Wattenscheid. . Bei Rettungseinsätzen kommt es auf jede Sekunde an. In Wattenscheid nähern sich Notarzt und Rettungswagen oft aus unterschiedlichen Richtungen dem Ziel. Rendezvous-System heißt dies. Wie läuft's? Wir haben die Retter einen Tag lang begleitet.

Mit Vollgas über die Friedrich-Ebert-Straße, quietschende Reifen am Einsatzort, und nach getaner Arbeit mit breiten Schultern aus dem Haus kommen: Leben gerettet! Hollywood oder Hellwegstadt?

Es ist Donnerstagmorgen, 7.45 Uhr: Dämmerung über dem Martin-Luther-Krankenhaus. Heute ist einer von vier Wochentagen, an denen der hausinterne Notarztwagen unterwegs ist. Um 8 Uhr treten Oberärztin Susanne Henkelüdecke und Rettungsassistent Markus Pisulla zum Dienst an, gleich die Begrüßung im Arztzimmer scheint das cineastische Vorurteil zu bestätigen. „Sind Sie unfallversichert?“

Der Notruf bleibt zunächst noch ruhig. Kaffeegeruch und eine Atmosphäre, durchmischt von verschiedenen Erwartungshaltungen, hängen in der Luft. Während ich nervös bin bei dem, was auf uns zukommt, gehen die Fachkräfte ihrem Alltag nach. Henkelüdecke bereitet einen Vortrag vor, Pisulla sinniert über frühere Einsätze. Um 8.58 Uhr meldet der Funk: Hohensteinstraße, Lähmungs- und Schwächeerscheinungen bei einem älteren Herrn. Selbst als Laie weiß man sofort, das könnte ein Schlaganfall sein. Der Puls geht hoch, schnell ins Auto gesprungen. Vor lauter Aufregung fällt mir das Anschnallen schwer und ich überlege, wie gut denn meine Unfallversicherung wohl wirklich ist.

"Die machen so ziemlich alles falsch"

Dabei hatte ich jedoch nicht mit den sich kreuz und quer stellenden anderen Verkehrsteilnehmern gerechnet: „Die machen so ziemlich alles falsch, was man in der Situation falsch machen kann“, sagt Fahrer Pisulla. Trotzdem sind wir schnell da. Der Rettungswagen steht schon parat, und um 9.23 Uhr geht es bereits nach der Erstversorgung mit Blaulicht und Martinshorn zum Bergmannsheil. Der Patient hat sich sogar innerhalb des Transports erholt, Übergabe und Einsatzende.

Noch während der Fahrt zurück in die Alte Freiheit piept erneut der Funk: „Gynäkologisches Problem, 12. Schwangerschaftswoche“, teilt mir Henkelüdecke mit. Als wir Auf dem Hagedorn ankommen, ist erneut ein RTW schon vor Ort. „Wir treffen uns immer im so genannten Rendezvous-System. Das heißt, die Fahrzeuge kommen aus unterschiedlichen Einsatzzentralen“, erklärt die 40-Jährige. Die Patientin kommt zu Fuß aus ihrem Haus, wir begleiten den RTW zum Augusta-Krankenhaus, das Schicksal der Frau bleibt mir unklar. „Auch ich weiß manchmal nicht, was aus den Patienten, die ich erstversorgt habe, geworden ist. Manchmal frage ich zwar mal in den Krankenhäusern nach, aber das muss schon ein spannender Fall sein oder es geht um reine Qualitätskontrolle“, berichtet die Anästhesistin und Mutter einer Tochter aus ihrem Alltag. Einsatzende: 10.30 Uhr.

Notarztwagen am MLK

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Kurzer Pit-Stop

Nach kurzem Pit-Stop klingelt’s wieder. Ein Krampfanfall, ein paar Häuser weiter als am Morgen, wird von der Hohensteinstraße gemeldet. Schnell noch kurz ein Butterbrot reingeschlungen, um 11.40 Uhr steht unser orangener SUV schon vor der richtigen Tür. Ich bleibe erneut vor der Wohnung. Wider Erwarten ist die anfängliche Aufregung bereits verflogen. Das Gefühl des hilflosen Drumherum-Stehens ist weg, die Profis wissen schon, was sie machen. Eher bin ich jetzt neugierig, wie’s weitergeht. Noch in meinen Gedanken, sehe ich den Patienten zum Krankenwagen torkeln. Da haben wir nichts mehr mit zu tun, Einsatzende.

Es ist Mittag. Noch ein Notfall Am Beisenkamp, erneut versperren Schlafmützen die Zufahrt. Dann ist Feierabend, 13 Uhr. Ein stressiger Tag geht zu Ende, Alltag für die Protagonisten in den gelben Jacken.