Witten. . Hasen, Katzen und auch Ponys gab es schon immer im Wittener Tierheim. Neu sind aber die vielen ausgesetzten Hunde, die für Platzmangel sorgen.

Der Geräuschpegel im Tierheim Witten ist ohrenbetäubend. Manche Bewohner bellen anhaltend, andere jaulen herzerweichend. Einige beobachten Besucher einfach nur aus großen Augen. Vor allem im Hundehaus versteht man kaum sein eigenes Wort. Der Zufluchtsort platzt zur Zeit aus allen Nähten.

116 tierische Lebewesen haben aktuell an der Wetterstraße ein Zuhause gefunden. Vor allem sind es Hunde und Katzen, denen das große Gebäude an der Wetterstraße Unterschlupf bietet. Im Moment leben auch zwei Ponys, ein Ziegenbock, zwei Schweine, einige Kaninchen und Meerschweinchen, fünf Schildkröten und vier auf dem Schnee eingefangenen Kamerunschafe auf dem großen Gelände im Ruhrtal. „Wir sind absolut ausgelastet. Jeder Käfig ist mit mindestens einem Tier belegt“, sagt Leiterin Kirsten Simon. „Und es wird immer schlimmer.“

Zwinger jetzt auch in den Wintermonaten voll besetzt

Während es sonst eigentlich nur in den Sommerferien besonders voll in den Zwingern und Ställen wird, ist das Tierheim in diesem Jahr auch während der Wintermonate komplett ausgebucht. „Seit einigen Monaten kommen sehr viele Fundhunde, die ganz klassisch ausgesetzt wurden, zu uns“, sagt Kirsten Simon. Die Geschichte von „Bissy“ berührt die 39-jährige gelernte Tierpflegerin besonders.

Der inzwischen 14 Wochen alte Welpe wurde an einer Autobahnraststätte in Wuppertal aufgelesen. Er lebt erst seit kurzem in dem Wittener Tierheim. „Er konnte von Geburt an nicht richtig laufen, weil seine Kniescheiben falsch angelegt waren“, sagt Kirsten Simon. Den Hund auszusetzen, noch dazu mit einer solchen Fehlbildung – „so etwas Herzloses haben wir lange nicht mehr gehabt“. Das Tierheim ermöglichte dem braunen Rüden eine aufwändige Operation.

Hunde zu leicht zu bekommen

Vor allem Hunde seien zu leicht zu bekommen, meint die Tierheimleiterin. Kleinanzeigen bei Ebay und Vereine, die Tiere aus dem Ausland holen, seien der Grund dafür. „Es gibt vorher kein Kennenlernen und zu Hause merken die Leuten dann, dass eben nicht alle Hunde nur lieb und nett sind, sondern dass das auch Arbeit bedeuten“, sagt Kirsten Simon. „Die Leute sind manchmal einfach zu blauäugig.“

Jeder zweite bis dritte Hund, der gebracht wird, stamme aus dem Ausland. Der Chip unter der Haut erzählt von einer Heimat in Italien oder Rumänien. Anders als früher sind immer öfter auch Welpen unter den Fundhunden, in den letzten sechs Monaten allein sieben. „Die Leute überlegen einfach nicht mehr gut genug“, sagt Simon, die seit neun Jahren in Witten arbeitet.

Lena König macht es anders

Im Büro herrscht ein reges Kommen und Gehen. Viele Besucher holen an diesem sonnigen Tag Hunde, für die sie sich interessieren oder denen sie helfen wollen, zu einem Spaziergang an der Ruhr ab. Wie Lena König (22). Sie möchte anders an einen Hund gelangen als per Internet. Den einjährigen Rüden „Fuzzi“ hat sie inzwischen schon mehrmals besucht und ausgeführt. Bald will sie ihn ganz mitnehmen. „Das war schon immer mein Traum und jetzt passt endlich alles: Wohnung , Arbeit, Zeit“, erzählt die Wuppertalerin.

Kirsten Simon rät ihr direkt zu einer Hundeschule. „Und man sollte vom ersten Tag an alles so machen, wie es sein sollte“, sagt sie. „Nicht dass die Tiere gleich wieder bei uns landen, auch wenn sie es hier oft einfach besser haben." So wie Bissy, der Welpe mit der Fehlbildung von der Autobahn. Noch trägt er nach seiner Knie-OP einen Verband. Bald kann er laufen.