Kemnade. .
Ja, wir haben geschmunzelt.Und ja, wir haben gelacht. Aber die dritte Comedy-Nacht beim Zeltfestival Ruhr war nicht nur lustig. Die Veranstaltung hatte Ausreißer nach oben und nach unten. Nach ganz unten.
Man merkt, dass man gut unterhalten wird, wenn man nicht drüber nachdenken muss, ob der Wagen, den man im Bereich der Zeltstadt am Kemnader Stausee abenteuerlich geparkt hat, abgeschleppt wird. Und Hennes Bender, Bochumer Junge und am Sonntagabend Gastgeber im großen Zelt, schaffte es prompt, das Publikum mit seiner adrenalingefüllten Art und vor allem im Schottenrock an sich zu fesseln. Der kleine Mann schrie cholerisch in das Mikrophon, war sofort auf Betriebstemperatur und hieß die gut 1.200 Zuschauer in Bochum willkommen.
„Lukas’ Tagebuch“ modern vom iPad
Stilecht mit einer Vuvuzela kündigte Bender seinen ersten Bühnengast an: Jan Böhmermann, bekannt aus Funk und Fernsehen und dort vor allem durch seine Parodie auf den deutschen Nationalspieler Lukas Podolski. Während draußen das Wetter alles andere als zart an dem Zelt rüttelte, präsentierte Böhmermann „Lukas’ Tagebuch“ modern von seinem iPad, was vielleicht dafür sorgte, dass der Comedian das eine oder andere mal aus seiner Rolle fiel. Aber das Publikum verzieh ihm diese sympathischen Ausrutscher, weil es mit Lukas noch einmal die WM in Südafrika Revue passieren lassen durfte. „Zebrastreifen gehen auch bei 90 Grad nicht raus“, „Culcha Mandela“ und „ein Tintenfisch hat mehr Ahnung von Fußball als Béla Réthy“ – fünf, sechs Folgen aus dem Tagebuch des Kickers und kein Gedanke an einen Abschleppwagen.
Hennes Bender nahm das Fußball-Thema gerne auf und streute Salz in die Wunden aller VfL-Bochum-Fans. Das Team aus der Ruhrstadt hatte am Freitag in Aue verloren und Bender gab zu, dass er „nicht mal wusste, dass Aue noch zu Deutschland gehört“.
„Nicht nur lachen, weil ich Jude bin“
Sorgte dieser Gag noch für Lacher aus vollem Hals, blieben dem Publikum beim zweiten Bühnengast die Lacher häufig im Halse stecken. Oliver Polak, eher Kabarettist als Comedian, ist Jude und machte Witze über Deutschlands dunkelste Vergangenheit. „Ich vergesse für heute Abend den Holocaust und ihr verzeiht uns Michel Friedman“. Polaks Witze über Beschneidungen, die Gestapo und den Antisemitismus waren nicht jedermanns Geschmack. Auch nach 70 Jahren ruft das Thema doch eher Beklemmung aus – die Reaktionen waren auf jeden Fall eher verhalten verlegen. Mit diesen harten Worten hatten die Zuschauer bei einer „Comedy Nacht“ wohl nicht gerechnet.
Der Auftritt von Hennes Bender zu „Dreams are my reality“ und das kölsche Mädel Carolin Kebekus, die zum zweiten Mal auf der Bühne des ZfR stand, sorgten im Publikum doch hörbar für Erleichterung. Kebekus schoss sich vor allem auf das Unterschichten-Programm im deutschen Fernsehen ein und traf damit absolut den Nerv der Zuschauer. Ob Casting-Show, „Bauer sucht Frau“ oder die Ausreißer – alle bekamen ihr Fett weg. Und das Zelt tobte. Und der abenteuerlich geparkte Wagen? Egal.
Es wurde zu einer Comedy Nacht. Als guter Gastgeber nahm Hennes Bender die Stimmung auf und heizte mit seiner Homage an „Spongebob“ und das Ferkel aus „Winnie Pooh“ die gute Laune im Zelt weiter an.
Breuer mutig – sonst nichts
Doch dann, ja dann kam Jimmy Breuer. Der „neue Stern am Spassfirmament“, der auf 1Live in seinen 30-Sekündern gerade noch so ertragbar ist, zog die Stimmung und vor allem das Niveau auf den Gefrierpunkt. Draußen, im strömenden Regen, war es wohl angenehmer, als zu Breuers Auftritt im Zelt. Das Einzige, was man Breuer attestieren konnte ist Mut. Mut, seine „Show“ konsequent 15 Minuten durchzuziehen. Aber ein umgedrehtes Käppi und pseudolustige Spaßanrufe machen noch lange keinen Komiker. Ob der Wagen wohl noch an seinem Platz stand? Was das wohl kostet, abgeschleppt zu werden…
„Heute sind wir alle Afrikaner“
Zum Glück haben sich die Organisatoren der Comedy Nacht den Höhepunkt des Abends für den Schluss aufgehoben. Dave Davis mit seiner Figur Motombo Umbokko war ein toller Abschluss für einen ganz netten Abend. Der sympathische Toilettenmann aus Afrika mit seinem „schwarzen“ Humor war die Rettung der Veranstaltung. Und was festzuhalten bleibt: Motombo spricht scheinbar besseres Deutsch als Lukas Podolski. Nach seinem fröhlichen Rausschmeißer-Song „Heute sind wir alle Afrikaner“ erntete Davis den meisten Applaus des Abends.
Noch während Hennes Bender allen Beteiligten dankte – Jimmy Breuer wurde standesgemäß ausgebuht – verließen die Zuschauer das Zelt. Einige sicherlich mit dem Gedanken im Hinterkopf, ob der Wagen wohl noch am selben Platz stand.