Oer-Erkenschwick. .

Ein junger Mann hat sich als Bogestra-Mitarbeiter ausgegeben und mit ahnungslosen Opfern gefälschte Arbeitsverträge abgeschlossen. Familie Augustyniak ist dem Betrüger auf den Leim gegangen. Nun sind die Oer-Erkenschwicker in finanziellen Nöten.

Manchmal schreibt das Leben selbst die wirklich wüsten Geschichten. Diese hier erzählt von Lug und Betrug, vom grausamen Spiel mit der Hoffnung und vielleicht ein klein wenig davon, was dem geschieht, der nicht hinter jedem Busch Verrat wittert. An diesem verregneten Morgen sitzen Christian und Christina Augustyniak in ihrem liebevoll eingerichteten Wohnzimmer und wissen nicht mehr ein noch aus. Seit Tagen schon geht das so, und noch immer scheint keine Lösung in Sicht. Der Kühlschrank leer, Strom und Telefon nicht bezahlt, es fehlt an allen Ecken und Enden. „Wir sind in einem ganz tiefen Loch und wissen einfach nicht, wie wir da raus kommen sollen“, gesteht die Mutter dreier Kinder verzweifelt.

Besagtes Loch freilich hat ein anderer für sie gegraben. Etwa einen Monat ist es her, da trat über Bekannte ein junger Mann an den arbeitslosen Familienvater heran. Er gab sich als Mitarbeiter der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG (Bogestra) aus und erklärte, sein Arbeitgeber suche Mitarbeiter im Bereich Kundenbetreuung. „Wir haben uns so sehr gefreut und ein bisschen zu träumen angefangen“, erinnert sich Christina Augustyniak. „Endlich wieder Arbeit, vielleicht irgendwann mal ein Urlaub, oder wenigstens ein Ausflug mit den Kindern...“

Der Vertrag samt Bogestra-Logo wirkte echt, der vermeidliche Wohltäter zeigte seinen Dienstausweis, händigte Arbeitskleidung aus, besaß sogar Schlüssel zu den Mitarbeiter-Toiletten. Drei Tage lang begleiteten Augustyniak und zwei weitere Geschädigte den Mann bei seiner angeblichen Arbeitsroutine, zählten Fahrgäste und kontrollierten Fahrausweise. „Es wirkte alles so echt“, erzählt Christian Jany, der ebenfalls auf den Betrüger hereingefallen ist.

Täter wollte wohl seiner Freundin imponieren

Doch dann wurden die Frischangestellten plötzlich angewiesen, erst mal zu Hause zu bleiben und abzuwarten, angeblich aufgrund der laufenden Tarifverhandlungen. „Das kam uns komisch vor. Wir haben dann bei der Bogestra angerufen“, erzählt Christina Augustyniak. Was folgte, zerschlug die junge Hoffnung: „Die hatten keine Ahnung wer wir sind.“

Der Täter, ein ehemaliger Azubi der Bogestra, war längst gekündigt worden, Verträge und Unterschriften ebenso wie die Bescheinigung für die ARGE gefälscht. „Deshalb bekommen wir für diesen Monat weder Gehalt noch Hartz IV. Während der ganzen Zeit waren wir nicht mal krankenversichert“, erzählt die 28-Jährige und starrt mit Tränen in den Augen auf einen Berg von Rechnungen. 2000 Euro Schaden. „Wir haben keine Rücklagen, niemanden, der uns unter die Arme greifen kann. Ostern steht vor der Tür und wir können uns nicht mal eine Kleinigkeit für die Kinder leisten. Wir brauchen dringend Hilfe, aber woher?“

Bogestra sieht keine Mitschuld

Die Bogestra ist rein rechtlich nicht zu belangen, denn der Betrüger war nachweislich nicht mehr beim Unternehmen beschäftigt. Wieso er trotzdem über Schlüssel, Dienstausweis und Arbeitskleidung verfügte, und wie er an die Verträge mit dem Firmenlogo gekommen ist, bleibt ungeklärt. Möglich, dass er sich die Sachen auf unlauterem Wege beschafft hat. Pressesprecherin Sandra Bruns erklärte, der Bogestra tue leid was passiert ist, eine Mitschuld träfe das Unternehmen jedoch nicht. Eine Entschädigung könne deshalb nicht gezahlt werden.

Über die Beweggründe des Täters lässt sich derweilen nur spektulieren, einen finanziellen Vorteil hat er aus dem Betrug nicht gezogen. Möglich, dass er seiner Freundin imponieren wollte. Diese ist die Tochter der Lebensgefährtin eines der Geschädigten. Die drei Opfer haben, ebenso wie die Bogestra Strafanzeige gestellt.