Wuppertal. .
Die Interessengemeinschaft Betrugsopferhilfe unterstützt Menschen, die nach einem womöglich erlittenen Unrecht vor existenziellen Problemen stehen.
Als ob man in einem Schlauchboot auf Kollisionskurs zu einem Flugzeugträger geht. Dieses mulmige Gefühl beschleicht zuweilen Joachim Roeßler, Udo Schneider und Siegfried Gritschneider in ihrem Ehrenamt. Es handelt sich um ein unbequemes. Die drei engagieren sich für die „Interessengemeinschaft Betrugsopferhilfe”.
Hilfe für Opfer ist bislang vor allem durch den Weißen Ring bekannt, der sich um Menschen kümmert, die unter den körperlichen und psychischen Folgen von Gewaltverbrechen leiden. „Betrugsopfer haben dagegen keine Lobby, obwohl die Folgen der Tat existenziell sein können”, erläutern die Mitglieder ihre Motivation. Teilweise kennen sie die Situation aus eigener Erfahrung. Sie wissen, wie sich die Ohnmacht anfühlt, nichts tun zu können; haben viele Nächte durchwacht; haben erlebt, wie die ganze Familie leidet – und die eigene Gesundheit. Selbstmordgedanken nicht ausgeschlossen.
Roeßler: „Für die Opfer wird teilweise eine Spirale nach unten in Gang gesetzt, während die Täter noch als clevere Kerlchen dargestellt und wahrgenommen werden.”
Warum sich Roeßler, Schneider und Gritschneider manchmal wie die Besatzung des Schlauchboots fühlen, offenbart die Art der Hilfestellung, die die Initiative geben kann. „Wir bieten keine Rechtsberatung an”, betont Schneider. Man begleite die Hilfesuchenden – die häufig erst kommen, wenn sie keinen Ausweg mehr wissen – zu Gerichtsverhandlungen, um den Opfern zu signalisieren, dass sie nicht alleine sind. So begleiteten sie vor einigen Wochen Karl Wilhelm Domrath, der seit Jahrzehnten versucht, Recht zu bekommen, zum Düsseldorfer Verwaltungsgericht. (die WAZ berichtete) „Wir wollen Mut machen”, so die Mitglieder.
Darüber hinaus schreiben sie an Behörden und Ministerien, um auf besondere Fälle aufmerksam zu machen, gerade, wenn es ums nackte Überleben geht. „Es kann auch sein, dass wir von weiteren juristischen Schritten abraten, wenn wir gar keine Aussicht auf Erfolg sehen”, so Schneider.
Die Aussicht auf Erfolg sehen die ehrenamtlichen Helfer eher selten. Die Ursache dafür liegt ihrer Meinung nach teilweise in einem sehr sensiblen Bereich: dem juristischen System. „Unserer Beobachtung nach gibt es in der Justiz eine verschwindend geringe Zahl an belegten Fällen von Fehlverhalten im Beruf. Dies hängt nach unserer Einschätzung damit zusammen, dass fehlerhafte Entscheidungen bis in die oberen Instanzen hinein vertuscht werden. Die Rechtssicherheit lässt unserer Meinung nach leider zu wünschen übrig”, sagen die Helfer in aller Deutlichkeit. „Wenn man erkennt, dass ein Fehler geschehen ist, muss man ihn korrigieren, doch damit hat die Justiz gehörige Probleme”, sagt Joachim Roeßler. Er will das keinesfalls als Pauschalschelte des Systems verstanden wissen, es gebe genügend Richter, die sich weit über ihr Pflichtpensum hinaus engagierten. Doch das Beharrungsvermögen sei beträchtlich.
Das spiegele sich in der Tatsache, dass ein Bürger, der auf sein Recht beharre, in Einzelfällen „psychiatrisiert” werde. „Vor wenigen Wochen konnten wir eine Entmündigung verhindern, nachdem wir uns massiv mit den psychiatrischen Gutachtern angelegt hatten”, erzählt Schneider.
Die Initiative würde mit ihrer Arbeit gerne eine Bewusstseinsänderung erreichen. Zwar laute ein juristischer Grundsatz, dass Richter unabhängig seien, doch ein weiterer laute, dass sie dem Gesetz unterworfen seien. Um diese Verpflichtung überprüfen zu können, schwebt der Initiative die Schaffung einer Volksanwaltschaft vor, die – ausgestattet mit umfassenden Kompetenzen – möglichem Amtsmissbrauch auf den Grund gehen kann. Sonst bliebe es dabei, dass ein Schlauchboot einem Flugzeugträger entgegen schaukelt.