Witten. Ein Paukenschlag mit Ankündigung. SPD-Fraktionsvorsitzender Thomas Richter und Vize Willi Humberg kehren der Partei nach über 40 Jahren den Rücken.

Gut zwei Monate nach ihrer Ankündigung, Konsequenzen aus dem Fall Leidemann zu ziehen, sind der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Richter (59) und sein Vize Willi Humberg (67) aus der Partei ausgetreten. Im Rat wollen sie aber bleiben und dort zusammen mit dem ebenfalls ausgetretenen Hevener Ortsvereinsvorsitzenden Claas Kretzmer (46) die Minifraktion „Solidarität für Witten“ gründen.

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Damit reagieren die drei auf die Entscheidung der Bundesschiedskommission, Bürgermeisterin Sonja Leidemann (55) trotz ihres Verstoßes gegen die Parteistatuten nicht wie vom Unterbezirk beantragt und von der Landesschiedskommission bestätigt auszuschließen. „Andere verletzen nicht nur die Regeln des Miteinanders, sondern verstoßen vorsätzlich dagegen“, schreiben Richter, Humberg und Kretzmer in einer Erklärung zu ihrem Parteiaustritt.

Entscheidung der Bundesschiedskommission „Nichts mit Gerechtigkeit zu tun“

Auf dieses undemokratische und parteischädigende Verhalten (gemeint ist Leidemann) habe die Bundesschiedskommission nur mit einer Rüge reagiert undd damit bundesweit jedem Funktionär in der Partei die Möglichkeit eröffnet, sich zukünftig ebenso zu verhalten“, so die drei Genossen, die nach eigenen Angaben „gemeinsam seit fast 100 Jahren“ Mitglieder der SPD sind. Mit Gerechtigkeit habe diese Entscheidung nichts zu tun.

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Parteichef Ralf Kapschack (61) werfen sie vor, nicht aktiv für sie eingetreten zu sein, um die im Parteistatut verbriefte Würde zu schützen – obwohl im letzten Jahr Lügen über sie „verbreitet, „wir der Unwahrheit bezichtigt und sogar beleidigt wurden“. Sie seien menschlich tief enttäuscht. „Mit Solidarität hat dieses Verhalten nichts zu tun.“

Stadtverband reagiert mit Bedauern, aber auch mit Unverständnis

Der SPD-Stadtverband unter Vorsitz Kapschacks bedauert zwar den Austritt, drückt aber auch sein „Unverständnis“ aus. „Die Begründung für diesen Schritt können wir nur schwer nachvollziehen“, heißt es in einer Erklärung. Persönliche Befindlichkeiten und Enttäuschungen seien selten gute Ratgeber für politische Entscheidungen.

Auf kein Verständnis stößt die Entscheidung der drei ehemaligen Genossen, ihr Ratsmandat zu behalten und eine neue Fraktion gründen zu wollen. Diese Absicht bezeichnet der Stadtverband als „völlig inakzeptabel“. Denn ohne die SPD wären Richter, Humberg und Kretzmer laut Partei niemals Ratsmitglieder geworden.

„Arbeitsfähigkeit des Rates weiter geschwächt“

Zudem hätten sie selbst nach der letzten Kommunalwahl die Einschränkung der Arbeitsfähigkeit des Rates durch die vielen Fraktionen und Gruppierungen kritisiert. Wörtlich erklärt der Stadtverband: „In einer ohnehin schwierigen Situation für unsere Stadt schwächen sie diese Arbeitsfähigkeit nun noch weiter.“

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Die Ex-Genossen begründen die Bildung einer eigenen Fraktion damit, weiterhin aktiv für die Menschen in dieser Stadt eintreten zu wollen. Ihnen, die „im Herzen überzeugte Sozialdemokraten sind“, seien die Mandate direkt, „also nicht über eine Parteiliste“, von den Bürgern erteilt worden. „Wir werden dieses Vertrauen, welches teilweise seit sechs Wahlperioden in uns gesetzt wird, nicht enttäuschen“, schreiben die drei.

Vieles deutet auf Uwe Rath als neuer Fraktionschef hin

Willi Humberg gibt neben dem stellvertretenden Fraktionsvorsitz auch das Amt des SPD-Ortsvereins in Annen auf. Nachfolger Richters als SPD-Fraktionschef könnte sein zweiter Vize Dr. Uwe Rath werden.