Wattenscheid-Mitte. Der August-Bebel-Platz in Wattenscheid wird umgestaltet - und das ohne privaten Kfz-Durchgangsverkehr. Das Thema wurde heftig diskutiert.

Dass der öde August-Bebel-Platz in der Wattenscheider Innenstadt attraktiver werden und an Aufenthaltsqualität gewinnen muss, ist unumstritten bei Bürgern und Parteien. Knackpunkt in der Diskussion ist aber die Frage, ob der motorisierte Individualverkehr (MIV) - also der private Kfz-Verkehr - hier verbannt werden soll und nur noch ÖPNV (Busse und Straßenbahnen) als Durchgangsverkehr erlaubt sein soll. Das wollen SPD, Grüne und FDP, die als Koalition in der Bezirksvertretung Wattenscheid die Mehrheit haben.

Knappe Mehrheit in der Bezirksvertretung Wattenscheid

Mit ihren Stimmen erhielt in der BV-Sitzung am Dienstag die entsprechende, von der Verwaltung favorisierte Variante 4 die Mehrheit für den EU-weiten Realisierungswettbewerb „Umgestaltung des August-Bebel-Platzes“. Wolfgang Rohmann (SPD), Sonja Lohf und Oliver Buschmann (Grüne) sowie Rolf Heyer (FDP) verwiesen darauf, dass auch mit Blick auf die Mobilitätswende ein Umbau ohne MIV zukunftsweisend sei. Außerdem sei dies die Voraussetzung, um hohe Städtebaufördermittel für den Umbau zu erhalten.

Stadtrat Bochum soll jetzt entscheiden

Entscheiden soll nun letztlich der Stadtrat Bochum - und nicht die Bezirksvertretung Wattenscheid. Vorwurf der Kritiker: Dadurch soll ein Bürgerbegehren/Bürgerentscheid gegen das Vorhaben, wie Ende 2019 angedacht, ausgehebelt werden.

Europaweiter Realisierungswettbewerb für August-Bebel-Platz

Für die Weiterführungen der Planungen zur Umgestaltung des August-Bebel-Platzes ist ein europaweiter Realisierungswettbewerb vorgesehen. Burkhard Huhn vom Stadtplanungsamt und ein Gutachter hatten in der Sitzung erläutert, dass sich die verkehrlichen Auswirkungen auf die umliegenden Straßen in Grenzen hielten und die Zahl der Stellplätze nicht sinken würde.

Keine Mehrheit für Änderungsanträge in Wattenscheid

Keine Mehrheit erhielt der Änderungsantrag der Fraktion UWG/Freie Bürger, der als Vorgabe für den Planungswettbewerb eine MIV-freie (Variante 4) oder eine verkehrsberuhigte einspurige Verkehrsführung (Variante 1) auf dem August-Bebel-Platz vorsah. Die Querung der Platzfläche sollte somit für den Kfz-Verkehr gesperrt oder auf eine Spur beschränkt werden.

August-Bebel-Platz: Umgehungsstraßen im Fokus

Hans-Josef Winkler (UWG/Freie Bürger) erklärte: „Die zu erwartende Belastung der Anwohner in den umliegenden Straßen durch den stark zunehmenden Umgehungsverkehr wurde nicht ausreichend bis gar nicht berücksichtigt. Außerdem ist der Verkehrsfluss an den entstehenden Knotenpunkten nicht überzeugend dargestellt. Zudem hat eine qualifizierte Bürgerbeteiligung zur MIV-freien Variante, insbesondere eine Beteiligung der Anwohner, die direkt durch den stark zunehmenden Umgehungsverkehr betroffen wären, nicht stattgefunden.“ Er befürchtet eine deutliche Zunahme der Verkehrsbelastung in den Umgehungsstraßen. „Und wo war denn in den letzten zwei Jahren die von der Stadt Bochum so oft betonte Bürgerbeteiligung bei diesem so wichtigen Thema?“

Nur noch Busse und Straßenbahnen sollen nach den Plänen auf dem August-Bebel-Platz verkehren.
Nur noch Busse und Straßenbahnen sollen nach den Plänen auf dem August-Bebel-Platz verkehren. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Kritik auch von der CDU in Wattenscheid

Heftiger Gegenwind kam auch von der CDU, die für die Varianten 1 und 3 war, wie Fraktionsvorsitzender Gerd Kipp und Marc Westerhoff, Vorsitzender der CDU Wattenscheid, erklärten. „Der August-Bebel-Platz ist der zentrale Verkehrsknotenpunkt in Wattenscheid. Dieser sollte zukünftig so gestaltet sein, dass der Platz ein positives Erscheinungsbild abgibt und den Interessen der Bürger dient. Die CDU kann keine Pläne befürworten, in welchen der Verkehr nicht mehr über den Platz geleitet wird. Die kleinen Seitenstraßen würden nur noch mehr belastet.“

Einzelhandel beachten

Auch den angedachten Neubau auf dem Parkplatz sieht die CDU Wattenscheid kritisch. „Dieser beengt den Platz nur und bietet in keiner Weise einen Abschluss des Platzes. Der Abschluss ist schon durch die Gebäude auf der Voedestraße ausreichend gegeben.“

Derzeit sei der Platz auch ein wichtiger Knotenpunkt für den Individualverkehr, „den es zu erhalten gilt. Dazu gehören auch Parkplätze für die Besucher, die dort die Ärzte und den Einzelhandel aufsuchen. Die Einzelhändler vor Ort stehen jetzt schon unter großem Druck, insbesondere durch die Folgen der Pandemie. Den Einzelhändlern jetzt noch Kunden durch wegfallende Parkplätze sowie einer langen Bauzeit zu nehmen, würde viele zur Schließung ihrer Läden treiben“.