60.000 Euro kostet die Expertise. 200 Vorschläge, um das Radfahren in Witten sicherer und attraktiver zu machen, wurden diskutiert und gewichtet – sowohl kurz- als auch mittel- und langfristige Lösungen. Am 23. Mai soll der Masterplan im Verkehrsausschuss vorgestellt werden. Doch jetzt schon meldet sich Wittens Fahrradbotschafter Andreas Müller (66) zu Wort. Er befürchtet, dass das Papier schon bald Makulatur sein könnte.

Der Diplom-Ingenieur, der selbst fast 30 Jahre Straßen und Radwege in Witten geplant hat und seit seiner Pensionierung als „oberster Fahrradlobbyist“ unterwegs ist, sorgt sich, dass „das Radverkehrkonzept mit seinen vielen guten Vorschlägen völlig unter die Räder kommt, wenn jetzt zuerst der Rheinische Esel im Osten asphaltiert wird“. Die SPD-Fraktion hatte kürzlich eine Anfrage gestellt, woran es bei der eigentlich schon 2015 beschlossenen Straßendecke wirklich hakt. Eine studentische Initiative um Nils Holub (21) sammelt dafür Unterschriften per Internet-Petition (openpetition.eu/witten).

Müller befürwortet Asphaltierung, aber andere Stellen gehen für ihn vor

Die Ironie am Rande ist, dass Müller dieses Projekt selbst befürwortet. Er hat sogar selbst die Vorplanung dafür gemacht hat, als er noch in Diensten des Planungsamtes war. „Es geht aber nur, wenn man den Rheinischen Esel-Ost auf fünf Meter verbreitert, so dass es auch für die Fußgänger und Spaziergänger Verbesserungen bringt.“ Dafür müsse man das Teilstück aber komplett neu bauen. „Es ist eine naive Vorstellung, dass man da nur ein bisschen Asphalt draufkippen muss.“

© Fischer, Archiv

Sollte das Millionen-Projekt aber erst mal beschlossen sein, sieht Müller die Gefahr, „dass dem Radverkehrskonzept der Wind aus den Segel genommen wird“. Das Problem aus seiner Sicht: „Die Leute schreien ja zu Recht nach der Asphaltierung. Trotzdem ist das nicht das wichtigste Radprojekt in Witten.“

Experte: Bahnhofstraße ganz für Räder freigeben

Welche Prioritäten das Radverkehrskonzept setzen wird, ist noch nicht bekannt. Und die Politik redet bei der Verabschiedung des Masterplans auch noch ein Wort mit. Die Experten-Büros haben ihre wichtigsten Ideen aber im November in Haus Witten öffentlich vorgestellt. Sie identifizieren – wie schon der Allgemeine Deutsche Fahrrad Club – die untere Ruhrstraße von der Gasstraße bis zum Ruhrdeich als gefährlichste Stelle für Radler, schlagen für die Husemann­straße einen „Seitentausch“ vor (Radstreifen bergan statt Radweg bergab), wollen die Verbindung zwischen City und Heven aufwerten und den Fuß- und Radweg an der Ruhr (Herbeder Str.) ausbauen.

Viele weitere Vorschläge wie zusätzliche Abstellmöglichkeiten am Bahnhof oder die Öffnung von Einbahnstraßen kommen hinzu. Frank Reuter, Experte aus Köln, hat angeregt, die Fußgängerzone Bahnhofstraße ganz für den Radverkehr freizugeben. Genügend Zündstoff und Zukunftsthemen bei der Suche nach einer fahrradfreundlicheren Stadt. Andreas Müller findet sie zu wichtig, um sie unter den Teppich zu kehren, wenn nur der Esel asphaltiert wird.

>>> Projekt-Rangliste des Fahrrad-Botschafters

Andreas Müller hat nach den Kriterien Sicherheit, Attraktivität und Image selbst Punkte für die aus seiner Sicht dringlichsten Verbesserungen der Fahrradinfrastruktur vergeben. Die höchste Punktzahl hat höchste Priorität.

1. Untere Ruhrstraße (16 Punkte), 2. Husemannstraße (12), 3. Herbeder-/Hans-Böckler-Str. (11), 4. Ruhrtalradweg in Heven ausbauen (11), 5. Asphaltierung Esel-Ost (10), 6. Herbeder Str./Ruhr (10), 7. Emscher-Ruhr-Route (8).