Kemnader See.

Altstar Carpendale überzeugt beim Zeltfestival sogar Schlager-Skeptiker mit seiner großartigen Live-Band.

„Muss ich mich schämen, dass ich hier bin?“ Die Dame im schicken Kostüm scheint Zweifel an ihrer Entscheidung zu hegen, den Abend mit ihren Freundinnen beim Zeltfestival zu verbringen: „Mein Enkel hat gesagt: Oma, ich gehe überall mit dir hin, aber nicht zum Carpendale“. Aber was soll man auch mit einem Enkel, wenn der Mann der großen Gefühle, der Meister des „Sch“ und des weichen „R“ auf der Bühne steht?

„Hart, härter, Howard“ hat sich ein Damenclub aufs T-Shirt gedruckt. Schon lange vor dem Konzert stimmen sie „Hello again“ auf der Damentoilette an. Selten war die Prosecco-Bar so begehrt. Ein Likör-Hersteller verteilt Gratis-Proben. „Ich bin gleich schon wuschig, wenn der Howie kommt“, jubelt eine Frau.

Aber als Howie (64) die Bühne betritt, ist es ohnehin um alle 1500 geschehen. Sogar die letzten Schlager-Skeptiker springen auf, nicht nur, weil sie sonst die Bühne nicht mehr sehen könnten. Pünktlich wie die Maurer fängt die Band an zu spielen, eine rockige Melodie für den beliebtesten Südafrikaner Deutschlands.

Jubel brandet auf, „Howie“-Rufe. „Isch will eusch hier in Bochum etwas sagen“, haucht er. Was denn? „Hello again“, oder gar „Ti amo“ – isch liebe eusch? Denkste. Mister Carpendale eröffnet mit einem Rock-Klassiker: „Simply the best“ von Tina Turner. Schon jetzt beweist seine Band, dass sie ihn durch dieses Konzert tragen wird. Das ist handfeste Musik, beinahe Rock’n’Roll.

Das Tempo ist beeindruckend. Ein guter Punkrock-Song dauert zweieinhalb Minuten, heißt es. Ein guter Schlager ist kaum länger. Anders ist es nicht zu erklären, dass Howie und Band 32 Stücke in zwei Stunden schaffen – unterbrochen von launigen Moderationen des Sängers.

Der scherzt, nimmt besonders gern Bassist Franky Itt aufs Korn. Aber hauptsächlich singt er. Zum Beispiel: .„Wir haben alles überlebt“. Zweimal, zuletzt als Zugabe. Von den Stürmen der Liebe handeln die Lieder. Erwachsene Liebesgeschichten. Howie singt Neues, aber auch Klassiker wie „Deine Spuren im Sand“, „Fremde oder Freunde“ und „Geh doch“. Auf „Ti amo“ müssen die Fans bis zur Zugabe warten.

Die Songs, immer an der Grenze zum Kitsch, sind fest verbunden mit den typischen Howie-Gesten, dem lockeren Stand, der geballten Faust. Aber Howie singt nicht nur eigene Songs, sondern auch Stücke von Kollegen: „Über sieben Brücken“ ist einer der Höhepunkte des Konzerts.

Immer wieder versuchen weibliche Fans mit Blumen in die erste Reihe zu gelangen. Die Rosen für ihren Helden werden sie dort aber nicht los. Sicherheitsmänner schicken sie ein ums andere Mal zurück auf ihre Plätze. Erst nach der Pause nimmt Howie die erste Blume entgegen – Schlagerfans haben Ausdauer.