Witten. . Seit 100 Jahren besteht der Sozialverband (SoVD) Deutschland. Auch in Witten setzen sich Haupt- und Ehrenamtliche für Schwächere ein.

  • Sozialverband Deutschland (SoVD) besteht seit 100 Jahren und Kreisverband Witten feiert mit
  • Hauptamtliche bieten Rechtsberatung zu allen sozialen Fragen und klagen auch vor Gericht
  • Bis zu 50 Ratsuchende pro Woche nutzen das Angebot an der Hauptstraße 80

Wenn die Krankenkasse eine Kur verweigert oder eine Rente falsch berechnet wurde, dann könnte der Sozialverband Deutschland (SoVD) der richtige Ansprechpartner sein. In allen sozialrechtlichen Fragen berät er seine Mitglieder, zu denen vor allem chronisch kranke, pflegebedürftige oder behinderte Menschen gehören. Seit 100 Jahren schon nimmt er sich der Schwächeren in der Gesellschaft an, auch in Witten. Gefeiert wird das große Jubiläum beim traditionellen Herbstfest am Donnerstag im Saalbau.

Bis zu 50 Ratsuchende an drei Sprechtagen pro Woche

Doch normalerweise kommt, wer Probleme hat, in die Geschäftsstelle an der Hauptstraße 80. Bis zu 50 Ratsuchende sind das an den drei Sprechtagen pro Woche. Sie sitzen dann im Wartezimmer, das dem beim Arzt gleicht, und hoffen, dass etwa Geschäftsführerin und Volljuristin Judith Rehbein (53) eine Lösung für sie parat hat. Es geht zum Beispiel darum, Widerspruch einzulegen gegen das Versagen von Leistungen oder sogar zu klagen. Der SoVD hilft aber auch, die unterschiedlichsten Anträge zu stellen. Das alles gibt’s nicht komplett kostenlos, aber für vergleichsweise kleines Geld (ab zehn Euro).

Vorstandsmitglieder: Wolfgang Still (li.) und Reiner Scholtysik.
Vorstandsmitglieder: Wolfgang Still (li.) und Reiner Scholtysik. © Barbara Zabka

Nicht selten komme es trotzdem vor, dass jemand Mitglied wird, die Vorteile nutzt und baldmöglichst wieder austritt, weiß Vorsitzender Wolfgang Still (71). Dennoch hat der Kreisverband Witten rund 5600 Mitglieder. „Wir sind die Größten“, schmunzelt Still. Und verweist damit auf die Konkurrenz zum Sozialverband VdK, die eigentlich gar keine ist. „Auf lokaler Ebene sind wir uns einig, dass die Verbände irgendwann zusammengelegt werden.“

Die Geselligkeit kommt nicht zu kurz

Wolfgang Still, der mal Personalchef bei Wickmann war, engagiert sich seit acht Jahren ehrenamtlich im Verband. „Ich wollte im Ruhestand nicht das Sofa durchsitzen, sondern noch was machen und gestalten.“ Jetzt formuliert er Briefe, leitet Vorstandssitzungen, plant Fahrten und Feiern – denn auch die Geselligkeit kommt nicht zu kurz. Die Mitglieder schippern etwa mit der Santa Monika über den Dortmund-Ems-Kanal oder treffen sich jeden Mittwoch (14 bis 17 Uhr) in der Begegnungsstätte an der Hans-Böckler-Straße 11 zu Kaffee und Kuchen. Nicht zu vergessen die legendären Frauennachmittage zu Weiberfastnacht im Saalbau.

Weiberfastnacht 2015: der Frauennachmittag des SoVD im Saalbau.
Weiberfastnacht 2015: der Frauennachmittag des SoVD im Saalbau. © Jürgen Theobald

Reiner Scholtysik (72) trat dem Verband 1998 bei. Nicht nur, weil seine Frau dort hauptamtlich tätig ist, sondern weil er gesundheitliche Probleme hatte. Seit 2005 ist auch er ehrenamtlich im Einsatz, zunächst als Revisor, dann als Schriftführer, jetzt als Schatzmeister. Knapp 20 Ehrenamtler sind sie insgesamt. Es könnten gerne mehr werden. Damit die Idee Erich Kuttners immer weiterlebt. Der im Ersten Weltkrieg verwundete Soldat gründete den Bund der Kriegsbeschädigten, dem zwei Jahre später schon 500 000 Kriegsopfer angehörten. Sie organisierten sich und kämpften um ihr Recht. Das tun die SoVD-Mitglieder heute noch.

>> INFORMATIONEN

  • Wer Mitglied im SoVD werden möchte, zahlt 6 €/Monat. Ehepaare zahlen 9, Familien 10 €. 2016 hat der Kreisverband Witten 54 Klagen und 246 Widersprüche erhoben, 349 Widerspruchs- und Gerichtsverfahren erfolgreich abgeschlossen und über 223 000 Euro erstritten.
  • Das älteste Mitglied ist 104 Jahre alt. Die längste Mitgliedschaft besteht seit März 1947. Kontakt: 12858.