Velbert. Der Bochumer Jürgen Wenke hat den Leidensweg des homosexuellen NS-Opfers Julius Schmidt aus Velbert rekonstruiert. Demnächst will er eine Gedenktafel mit Schmidts Daten in Buchenwald anbringen, bereits im März wurde in Velbert ein “Stolperstein“ zum Gedenken verlegt.

In Velbert hat er gelebt und gearbeitet, war Krankenpflegeschüler am hiesigen Krankenhaus zu einer Zeit, als gleichgeschlechtliche Neigungen noch kriminalisiert wurden. 1938 wurde Julius Schmidt, gerade mal 30 Jahre alt, in einer Wohnung in der früheren Knickmeyerstraße 11, der heutigen Günter-Weisenborn-Straße, verhaftet. Zwei Jahre später erhielt sein Vater in Wuppertal die amtliche Mitteilung, der Sohn sei im KZ Buchenwald an „akuter Herzschwäche“ gestorben.

Ein Fall von unüberschaubar vielen, denn im Dritten Reich wurden nicht nur rassisch und politisch Verfolgte sowie kranke Menschen umgebracht, auch Homosexuelle wurden verhaftet und gestützt auf den 1935 von den Nazis verschärften Paragrafen 175 verurteilt. Allein 600 registrierte schwule Todesopfer gab es allein im KZ Buchenwald; Menschen, die die Torturen, Quälereien und schwerste körperliche Arbeit zumeist im Steinbruch nicht überlebten.

Der Mord an dem Julius Schmidt wäre wahrscheinlich in Vergessenheit geraten, wenn nicht der Bochumer Jürgen Wenke bei seinen Recherchen auf den Velberter gestoßen wäre. Wenke, 55 Jahre alt, ist ehrenamtlicher Mitarbeiter des Vereins Schwuler und Lesben „Rosa Strippe“ in Bochum. Im vergangenen Jahr machte er sich nach Buchenwald auf, um die Spur von Schmidt und anderen homosexuellen Nazi-Opfern aufzunehmen. „Ich wusste lediglich, dass es Julius Schmidt gibt, aber mehr auch nicht“, erzählt Wenke. Die Mitarbeiter bei der Gedenkstätten-Verwaltung hatten offene Ohren für Jürgen Wenke und begrüßten es, dass da jemand die Lebens- und Leidensgeschichte eines Häftlings rekonstruieren wollte.

Zuchthaus und Ehrverlust

Wenke fand heraus: Der 1908 in Elberfeld als Sohn eines Hausierers und eines Küchenmädchens geborene Schmidt wird in den Akten als 1,62 Meter großer Mann beschrieben – ovales Gesicht, braune Augen, braune Haare, niedrige Stirn, breites Kinn, lückenhafte Zähne, große Ohren. „Von ihm persönlich existiert nur noch eine Unterschrift mit Geburtsdatum, die er auf einem Schriftstück hinterließ, mit dem er im KZ Buchenwald registriert wurde“, sagt Wenke.

Als Homosexueller war er im April 1938 mit der NS-Justiz in Konflikt geraten; er wurde zunächst in Vorbeugehaft genommen, dann im August vom Landgericht Wuppertal verurteilt – zu zwei Jahren Zuchthaus und fünf Jahren Ehrverlust. „Die Hoffnung auf Freiheit nach der Haft zerschlug sich, als Schmidt 1940 von der Polizei in Schutzhaft genommen wurde“ so Wenke. Über das KZ Sachsenhausen deportierte man den Velberter Krankenpflegeschüler als „Berufsverbrecher“ nach Buchenwald.

Jetzt wird Schmidt endlich Erinnerung zuteil: Jürgen Wenke will demnächst eine Gedenktafel auch mit Schmidts Daten in Buchenwald anbringen, im März hat der Künstler Gunter Demnig in der Günter-Weisenborn-Straße einen „Stolperstein“ für Schmidt verlegt.