Leithe-Ückendorf. Der Kanalbau am Wattenscheider Bach macht Fortschritte. Die Arbeiten liegen im Zeitplan. Die Emschergenossenschaft investiert 51 Millionen Euro.

Die Kanalbaumaßnahmen der Emschergenossenschaft am Wattenscheider Bach, die im Rahmen des Emscher-Umbaus durchgeführt werden, schreiten voran. Seit einem Jahr laufen in Bochum und Gelsenkirchen die Arbeiten zur Entflechtung des Gewässers.

Dafür wird östlich der Rheinelbe-Halde in Gelsenkirchen bis zur Marienstraße auf Wattenscheider Gebiet ein etwa 2,5 Kilometer langer, unterirdischer Kanal als Gegenstück zum oberflächlich verlaufenden Gewässer gebaut, durch den zukünftig das Abwasser geleitet werden soll. In Teilen soll dieser auch als Stauraumkanal zur Regenwasserbehandlung dienen. Außerdem entsteht östlich der Halde Rheinelbe ein Regenrückhaltebecken mit einem Fassungsvolumen von etwa 58.000 Kubikmetern, das den Hochwasserschutz sicherstellen soll.

Im vergangenen Jahr wurde in Bochum vor allem die Verlegung der Kanalrohre vorbereitet. Dazu gehören die Suche nach Kampfmitteln, die Anlage der Baustraße und der Arbeitsfläche. Auch aktuell laufen in Bochum noch weitere vorbereitende Arbeiten im Bereich am Watermanns Weg. Der Oberlauf des Wattenscheider Baches, der zum größten Teil unterirdisch verläuft, wurde bereits bis 2014 umgebaut und ist seitdem abwasserfrei. Die Emschergenossenschaft hat hier bereits 12,5 Millionen Euro investiert.

Bauarbeiten bis Ende 2021

Auf Gelsenkirchener Stadtgebiet wird momentan am Regenrückhaltebecken gebaut. Mehr als die Hälfte der insgesamt 180.000 Kubikmeter Erde wurde hier bisher bereits ausgehoben. Zudem werden im Bereich der Ückendorfer Straße nun die Baugruben hergestellt. Bis Ende 2021 soll die Baumaßnahme fertiggestellt werden. Im Anschluss daran folgt die ökologische Verbesserung des Gewässers. Insgesamt investiert die Emschergenossenschaft am Wattenscheider Bach etwa 51 Millionen Euro.

 Die Schalen aus Beton bildeten lange Zeit die Sohlen für die Abwasser-Kanäle.
 Die Schalen aus Beton bildeten lange Zeit die Sohlen für die Abwasser-Kanäle. © Archiv | EGLV

Eine Regenwasserbehandlungsanlage dient der Trennung von sauberem Regenwasser und schmutzigem Abwasser. In einem Stauraumkanal oder Regenüberlaufbecken wird bei starken Niederschlägen das Mischwasser zunächst „angehalten“ und beruhigt. Dabei kommt das physikalische Gesetz der Schwerkraft zum Tragen: Die schwereren Schmutzsedimente setzen sich nach unten ab und können gedrosselt durch eine Ableitung in den Abwasserkanal und anschließend zur Kläranlage transportiert werden.

Kanäle werden entlastet

Das oben schwimmende, überwiegend saubere und nicht mehr zu klärende Regenwasser dagegen kann nach Erreichen einer bestimmten Menge und Höhe über eine sogenannte Entlastungsschwelle ins Gewässer schwappen.

Emscher und Lippe

Die Emschergenossenschaft bildet mit dem Lippe-Verband ein öffentlich-rechtliches Wasserwirtschaftsunternehmen, das Aufgaben für das Gemeinwohl mit modernen Managementmethoden nachhaltig erbringt und als Leitidee des eigenen Handelns das Genossenschaftsprinzip lebt. Ursprünglich waren Emscher und Lippe unregulierte Fließgewässer im ländlichen Raum, dann offene Abwasserkanäle in einer dicht besiedelten Industrielandschaft.

Nun sollen sie wieder zu attraktiven Wasserläufen in einem Ballungsraum werden, der den Strukturwandel in Richtung Dienstleistung und Technologie aktiv vorantreibt. Die Gebietsgröße beträgt 865 Quadratkilometer, die Wasserläufe sind 352 Kilometer lang, in beiden Unternehmen arbeiten 1624 Mitarbeiter.

Die Lippe fließt nördlich des Gelsenkirchener Stadtgebietes, in Buer verläuft auch die Wasserscheide in West-Ost-Richtung. Ihr wird das Wasser über Picksmühlenbach und Rapphofsmühlenbach zugeführt. Bei der Emscher werden auch die Nebenläufe Lanferbach, Holzbach, Schwarzbach, Wattenscheider Bach, Sellmannsbach und Hüller Bach zur Ableitung genutzt. Aus den Wattenscheider Stadtteilen fließt das Wasser Richtung Emscher, und nur aus Munscheid zur Ruhr, der Wattenscheider Hellweg bildet die Wasserscheide.

Seit 1992 plant und setzt die Emschergenossenschaft in enger Abstimmung mit den Emscher-Kommunen das Generationenprojekt Emscher-Umbau um, in das über einen Zeitraum von rund 30 Jahren prognostizierte 5,38 Milliarden Euro investiert werden. Zu den Aufgaben zählen Abwasserreinigung, Pflege und Unterhaltung von Gewässern, naturnahe Umgestaltung offener Abwasserkanäle, Schutz vor Hochwasser, Regelung des Wasserabflusses, Bewirtschaftung von Grund- und Regenwasser. Näheres unter www.eglv.de

Mit Hilfe der Regenwasserbehandlungsanlagen erhalten die Gewässer weitestgehend sauberes Wasser, während die Abwasserkanäle und so auch insbesondere die Kläranlagen entlastet werden. Das ist nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch ökonomisch,

Graureiher suchen im Wattenscheider Bach auf dem Rheinelbe-Gelände nach Beute.
Graureiher suchen im Wattenscheider Bach auf dem Rheinelbe-Gelände nach Beute. © WAZ-Archiv | Uli Kolmann

denn die Abwasserkanäle müssen nicht durchgängig übergroß dimensioniert werden, was die Baukosten erheblich senkt. Zudem gehört sauberes Regenwasser ins Gewässer und nicht in die Kläranlage, wo es unnötig und teuer noch einmal gereinigt würde.

Bergbau verhinderte unterirdische Leitungen

Aufgrund des Kohleabbaus konnten Ende des 19. Jahrhunderts keine unterirdischen Abwasserkanäle gebaut werden, da sie durch Bergsenkungen beschädigt worden wären. Also wurde das Schmutzwasser in die Emscher und ihre Nebenarme eingeleitet.

Das Flusssystem war dadurch bald überfordert und setzte immer wieder ganze Stadtteile unter Wasser. Typhus und Cholera breiteten sich durch Fäkalien im Wasser schnell aus. Die Emschergenossenschaft baute ab 1899 das Emscher-System zu einem Netz offener Abwasserläufe mit Betonschalen und Pumpwerken um. 1992 begann der Emscher-Umbau.

Seit der Nordwanderung des Bergbaus Ende der 1980er-Jahre sind keine Bergsenkungen mehr zu befürchten, so dass nun auch unterirdische Abwasserkanäle gebaut werden können.