Wattenscheid-Leithe. Die Stadt Bochum verbietet einem Kraftsportverein das Training in der Grundschule Leithe in Wattenscheid. 50 Jahre hatten sie dort trainiert.
Der Hausmeister war es, der den Sportlern des Kraftsportvereines Bochum 1898 (KSV) die Hiobsbotschaft überbrachte. „Er hat uns Ende 2022 gesagt, dass er uns bald nicht mehr aufschließen dürfe“, erinnert sich der zweite Vereinsvorsitzende Lino Ruppel (32). Knapp 50 Jahre lang hatten die Sportlerinnen und Sportler des Vereines zuvor in einem Keller der Grundschule Leithe trainiert. Kraftdreikampf mit Kniebeugen, Kreuzheben und Bankdrücken sowie olympischem Gewichtheben.
Dass damit in Leithe nun Schluss sein sollte, das erfährt der Verein nach eigenen Angaben erst nach mehrfacher Nachfrage Ende Mai dieses Jahres. „Im März durften wir nicht in Leithe trainieren, weil es über sechs Wochen einen Stromausfall gegeben haben soll“, erzählt Lino Ruppel.
Grundschule Leithe: Aus für das Kraftsport-Training im Keller
Bei der Stadt bestätigt man auf Nachfrage, dass der Verein nicht mehr im Keller der Grundschule Leithe trainieren dürfe. Bereits in der zweiten Jahreshälfte 2022 habe es bei der Verwaltung Meldungen gegeben, dass die Trainingsstätte der Kraftsportler für die Schülerinnen und Schüler in Gefahr bringe. Der Grund: Die Räume könnten nicht vom Rest des Schulgebäudes abgetrennt werden, die Türen müssten aus Brandschutzgründen geöffnet bleiben.
„Im vergangenen Jahr häuften sich Vorfälle, in denen Schülerinnen und Schüler zwischen den schweren Sportgeräten des Vereins gefunden wurden“, so heißt es von der Stadt. „Gerade für Kinder im Grundschulalter stellt dies ein enormes Gefährdungspotenzial dar und wurde auch durch den Sicherheitsbeauftragten der Schule moniert“, so heißt es weiter. Zusätzlich seien Vereinsmitglieder nach Angaben der Stadt auch in anderen Stockwerken der Schule gewesen, obwohl ihnen nur die Nutzung des Kellers erlaubt war. Schließlich biete der Raum auch baulich nicht die optimalen Voraussetzungen für eine sportliche Nutzung.
Ausweich-Quartier eigne sich nicht für das Kraftsport-Training
Lino Ruppel und die anderen Sportler können die Begründung grundsätzlich nachvollziehen, fragen aber: „Warum war das 50 Jahre lang kein Problem?“ Die Stadt begründet das mit steigenden Schülerzahlen an der Grundschule. „Bei der ersten Zuweisung der Flächen an den Verein in den 70er Jahren lag die Zahl der Schülerinnen und Schüler bei gut 150, aktuell bei über 400.“
Und wie regelt der Kraftsportverein nun sein Training? Die Sportler weichen derzeit in die Harpener Heide aus. Im Obergeschoss der dortigen Halle nutzen sie das Fitnessstudio. „Doch zum Gewichtheben ist das Gebäude absolut nicht geeignet“, sagt Lino Ruppel. „Außerdem haben wir viel zu wenig Platz.“ Die Sportler weichen aus: Sie trainieren bei anderen Vereinen, im Fitnessstudio. Aber glücklich sind sie damit nicht. „Es geht ja nicht nur um das Training, sondern vor allem auch um das Gemeinschaftsgefüge“, sagt der Vereinsvorsitzende Adnan Köklü (32).
Sportler zeigen sich von fehlender Kommunikation enttäuscht
Der Verein zeigt sich vor allem von der Kommunikation mit der Stadt enttäuscht. „Warum ist nie jemand auf uns zugekommen? Warum haben wir alles immer nur über drei Ecken erfahren?“,fragt sich Lino Ruppel. Auch bei der Suche nach einem neuen Standort fühlen sie sich nicht unterstützt. Immerhin habe sich die Stadt bereiterklärt, die schweren Geräte aus der Grundschule Leithe einzulagern und auch den Transport zur Lagerstätte zu organisieren.
„Aus dem städtischen Gebäudebestand konnte dem Verein bis dato keine Alternative angeboten werden“, heißt es auf Nachfrage von der Stadt. „Die spezifischen Wünsche hinsichtlich der Ausstattung und der Verortung im Stadtgebiet ließen dies bislang nicht zu; es wird aber weiterhin intensiv gesucht.“ Nur kurz nach dem Gespräch mit der WAZ meldete sich die Stadt erneut bei dem Verein. Nun werde auch das Stadtmarketing etwa in Ladenlokalen nach einer Trainingsmöglichkeit suchen.
Darauf hoffen auch Lino Ruppel, Adnan Köklü und die anderen knapp 240 Vereinsmitglieder. „Bei uns trainieren Kinder, Flüchtlinge“, sagt Lino Ruppel. Wenn wir ihnen keinen Raum bieten können, dann sind die wieder weg. Das können wir uns nicht leisten!“