Wattenscheid. Der Pfarreientwicklungsprozesses hat auch für die Großpfarrei St. Gertrud in Wattenscheid erhebliche Auswirkungen. Dazu ein Interview.
Zum „Sehen, Urteilen, Handeln“ hat Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck die Christen der Großpfarrei St. Gertrud – und damit die der einzelnen sieben Gemeinden – im Rahmen des Pfarreientwicklungsprozesses (PEP) aufgefordert. „Sehen“ und „Urteilen“ sind abgeschlossen. Jetzt sind Handlungskonzepte gefragt. Über den aktuellen Stand der Dinge innerhalb des PEP hat Redakteurin Ellen Wiederstein mit Alfons Jost (Kirchenvorstand) und Pia Scholz (Pfarrgemeinderat), beide Mitglied der Steuerungsgruppe, gesprochen.
Wie weit sind die Menschen in den einzelnen Gemeinden mit der Entwicklung ihrer Visionen oder schon konkreter Handlungskonzepte bisher vorangekommen?
Pia Scholz: Es haben sich bereits einige Projektgruppen gebildet. In diesen Gruppen geht es um inhaltliche Themen, wie Taufpastorales Zentrum in Höntrop oder Sozialpastorales Zentrum in Günnigfeld, aber auch um Immobilien, wie etwa die Bürgerkirche in St. Johannes Leithe oder ein Generationenzentrum in Eppendorf.
Gibt es schon Spruchreiferes?
Alfons Jost: Ja, zusammen mit der Caritas entsteht im Marienhof das Sozialpastorale Zentrum. Über das Pfarrbüro auf der Kirchenburg können Hauptamtliche die Menschen für die Themenfelder ,Junge Menschen’ und ,Ehrenamtliches Engagement’ erreichen. Die Kirche St. Johannes in Leithe soll, nach den Plänen der Projektgruppe, eine Bürgerkirche werden. Und in St. Theresia Eppendorf wird konkret über ein Mehrgenerationen- und Gemeindezentrum nachgedacht.
Bürgerkirche oder Generationenzentrum kosten Geld. Wie steht es um die Finanzierung, wenn der PEP doch deutliche Einsparungen verlangt?
Alfons Jost: Grundsätzlich müssen wirtschaftlich sinnhafte Lösungen gefunden werden. Nicht alle Immobilien sollen unabdingbar verkauft werden. Durch neue Nutzungskonzepte können auch neue Einnahmen erwirtschaftet werden.
Pia Scholz: Bei allem muss pfarreiweit gedacht werden, um am Ende ein stimmiges Konzept zu haben.
Die Projekt- und Visionsgruppen in den einzelnen Gemeinden erstellen Konzepte. Wie viele Personen macht solche eine Gruppe aus? Und wie funktioniert die Absprache mit der Steuerungsgruppe?
Pia Scholz: Bis zu acht aktive Beteiligte zählt jede Gruppe. Austausch und Treffen mit der Steuerungsgruppe finden regelmäßig statt. So sind alle über die jeweiligen Ideen, Planungen und Vorstellungen gut informiert.
Die Phase „Handeln“ läuft. Was soll wann erreicht sein und was kommt danach?
Alfons Jost: Bis 2022 sollen ganz konkrete Handlungsempfehlungen für die Gremien Kirchenvorstand, Pfarrgemeinderat und Pastoralteam -- immer in Absprache mit dem Bistum -- erreicht sein. Sind die Handlungsempfehlungen erstellt, erfolgt die Umsetzung.
Pia Scholz: Natürlich wird in den Gemeinden überlegt, wie auch die Kirche als Gebäude erhalten werden kann; etwa in St. Joseph Heide, in Herz Mariä Günnigfeld und auch in St. Marien Höntrop. Daran haben die Menschen großes Interesse. Kreative Ideen für etwaige Umnutzungen sind gefragt.
Alfons Jost: Wichtig ist aber, dass das Votum besagt, dass unsere Kirchen zumindest bis spätestens 2030 erhalten bleiben. Voraussetzung dabei ist allerdings, dass eine Kirche nicht vorher baufällig wird.
Ideen sind also da, ob Bürgerkirche in Leithe oder Generationenzentrum in St. Theresia. Wäre hier an Verbünde oder Kooperationspartner gedacht?
