Velbert-Neviges. .
Mit einer großen Gegendemo haben am Samstag mehrere Hundert Menschen in Velbert-Neviges auf eine Kundgebung der NPD reagiert. Die Polizei hatte die Innenstadt mit Straßensperren abgeriegelt und Ausschreitungen durch Autonome verhindert.
Es sollte ein rechter Aufmarsch gegen kriminelle Ausländer in Deutschland sein – es wurde ein buntes Volksfest gegen Intoleranz, Rassenhass und Ausländerfeindlichkeit, eine Demonstration gegen rechtes Gedankengut, gegen alte und junge Nazis: „Hand in Hand gegen Rassismus – Velbert ist bunt und nicht braun“ war am Samstag eindeutig die dominierende Veranstaltung in Neviges. Bunt, farbenfroh und mit einfallsreich gestalteten Transparenten nutzten etliche hundert Velberter aus allen Stadtteilen die Gelegenheit, ein eindeutiges Bekenntnis gegen Rechts abzulegen.
NPD Aufmarsch und Gegen-Demo
Innenstadt vom Verkehr abgeriegelt
Dass es dabei nicht zu Zusammenstößen mit den etwas mehr als 100 Rechtsradikalen kam, die sich gegen 12 Uhr vor dem S-Bahnhof Neviges-Mitte einfanden, war vor allem einem massiven Polizeiaufgebot zu verdanken. Straßensperren waren bereits an den Einfallstraßen errichtet worden, um den Ortskern mehr oder weniger hermetisch für den Fahrzeugverkehr abzuriegeln. Anwohner durften zwar passieren – anderen Verkehrsteilnehmern aber wurde die Zufahrt verwehrt. Ein Konzept, das auch im Ortskern konsequent umgesetzt wurde, vor allem auch, um rechte Demonstranten und mehrere Dutzend von außen angereiste Demonstranten der autonomen Szene voneinander zu trennen.
Absperrgitter, zu Wagenburgen aufgefahrene Einsatzfahrzeuge, Polizisten zu Pferd, Diensthundeführer und etlichen Kräften aus Velberter Polizei, Einsatzhundertschaften der Bereitschaftspolizei Wuppertal sowie Kräften der Bundespolizei – Neviges im Belagerungszustand. Wie viele Beamte tatsächlich im Einsatz waren, einschließlich der Hubschrauberbesatzung, die stundenlang über Neviges kreiste, blieb ein Dienstgeheimnis. „Wir haben ausreichend Kräfte im Einsatz“, war alles, was Polizeisprecher Frank Sobotta sich entlocken ließ. Und: Man sei auch in der Lage, mit noch mehr Kräften zu reagieren, falls das erforderlich werden sollte.
Gegendemo ohne Gewalt
Wurde es allerdings nicht. Offenbar auch, weil man auf der Gegenseite der rechten Demo, beim Velberter Bündnis „Hand in Hand gegen Rassismus“ zwar ein deutliches Zeichen gegen die rechtsextreme Demo setzen, es aber auf keine gewalttätige Konfrontation mit den Rechten ankommen lassen wollte. Nach einem ökumenischen Gottesdienst in der Ev. Kirche formierte sich die Schar der Gegendemonstranten vor der Sparkasse, um sich gegen 11 Uhr in Richtung Navigisia Brunnen in Bewegung zu setzen. Dort hatte die IG Metall schon alles für eine Kundgebung vorbereitet.
Mit Musik des Velberter Straßenmusikers Errol O. Johnson und des Hattinger Liedermachers Peter Jörn Rüddenklau bestens eingestimmt, hörte die Versammlung anschließend vier eindeutige Bekenntnisse gegen all jene „Werte“, für die nicht einmal 100 Meter entfernt kaum mehr als 100 aus allen Teilen des Landes angereiste Rechtsradikale eintraten. „Wir lassen es nicht zu, dass die unsere Stadt und die Menschen hier instrumentalisieren“, erklärte Jan Lichtwitz, Sprecher des Bündnisses „Hand in Hand gegen Rassismus“. Und Andreas Meyer Lauber, Landesvorsitzender des DGB, sprach die rechten Demonstranten in seiner Rede „An die Irregeleiteten“ direkt an: „Wir lassen uns von euch nicht auseinanderdividieren in Volksgemeinschaft und Feinde – denn das ist sehr schlicht, das ist sehr dumm und das ist sehr falsch.“
Erste Rechtsradikalen-Kundgebung seit 25 Jahren in Velbert
Bürgermeister Stefan Freitag, der ebenfalls als Festredner aufs Podium kletterte, erinnerte daran, dass dies die erste rechtsradikale Kundgebung in Velbert seit 25 Jahren sei – seit dem NPD-Parteitag am 20. Januar 1985 im Langenberger Bürgerhaus. „Und damals wie heute setzten viele Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Gegendemonstration ein Zeichen“, rief der Bürgermeister, um unter anhaltendem Applaus das Fazit zu ziehen: „Wir werden es nicht dulden, wenn ausländerfeindliche, rassistische und demokratiefeindliche Hetze in unserer Stadt betrieben wird.“
Die, denen diese Worte wohl am ehesten galten, hörten sie nicht. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der rechte Tross der „Aktionsgruppe Rheinland“, angeführt vom bundesweit bekannten Neonazi Axel Reitz, bereits auf den viereinhalb Kilometer weiten Demonstrationszug zum S-Bahnhof Rosenhügel gemacht. Nach einer Abschlusskundgebung am S-Bahn-Halt verschwand der braune Spuk dann gegen 14 Uhr mit der S-Bahn in Richtung Wuppertal.
„Keine besonderen Vorkommnisse, keine Festnahme, keine Ingewahrsamnahme – unser Konzept ist voll aufgegangen“, erklärte Polizeisprecher Frank Sobotta um 14.47 Uhr – just in jenem Moment, in dem auch der Polizeihubschrauber über Neviges abdrehte.