Wattenscheid. . Die Beratungsstelle in Wattenscheid hat in 20 Jahren über 5000 Klienten geholfen. Die Nachfrage nach Schuldnerberatung ist deutlich gestiegen.
Die Nachfrage steigt. Von Jahr zu Jahr suchen mehr und mehr Menschen, junge wie ältere, die Schuldner- und Insolvenzberatung des SKFM (Sozialdienst Katholischer Frauen und Männer) Wattenscheid auf. Dieser Tage feiert diese Einrichtung, die einzige, die in Wattenscheid eine für die Klienten kostenlose Beratung durchführt, ihr 20-jähriges Bestehen. Und die Beraterinnen der ersten Stunde, Ingrid Meiswinkel-Koch und Susanne Höner-Pentzek, beide Volljuristinnen, schauen auf ihre seit zwei Jahrzehnten bestehende gemeinsame Beratertätigkeit.
Die Zahlen sprechen für sich: In 20 Jahren hat die Beratungsstelle 3627 Klienten in Dauerberatung aufgenommen und 1619 in ein Insolvenzverfahren gebracht. Die Gesamtverschuldungssumme der Rat und Hilfe Suchenden beläuft sich auf rund 3,27 Millionen Euro. Ingrid Meiswinkel-Koch: „Die Durchschnittsverschuldung liegt bei rund 32.000 Euro pro Klient. Wir hatten aber auch schon einen Ratsuchenden, der allein mit 1,2 Millionen Euro verschuldet war.“
Neue Insolvenzordnung machte Privatinsolvenz möglich
Die am 1. Januar 1999 in Kraft getretene neue Insolvenzordnung, die eine Privatinsolvenz möglich gemacht hat, war der Grund für den SKFM, die Beratungsstelle einzurichten. Susanne Höner-Pentzek: „Zunächst wussten die Leute gar nicht, dass es die Privatinsolvenz gibt. Und auch für Juristen war es eher ein unbelegtes Rechtsgebiet. So haben wir uns anfangs mit Weiterbildungen in die Thematik eingearbeitet.“
Doch schon im ersten Jahr zählte die Schuldner- und Insolvenzberatung 66 Klienten. Zum Vergleich: In 2018 hat die Beratungsstelle 182 Klienten aufgenommen und beraten, 102 Insolvenzanträge gestellt mit 1711 Forderungen von Gläubigern. Bei weiteren 80 haben die Juristinnen im vergangenen Jahr eine reine Schuldnerberatung durchgeführt, Vergleiche schließen können, etwa mit Banken, Versandhäusern oder Telefongesellschaften.
Kontakt und Adresse der SKFM-Beratungsstelle
Die Schuldner- und Insolvenzberatung sitzt im SKFM-Haus, Westenfelder Straße 58 (1. Etage). Sie ist werktags von 8 bis 13.30 Uhr erreichbar unter Telefon 02327/91 92 07.
Das 20-jährige Bestehen der Beratungsstelle wurde intern im SKFM-Haus gefeiert. Freunde und Mitstreiter waren dazu eingeladen.
Absprache mit Gläubigern
Meiswinkel-Koch: „Unsere Beratungskapazitäten sind längst nicht mehr ausreichend, um allen Anfragen zeitnah nachzukommen.“ Denn die Beratung beinhaltet nicht nur das Gespräch mit dem Klienten, sondern auch die Absprachen mit den Gläubigern, die auf ihr Geld warten. Terminvereinbarungen sind notwendig. Innerhalb von zwei bis vier Wochen versuchen die Expertinnen, ein erstes Gespräch anzubieten.
Besonders viele Nachfragen verzeichnet die Beratungsstelle im Winter. Meiswinkel-Koch: „Die Leute erkennen vor Weihnachten, dass sie kein Geld haben, um es auszugeben. Nach Weihnachten stellen sie fest, dass sie zuviel ausgegeben haben.“
Alle sozialen Schichten sind von Schulden betroffen
Von Schulden betroffen sind fast alle sozialen Schichten, wissen die Expertinnen aus Erfahrung. Schulden können durch Scheidung, lange Krankheit, den Tod des Lebenspartners, Arbeitslosigkeit oder die Pleite eines eigenen Geschäfts entstehen. „Aber heutzutage auch mehr und mehr durch unbedachten, unkontrollierten Umgang mit dem eigenen Budget.“ Höner-Pentzek: „Hier haben sich im Laufe der Jahre die Werte und Maßstäbe verschoben. Ältere Menschen, die zu uns kommen, haben oft ein Schamgefühl. Sie können plötzlich ihr Darlehen nicht mehr bedienen, Altschulden nicht begleichen. Junge Leute konsumieren eher naiv und geraten, etwa durch mehrere Handyverträge gleichzeitig, in die Schuldenfalle.“ Meiswinkel-Koch ergänzt: „Wir hören dann oft, dass sie gar nicht darüber nachgedacht haben.“
Die Beraterinnen meinen nicht, das sich Wattenscheid in Sachen Verschuldung großartig negativ von anderen Städten abhebt. Bei regelmäßigen Treffen auf Bistumsebene in Essen „hören wir ähnliche Situationen auch aus anderen Revierstädten“.