Alfons Jost: In St. Theresia und in St. Johannes wird neben Generationenzentrum oder Bürgerkirche zudem intensiv über den Erhalt der Kita-Gruppen diskutiert. Hier könnte auch verstärkt über einen Projekt-Verbund mit den jeweiligen ev. Gemeinden nachgedacht werden. In Günnigfeld funktioniert z.B. Ökumene sehr gut, etwa bei der Ausrichtung des Familientisches.
Katholische Gemeinde will weiter überall präsent sein
Sicher ist heute, dass die katholische Gemeinde in Wattenscheid auch zukünftig in jedem Stadtteil präsent sein will und die neuen Akzente inhaltlich und wirtschaftlich unter einen Hut bringen muss. Die Zukunft der Großpfarrei St. Gertrud und damit die der einzelnen Gemeinden samt Kirchen steht im Pfarreientwicklungsprozess (PEP) auf dem Prüfstand.
Standorte für Gottesdienste
Sicher zudem ist, ebenfalls Stand heute, dass es auch nach 2030 zwei Standorte für Gottesdienste in der Hellwegstadt geben wird: St. Gertrud in Mitte und St. Maria Magdalena in Höntrop. Innerhalb der Pfarrei und auch einzelner Gemeinden haben sich Projektgruppen gegründet. So wird in St. Theresia über ein Generationenzentrum nachgedacht. Ein Taufpastorales Zentrum soll aufgrund des begehbaren Taufbeckens in der Kirche in St. Maria Magdalena in Höntrop entstehen. Noch steht allerdings nicht fest, ob die jetzige Kirche erhalten bleibt oder abgerissen wird und damit einem Neubau weicht.
Von Günnigfeld bis Höntrop
Im Marienhof der Herz Mariä-Gemeinde in Günnigfeld entsteht im Zusammenwirken mit der Caritas ein Sozialpastorales Zentrum, bereits besetzt mit einer Mitarbeiterin. In St. Johannes Leithe wird an der Nutzung des Gotteshauses als Bürgerkirche gefeilt. Hier könnten unter einem Dach Gottesdienst, Kultur und Bürgertreff entstehen. Die Jugendgruppe „#ideenreich“ setzt sich für den Umbau der Krypta des Kolumbariums St. Pius ein. Dort sollen Gottesdienste und weitere Veranstaltungen für junge Menschen stattfinden. Die Themenbereiche „Junge Menschen“ und „Freiwilliges Engagement“ seien der Pfarrei besonders wichtig.
Kirchenvorstand Alfons Jost: „Darum kümmern sich bereits Mitarbeiterinnen, die mit ihren Büros im Gemeindehaus auf der Kirchenburg angesiedelt sind. Dadurch wird deutlich, dass den Verantwortlichen insbesondere die Unterstützung der Ehrenamtlichen ein besonderes Anliegen ist.“
Start im Jahr 2016
Im Februar 2016 startete in St. Gertrud der PEP offiziell. Bis 2030 sollen die pastorale und wirtschaftliche Zukunft der sieben Wattenscheider Gemeinden - von Günnigfeld bis Eppendorf - geplant, auf den Weg gebracht und umgesetzt sein.
In St. Maria Magdalena kamen Anfang 2016 rund 150 Christen der Pfarrei zusammen. Es wurden Arbeits-, Koordinierungs - und Steuerungsgruppe gegründet, die in enger Absprache miteinander die Ideen- und Vorstellungen der Gemeindemitglieder gesammelt, zusammengefasst und strukturiert haben. Im November 2017 wurden erste Ergebnisse, aber auch Ziele und wirtschaftliche Notwendigkeiten in der Propsteikirche vorgestellt und diskutiert.
Drei Phasen
Der PEP sieht drei Phasen vor: Sehen, Urteilen, Handeln. Das Sehen und Urteilen sind abgeschlossen. Die Ergebnisse sind dem Ruhrbischof als Votum der Großgemeinde vorgelegt worden, er hat zugestimmt. Heute steckt die Großpfarrei St. Gertrud mitten in der Umsetzungsphase. Visions- und Projektgruppen haben sich innerhalb der Pfarrei gebildet, die bis 2022 konkrete Handlungsempfehlungen in Absprache mit der Steuerungsgruppe vorlegen sollen.
Die Steuerungsgruppe wiederum setzt sich aus Mitgliedern des Kirchenvorstands, des Pfarrgemeinderates, des Pastoralteams, der Projektassistenz und dem Propst zusammen. Im ständigen Austausch werden Perspektiven für die einzelnen Gemeinden besprochen und erarbeitet.