Bochum/Witten. .

Im Ausverkauf einstiger Größe - und am Limit des eigenen Potenzials: Die Simple Minds am Freitag spielten vor rund 4000 Gästen beim Zeltfestival Ruhr.

Es gibt diese Songs, die selbst nach langer Zeit noch immer mit einem bestimmten Jahr verbunden werden. Springsteens „Born in the USA“ von 1984 ist so einer, Bowies „Heroes“ markiert das Jahr 1977. Die Liste ist lang, aber die Simple Minds, die am Freitag beim Zeltfestival gastierten, haben gleich zwei darauf stehen. Selbstverständlich ist hier „Don’t you (forget about me)“ von 1985 zu nennen, dem Jahr von Live Aid, dem Mega-Festival, das den Schotten zu weltweitem Ruhm mit verhelfen sollte. Vielleicht noch schöner aber war der lange heiße Sommer von 1982; mit „Somewhere, someone (in summertime)“ lieferten die Simple Minds einen einzigartig passenden Soundtrack zum Wetter. Auch die anderen Songs aus dem Album „New Gold dream“ zeigen: Die Band um Frontmann Jim Kerr hatte endgültig zu einem völlig eigenständigen, unverwechselbaren Sound gefunden.

Denn die Frühphase der 1978 gegründeten Band war keineswegs eine Erfolgsgeschichte. Zu zögerlich tastend wirkte auf viele ihr Versuch, mit einer Mischung aus zurückhaltender Punk-Attitüde und dem gerade aufkommendem New Wave eine eigene Balance halten zu können. Erst rückblickend fällt auf, dass diese Phase zu den interessantesten ihrer Vita zählt.

Betonung des Aktuellen

Leider spielten Songs aus ihrer Frühzeit beim Konzert am Freitag in Bochum überhaupt keine Rolle. Sicher hätte mancher gern mal wieder „The American“ gehört. Eignet sich prima zum kollektiven Mitsingen, ohnehin ein Kennzeichen von Simple Minds-Konzerten. Aber als Band, die sich selbst nicht im Ausverkauf sieht, wurde betont, dass man auch etwas Aktuelles im Gepäck hat, also kreativ ist und sich nicht auf einer endlosen Biggest Hits-Tour befindet. „Graffiti Soul“ stammt aus dem letzten Jahr und ist ganz gefällig.

Nein, Aufregendes, Spannendes gar ist von den Simple Minds (dt.: die Einfältigen, die schlichten Gemüter) nun wirklich nicht mehr zu erwarten. Aber das ist bei vielen so, die etwas in die Jahre gekommen sind. Doch ihre Live-Auftritte gelten weiterhin als Garant für gute Laune. Und als Garant für schöne Erinnerungen, an damals, als manches so schön neu war. Dafür liefern sie dann die Filmmusik.

Natürlich spielte das Quintett, unterstützt von einer wunderbaren Background-Sängerin mit viel Soul und einer Einzelvorstellung zum Ende des Abends, einige Hits. Viele fehlten. Umhüllt von den typischen theatralischen Keyboardbögen füllten „Don’t you“, „Mandela Day“, „Alive and kicking“, „New Gold Dream“, „Somewhere, sometime“ das große Zelt.

Eine Stunde Wartezeit

Jim Kerrs gestisches Repertoire ist dabei in all den Jahren nicht gewachsen. Hände klatschen, Arme schwenken, ab und zu mal in die Hocke gehen. Das Publikum ließ sich sofort – nach einer Stunde Wartezeit immerhin, in der man auch schon mal mit Murren anfangen kann – mitziehen. Das war eben so ein Konzert, wo jeder mitmacht.

Jeder aber dann doch nicht. Gar nicht wenige verließen bereits vor der Hälfte der knapp eineinhalb Stunden das Zelt, um sich vielleicht doch das Ochsenbäckchen vom Stand nebenan zu gönnen, das einen seit Tagen so anhimmelt. Das mag am Sound gelegen haben. Nun, der war bei den Simple Minds zwar schon immer recht breit und opulent angelegt, doch an diesem Abend wirkte er überladen, vollgestopft und undifferenziert. Hinzu kam, dass Kerr mehrfach gesanglich neben der Spur lag. Trotz größtenteils guter Stimmung. Etwas uninspiriert war das schon.