Witten. . Die Hochschulambulanz der Uni Witten/Herdecke öffnet am Montag erstmals ihre Türen. Im Mittelpunkt stehen Ernährung, Bewegung und Entspannung.

Als die Pläne für eine neue allgemeinärztliche Hochschulambulanz vor gut einem Jahr erstmals bekannt wurden, hätte es für die Verantwortlichen kaum schlimmer kommen können. Professoren aus den eigenen Reihen schossen quer, die niedergelassenen Ärzte meldeten Bedenken an – und auch die weiteren Planungen verliefen alles andere als reibungslos. Immer wieder mussten genannte mögliche Eröffnungstermine verschoben werden, weil sich die Verhandlungen mit den Krankenkassen hinzogen. Nun ist es aber tatsächlich so weit. Am Montag wird die Ambulanz eröffnet.

Im September konnte die Uni die entscheidende Hürde nehmen – die Kassen gaben grünes Licht. Die Uni rechnet mit ihnen direkt ab. Anders als die niedergelassenen Ärzte bekommt die neue Ambulanz keine Honorare von der Kassenärztlichen Vereinigung. Damit dürften die niedergelassenen Ärzte, allen voran die Allgemeinmediziner, ihre Sorge lossein, ihr Budget könne womöglich unter der neuen Konkurrenz leiden.

Ärztevertretung signalisiert Zustimmung

So signalisiert die Ärztliche Qualitätsgemeinschaft Witten (ÄQW), die mächtige Standesvertretung von rund 120 Medizinern, kritisch-wohlwollend Zustimmung. „Wenn es so läuft, wie es uns vorgestellt wurde, kann es eine Bereicherung sein, gerade für chronisch Kranke“, sagte Dr. Arne Meinshausen von der ÄQW zu einem früheren Zeitpunkt.

Die Hochschulambulanz verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz. Deshalb holt sie neben Ärzten auch Therapeuten ins Boot. Immer wieder wird der Zweck betont – zu lehren und zu forschen. Sonst hätte es keine Kassenzulassung gegeben. „Wir werden unseren wissenschaftlichen und lehrebezogenen Fokus auf Patienten mit chronischen Krankheiten richten“, sagt Leiter Prof. Tobias Esch. Es handele sich weder um eine Poliklinik noch eine Notfallambulanz.

Ambulanz steht jedem offen

Die Ambulanz steht aber grundsätzlich jedem offen, wie beim Hausarzt. Vor allem sollen jedoch „Patientenaktivierung und Gesundheitsselbsthilfekompetenz“ zentrale Säulen in dem bundesweiten Pilotprojekt sein. Esch: „Als wesentliche Gesprächs- und Behandlungsmethoden stehen Ernährung, Bewegung, Entspannung und Motivation zur Lebensstiländerung im Vordergrund.“ Diabetiker, Patienten mit Übergewicht, Bluthochdruck oder chronischen Rückenschmerzen können zum Beispiel Hilfe finden.

Neue Ambulanz im Forschungszentrum FEZ

Die neue Hochschulambulanz wird am Montag im Forschungs- und Entwicklungszentrum (FEZ) neben der Uni eröffnet, Alfred-Herrhausen-Straße 44. Öffnungszeiten: mo bis do 8-12.30, fr bis 12 Uhr, mo, mi, do 13.30 bis 17 Uhr, di 13.30 Uhr bis 18.30 Uhr.

Gestartet wird zunächst mit anderthalb Facharztstellen. Auf lange Sicht sollen vier Ärzte für Rehamedizin, Anästhesie, Innere Medizin oder Allgemeinmedizin in Vollzeit beschäftigt werden.

Gerade vor dem Hintergrund des zunehmenden Hausärztemangels werden andere Berufsgruppen wie Fallmanager und Therapeuten einbezogen. Sie müssten künftig Versorgungsleistungen mit übernehmen, heißt es. Die neue Ambulanz nennt sich „Ambulanz für Integrative Gesundheitsversorgung und Naturheilkunde“. Sie wird die elektronische Patientenakte ebenfalls einführen. Dort finden sich Infos zu Medikamenten, Befunden und Therapieplanung. Die Ambulanz ist gleichzeitig ein praktischer Lernort für die Studierenden und den neuen Schwerpunkt „Ambulante Gesundheitsversorgung“. Das Land braucht mehr Hausärzte – weshalb Witten die Zahl der neuen Medizinstudenten glatt verdoppeln kann.