Witten. . 400.000 Euro kosten die Umbauten, die das Jobcenter Witten sicherer machen sollen. Leiter Michael Gonas: „Beleidigungen erleben unsere Mitarbeiter täglich.“

In wenigen Wochen sollen die Umbauarbeiten abgeschlossen sein, die das Jobcenter in Witten-Annen sicherer machen werden. Geschlossene Glastüren auf den einzelnen Etagen, Zwischentüren, durch die Mitarbeiter im Falle eines Falles ins Zimmer des Kollegen flüchten können, Schulungen im Umgang mit aggressiven Kunden. „Ich hätte es lieber anders gehabt. Aber wir müssen für unsere Leute die größtmögliche Sicherheit herstellen“, erklärt Michael Gonas, Leiter des Jobcenters, die Maßnahmen.

Eine tödliche Messerattacke eines 52-jährigen Mannes auf eine Mitarbeiterin (32) des Jobcenters Neuss hatte vor drei Jahren bundesweit zu einer Diskussion über Sicherheitsstandards in den Einrichtungen geführt. Auch in Witten wurde darüber nachgedacht, wie man mögliche Gefahren für Mitarbeiter am Arbeitsplatz reduzieren kann. Gonas: „Wir wollten da aber keinen Schnellschuss machen.“ Zusammen mit der Kreisverwaltung, zu der das Jobcenter gehört, hat man stattdessen ein Konzept erarbeitet.

Der Chef fing sich eine Backpfeife ein

Seit Jahresbeginn laufen die Umbauarbeiten im ehemaligen Ostermann-Möbelhaus an der Holzkampstraße. Waren zwei Zimmer von Kollegen bislang nur durch ein Fenster miteinander verbunden – um im Ernstfall auf sich aufmerksam machen zu können – wurden jetzt zusätzlich Verbindungstüren als mögliche Fluchtwege eingebaut.

Die einzelnen Etagen des Jobcenters sind nicht mehr frei zugänglich. Die verglasten Eingangsbereiche bleiben künftig geschlossen. Kunden kommen mit dem Aufzug oder zu Fuß bis vor die jeweilige Glastür. „Auf jeder Etage werden noch zwei Telefone und eine Liste mit den Nummern unserer Mitarbeiter hängen. Ist der Kunde im Haus, ruft er von dort den Kollegen an, bei dem er einen Termin hat. Der holt ihn dann an der Tür ab“, erläutert Gonas. Der Infoschalter des Jobcenters auf der zweiten Etage liegt jetzt ebenfalls hinter Glas.

Der Chef betont, dass es in seinem Haus nicht ständig zu tätlichen Auseinandersetzungen komme. Die seien die Ausnahme. „Aber verbale Attacken, Beleidigungen, das Anschreien von Kollegen – das ist mittlerweile an der Tagesordnung.“ Die Polizei sei ein- bis zweimal wöchentlich im Jobcenter. Ein wütender Kunde habe einmal einen Stuhl in Richtung Mitarbeiter geworfen. Michael Gonas fing sich eine Backpfeife ein, als er sich in einem anderen Fall in eine lautstarke Auseinandersetzung einschaltete. „Und wenn einer am Telefon sagt: ,Ihr wisst ja, was in Neuss passiert ist. Ich komme auch mal vorbei’, darf ich das nicht als Scherz abtun, sondern muss es natürlich ernst nehmen.“

Gespräche können einmal „hitziger“ verlaufen

Der Leiter des Jobcenters hat Verständnis dafür, dass Gespräche schon einmal „hitziger“ verlaufen können. „Hier geht es schließlich um Existenzielles.“ Aber es gebe Grenzen, auf die man – je nach Situation – angemessen reagieren müsse. Mitarbeiter würden auch dahingehend geschult, wie man „deeskalierend“ auf unangemessenes Verhalten reagieren sollte. „Das kann dann auch einmal darin bestehen, dass man ein Telefonat kurzerhand beendet.“