Witten. . Tierfreunde schlagen Alarm: Die Armut in der Stadt bekommen auch die Vierbeiner zu spüren.Mitstreiter und Spender dringend gesucht
Die Tierfreunde Witten schlagen Alarm: Die Arbeit wird immer mehr, sie ist mit den wenigen Aktiven kaum noch zu bewältigen. Dabei ist es nicht etwa die Zahl verwilderter Katzen oder entlaufener Hunde, die dem Verein zusetzt. Es sind die Menschen. „Die Armut wird immer größer, immer mehr Leute brauchen Hilfe“, klagt die 1. Vorsitzende Anne Lukas. Die Tierfreunde tun, was sie können – für Zwei- wie für Vierbeiner. Doch langsam stoßen sie an die Grenzen ihrer Möglichkeiten.
Das Telefon steht nicht still während des Gesprächs mit Anne Lukas. Eine Frau braucht Hilfe beim Ordnungsamt. Sie fürchtet, man wolle ihr das Tier wegnehmen. Die Vorsitzende beruhigt. „Das wird schon, rufen Sie da noch mal an. Und sonst gehen wir halt zusammen hin“, sagt sie. Der nächste braucht einen Tisch für den Trödelmarkt, den dritten Anruf drückt die Wittenerin weg. „So geht das Tag für Tag“, sagt sie. Und nachts oft auch: „Neulich ruft jemand an und sagt, ich solle doch bitte sofort sein Tier abholen – ich meine, der wusste doch bestimmt auch schon am Nachmittag, dass er Betreuung braucht, oder?“
Mit einem blinden Esel fing es an
Dabei hatte doch alles ganz klein angefangen: Um ein blindes Zirkuspony zu retten, gründeten 50 Wittener im Dezember 2006 einen Verein. Inzwischen hat er 320 Mitglieder, ist einer der größten in Witten. „Aber leider sind wir nur 15 Aktive.“ Und die haben gut zu tun: Sie machen Vor- und Nachkontrollen in Familien, die sich für einen Hund aus dem Ausland interessieren. Nicht nur in Witten, auch in Bochum, Ennepetal, Iserlohn... „Wir kommen rum“, schmunzelt die 67-Jährige. Der Verein füttert täglich die verwilderten Katzen an der Kemnade, beteiligt sich finanziell an Kastrations-Aktionen für Katzen und vermittelt herrenlose Tiere.
Garage und Keller platzen aus allen Nähten
Um Geld in die Vereinskasse zu bekommen, stehen die Tierfreunde morgen wieder – wie an jedem zweiten Sonntag im Monat – von 11 bis 16 Uhr auf dem Trödelmarkt am Rathausplatz. Nächste Woche sind sie dann zur gleichen Zeit beim Trödel in der Werkstadt.
Nicht nur (guter) Trödel wird dafür immer benötigt, auch Lagerraum. Die Kapazitäten bei Familie Lukas und in der angemieteten Garage sind erschöpft. Der Verein braucht dringend ein Lager, eine günstige Möglichkeit, die gespendeten Waren unterzustellen.
Wer mitmachen will, sich als Spender beteiligen möchte, ein Tier aufnehmen könnte oder Lager zur Verfügung stellen will, der meldet sich unter 12241 (Anne Lukas) oder 62412 (Iris Meißner).
Die meiste Zeit und Energie kostet aber eine ganz andere Seite der Vereinsarbeit: „Wir sind quasi der Kummerkasten für die Menschen.“ Muss ein Kranker in die Klinik, kann sich ein Alter nicht mehr um den Hund kümmern, braucht ein Armer Hilfe beim Futterkauf: Die Tierfreunde springen ein. „Wir verwahren das Tier so lange selbst, bis der Halter wieder auf den Beinen ist oder organisieren eine Unterbringung.“ Im Tierheim etwa, von dem Lukas in den höchsten Tönen schwärmt: „Die jungen Leute arbeiten toll mit uns zusammen.“ Die Tierfreunde organisieren Käfige, geben Tipps zur artgerechten Haltung, übernehmen Fahrten zum Tierarzt und sagen im Zweifelsfall auch schon mal dem Amt Bescheid, wenn es irgendwo ganz furchtbar hakt. „Das ist alles Tierschutz – Tierschutz der besonderen Art.“
Regelmäßig auf dem Trödelmarkt
Rund 1500 Euro monatlich kostet den Verein das. „Wir machen alles ehrenamtlich“, betont Lukas. Bezahlt werde dem Verein nichts. Die Tierfreunde bestreiten die Kosten durch Spenden und dem, was sie auf Trödelmärkten einnehmen: Regelmäßig stehen sie auf dem Rathausplatz und in der Werkstadt.
Bei so viel Arbeit tut Hilfe Not: (Zeitlich begrenzte) Pflegestellen für Tiere sind dringend nötig. „Aktuell müssen wir ganz schnell einen Dackel-Mix unterbringen“, sagt Lukas. Aktive Mitstreiter wünscht die Vorsitzende sich. Viel guten Trödel, der auf den Märkten Geld bringt. Ein paar mehr Spender, die die Kasse füllen. „Ach ja, und Paten für das Pony.“ Das lebt nämlich immer noch – auf dem Gnadenhof.